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Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
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Handwerk einen eigenen Bereich zugewiesen hatte. Von seinem Palast aus hatte der Herrscher sowohl die Moscheen als auch den Basar überblicken können. Isfahan hatte sich nicht nur zur herrlichsten, sondern auch zur reichsten Stadt des Morgenlandes entwickelt.
    Abbas I. großer Plan war gelungen. Die von ihm nach Isfahan umgesiedelten armenischen Händler hatten ein ausgedehntes Netz von Handelsverbindungen zwischen Morgenland und Abendland geknüpft, und bald spielte Isfahan eine wichtige Rolle im Seiden- und Gewürzhandel. Die bedeutenden Handelswege zwischen China, Indien und Europa kreuzten die Stadt, das Geld floss in Strömen durch den Basar und in die Kassen des Schahs. Türkisfarbene Kuppeln und kostbar schimmernde Kacheln schmückten die Moscheen und Medresen, reiche Gärten, vornehme Paläste und großzügige Wohnhäuser beherrschten das Bild der blühenden Stadt. Besuchern, die nach langer Reise in Karawanen nach Isfahan kamen, erschien die Stadt in der Wüste wie ein Garten Eden. Isfahan schimmerte wie ein Spiegel des Himmels. Es war, so schwärmten Reisende, die Perle der Welt.
    Als Schah Abbas I. anno 1629 starb, erstreckte sich sein Reich zwischen Indus und Tigris. Zu seinem Nachfolger war sein Enkel Safi I. ernannt worden, denn seinen Sohn hatte der jähzornige Herrscher einst töten lassen.
    »Erzähl mir etwas von Isfahan!« Sophian stieß ihn an, es war, als ob er seine Gedanken lesen könnte.
    »Was hat dein Vater in Isfahan getan?«
    »Mein Vater war einer der Schreiber des Schahs …«
    »Und wie seid ihr mit den Gesandten des Herzogs zusammengetroffen?«
    Farid dachte nach, sein Blick streifte die Wipfel der Bäume. Die erste Begegnung lag lange zurück. Fast schien es ihm, als hätte sie in einem anderen Leben stattgefunden. Doch dann waren die Bilder wieder da. Er war elf Jahre alt gewesen, als er die Männer aus dem Abendland zum ersten Mal gesehen hatte. »Die Gesandtschaft des Herzogs zog am Morgen des 3. August 1637 in Isfahan ein«, begann er zu erzählen. Sein Spaten grub sich tief in die Erde, ein Geruch von Feuchtigkeit und Moos stieg ihm in die Nase. Wenn er von Isfahan sprach, ging ihm die Arbeit noch leichter von der Hand. »Man erzählte sich, dass die Männer über Moskau, Astrachan, Niasabath, Schamachie, Ardabil, Kaswin, Kom und Kaschan zur Residenz Schah Safis gereist waren. Sie waren als Gesandte dreier europäischer Könige angekündigt worden und hatten einen langen und beschwerlichen Weg auf sich genommen.
    Der Schah war geschmeichelt, dass die Gesandtschaft vom Ende der Welt zu ihm gereist war, deshalb hatte er ihnen Reiter zum Empfang entgegen geschickt. Mein Vater war einer dieser Männer, er sollte später darüber schreiben und von dem Ereignis berichten. Und er hatte mich mitgenommen, weil ich ihm helfen sollte, sich an alles genau zu erinnern. Ich war sein zweites Augenpaar und ich hielt auch meine Ohren offen.«
    »Die Männer des Herzogs müssen entsetzlich müde gewesen sein …«
    Farid nickte. Wenn er an die eigene Reise zurückdachte, die ihn von Isfahan nach Gottorf geführt hatte, konnte er kaum glauben, dass er alle Strapazen unbeschadet überstanden hatte, während andere, kräftigere Burschen das Ziel nicht erreicht hatten. »Mehr als einhundert erschöpfte Männer marschierten in die Stadt ein. Neben den Gesandten des Herzogs zählten auch Junker, Diener, Musikanten, Uhrmacher, Schiffer und Segelmacher sowie dreißig russische Soldaten zum Gefolge der Deutschen. Der Schah hatte seinen Gästen Quartier bei den reichsten armenischen Kaufleuten im Christenviertel zugewiesen. Nach dem Zug durch die Stadt ließ er ihnen eingemachte Melonen, Zitronen, Birnen und Quitten als Willkommensgabe bringen. Die Früchte wurden in goldenen Schüsseln auf seidenen Tafeltüchern serviert. Auch das Hauptgericht, Reis mit gesottenem und gebratenem Hammelfleisch, Huhn, Fisch, Eier und Gebackenem, mundete allen. Wie es bei uns Sitte ist, zog sich die Mahlzeit über Stunden hin und die Gesandten kosteten von allem und verzogen keine Miene – auch wenn ihnen etwas scharf in der Kehle brannte oder ungewohnt schmeckte.«
    Sophian seufzte genüsslich auf, seine Nase kräuselte sich, als könne er die Speisen riechen. »Weiter …«, flüsterte er. »Wann trafen die Gesandten des Herzogs den Schah?«
    Farid schüttelte den Kopf. Obwohl die Perser keine Scheu vor den Europäern kannten – in Isfahan lebten schließlich Holländer, Deutsche, Engländer und Russen, und es gab dort

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