Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)
Schloss nach seinen Plänen. Der Land- und Jagdsitz war das in Stein gemauerte Zeugnis seiner Macht.
Immer wieder vertrat Rantzau nun bei Gesandtschaften und Staatsgeschäften den dänischen König Friedrich III ., für Herzog Friedrich war er Ratgeber und Vertrauter an der Seite des Kanzlers. Von den alten Vorbehalten zwischen Herzog und Ritterschaft war nichts mehr zu spüren. Wie ein Hirsch, der von einem Revier ins andere wechselte, pendelte Rantzau zwischen Herzog und König, zwischen gottorfischen und dänischen Interessen hin und her.
Dat se bliven ewich tosamende ungedelt. Das Motto der Herzogtümer, der Schlachtruf seiner Jugend, schien sich nun in seiner Person zu vollenden. Er war ein Gigant – doch in seinem Innersten blieb er zerrissen. Denn Rantzau wusste, der Panzer seines Ruhms war zerbrechlich. Und der samtene Überwurf des Erfolges bedeckte nur mühsam die dunkle Vergangenheit – die Schuld und ihren Schatten, die Angst. Es war allein sein Ruf, die Vollmondbande aus den Herzogtümern vertrieben zu haben, der ihn trug. Sein Halt war die Macht, die Herzog und König ihm verliehen hatten.
Immer wieder erschien ihm sein Erfolg wie ein Tänzeln am Abgrund und bisweilen wünschte er sich, die Zeit zurückdrehen zu können. Zurück zu dem Moment, wo alles hätte anders laufen können. Zurück auf die Heide und zu der ersten Begegnung mit Oss.
Bedenke, dass du schuldig bist. Denn die Albträume waren geblieben, das Bild des riesenhaften Oss, der sich an ihm rächte. Der sein Herz an sich riss. Der ihn quälte und folterte, bis sein Herz aufhörte zu schlagen.
Wenn er nur den Sporn gefunden hätte! Auf dem Weg nach Schloss Gottorf drehten Rantzaus Gedanken sich wieder um die alte, ewig gleiche Geschichte. Der goldene Schmuck trug das Zeichen seiner Schuld für alle Zeiten, das Rantzau-Wappen darauf verginge nicht, selbst wenn der Sporn über Jahrhunderte in der Erde begraben läge.
Rantzau schüttelte den Kopf, mühsam versuchte er, die Erinnerungen hinter sich zu lassen. Herzog Friedrich erwartete ihn, sie planten gemeinsam nach Stockholm weiterzureisen, um der Königshochzeit beizuwohnen. Er musste seine Gedanken nach vorne richten, seine Miene glätten. Was sollte er von der neuen, starken Verbindung nach Schweden halten?
Rantzau wollte mit Kielmann darüber sprechen, noch immer sah er den Kanzler als seinen Verbündeten am Gottorfer Hof an. Er hatte nicht vergessen, wie Kielmann ihm einst seine Hand gereicht hatte. Zwar hatte der Kanzler nun die gottorfischen Verbindungen nach Stockholm vorangetrieben, dennoch waren alle Parteien an einem möglichst ausgewogenen Gleichgewicht der Kräfte interessiert. Auch nach Kopenhagen hin durften die Verbindungen nicht abbrechen. Ihr Schicksal war miteinander verknüpft.
So sah es Kielmann, und so sah es auch der dänische König Friedrich III . Als dessen Gesandter sollte Rantzau an der Hochzeit in Stockholm teilnehmen, um die alte Bindung zum Geschlecht der Gottorfer nicht gänzlich abreißen zu lassen.
Als Ritter Rantzau Schleswig erreicht hatte, fiel ihm auf, wie lange er nicht mehr auf Schloss Gottorf gewesen war. Das umliegende Land, die Gärten – alles hatte sich verändert. Ein Lusthaus erhob sich nun aus den Terrassen und überstrahlte den Herkulesbrunnen. Die geschwungene Kuppel, eine Verneigung vor den Baukünsten des Orients, fing die Sonnenstrahlen eines milden Herbsttages ein. Der Garten schien mit einem Versprechen zu locken, und Rantzau konnte es plötzlich kaum noch erwarten, über den Damm zu spazieren, um das Geheimnis des Neuen Werks zu erkunden.
Doch zunächst erwartete Herzog Friedrich den Gast in seinem Kabinett. Friedrich III . war älter geworden, das Haar nun vollends ergraut, die Augen wach, aber unter geschwollenen Lidern wie vergraben. Schwerer Wein und üppige Gelage hatten den herzoglichen Körper über die Jahre aufgeschwemmt, die Gicht hielt ihn in ihrer bösartigen Umklammerung.
Nach einer kräftigen Stärkung und einem kurzen Austausch über die neuesten Nachrichten vom dänischen Hof und die gemeinsamen Reisepläne, bot der Herzog Rantzau an, ihn zum neuen Globushaus zu führen.
Der Spaziergang über den Damm war angenehm. Rantzau sog die frische Luft ein, die vom Salz der Schlei geschwängert war. Möwen wirbelten über dem Wasser und stießen heisere Schreie aus.
»Wie ich hörte, habt Ihr die Rantzauschen Gärten ebenfalls zu neuer Blüte erweckt?«
Während die Hundemeute kläffend um den Herzog sprang,
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