Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)
Farbige Sternenbilder markierten die Position der Fixsterne. »Wir werden die Himmelsbewegungen abbilden können, so wie sie sich von der Erde aus darstellen. So wie sie der Betrachter von der Erde aus wirklich sieht.«
Herausfordernd sah er Rantzau an.
Der Herzog fuhr fort. Seine Worte überschlugen sich, als wollte er seinen Hofgelehrten übertrumpfen.
»Ein Abbild der Natur und ein zweiter Kosmos, verehrter Rantzau. Die Position der Sterne ist übrigens auf das Jahr 1700 gelegt. Wir reisen gewissermaßen in die Zukunft …«
»Und der Gottorfer Globus hat erst um 1750 eine erste Korrektur nötig«, fiel Olearius wieder ein. »Ihr wisst sicherlich, dass alle Sternenkarten und Sternengloben von Zeit zu Zeit an die stetige Verschiebung des Frühlingspunktes auf der Sonnenbahn angepasst werden müssen.«
Rantzau nickte verwirrt, er konnte sich nicht von der Sternenkarte lösen. Etwas darin berührte sein Innerstes. Plötzlich dachte er, dass sein Schicksal in den Sternenbildern einbeschrieben war.
»Und dann … Ihr müsst ihm das Gegenstück präsentieren.« Der Herzog nickte seinem Gelehrten zu. »Die Sphaera Copernicana …«
Bevor Olearius die Sternenkarte wieder an sich nehmen konnte, zog Rantzau das Blatt zu sich. Er rollte sie auf und klemmte sie sich unter den Arm.
Olearius zögerte einen Moment, doch er sagte nichts. Schweigend zog er die nächste Zeichnung hervor.
»Die Sphaera Copernicana also …«, er räusperte sich. »Wir haben gerade erst damit begonnen, sie ist, wie soll ich sagen, das gedankliche und mechanische Gegenstück zum großen Globus. Sie ist als Ergänzung und Erweiterung des Globuskonzeptes gedacht, ein Modell, das die wirklichen, für uns jedoch nicht sichtbaren Verhältnisse im Universum nach Kopernikus zeigt.«
»Das setzt voraus, dass nicht allein der Erdumlauf korrekt dargestellt wird, sondern auch die Umläufe aller anderen Planeten«, fiel der Herzog ungeduldig ein. Offensichtlich schritt ihm sein Gelehrter zu langsam voran. »An dieser Weltmaschine wird noch mehr Kunst als am großen Globus zu sehen sein, wenn auch in weit kleinerem Maßstab. Olearius plant ein kompliziertes Räderwerk. Von einem einzigen Uhrwerk angetrieben wird es mehr als zwanzig verschiedene Funktionen und Anzeigen gleichzeitig steuern. Mir ist keine vergleichbare Maschine bekannt.«
Rantzau schüttelte den Kopf, er schien nicht zu verstehen.
»Der Riesenglobus zeigt das scheinbare Himmelsgeschehen.« Olearius hatte seine Verwirrung bemerkt, noch einmal wies er auf das Globusgerippe. »Das kleinere Modell, die Sphaera Copernicana , wird uns die tatsächlichen Himmelsabläufe vor Augen führen. So wie Brahe und Kopernikus sie berechnet haben.« Er drehte sich um und wies auf die Bilder der beiden Astronomen, die wie Zeugen aus einer fernen Zeit auf den Türen des Globussaals prangten. »Im Zentrum der Sphaera wird die Sonne durch eine Messingkugel verkörpert. Um sie herum führen Messingringe, welche die Bahnen von Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter und Saturn darstellen. Die Planeten selbst sind durch kleine Silberfiguren nachgebildet. Sie bewegen sich in den gleichen Zeiträumen um die Sonne wie die richtigen Planeten.«
»Merkur als innerster Planet benötigt achtundachtzig Tage«, fiel der Herzog wieder ein. »Der Saturn ganz außen fast dreißig Jahre.«
»Die Erdbahn trägt Erde und Mond als zwei Kugeln. Die Erde vollführt ihre tägliche Umdrehung, der Mond kreist in knapp achtundzwanzig Tagen um die Erde und zeigt dabei seine Phasen. Die äußere Umfassung …« Olearius brach ab, er sah, dass Rantzau nicht mehr folgen konnte. »Wollt Ihr noch mehr hören, Herr?«
Rantzau schüttelte den Kopf, für einen Moment dachte er, dass der Hofgelehrte ihn mit einem mitleidigen Blick bedachte. Ein Grummeln, das Überbleibsel seines alten Zorns, rührte sich in seinen Eingeweiden.
»Die Zeichnungen …«, er räusperte sich, denn sein Mund war wie ausgedörrt. »Die Sternenkarte, die Sternbilder, wer hat sie gezeichnet? Sie sind … Die Motive sind wirklich ausgezeichnet.«
»Nicht wahr?« Olearius nickte, er schien nun ebenfalls erfreut, das Thema wechseln zu können. Mit einem kurzen Seitenblick auf den Herzog versicherte er sich, dass er fortfahren durfte. »Eine junge Frau, sie arbeitet schon seit einigen Jahren für mich. Sie lebt mit dem Globusmeister zusammen.«
Eine junge Frau … Rantzau spürte, dass sich sein Schicksal nun vollenden könnte. Er packte den Gelehrten grob am Arm.
»Ihr
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