Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)
sogar einige christliche Kirchen – hatte der Aufenthalt der Gottorfer schnell eine unerfreuliche Wendung genommen. »Schon am nächsten Tag gab es eine Schlägerei in der Stadt. Ein Streit mit Usbeken und Indern, Mitglieder der Gesandtschaft waren darin verwickelt. Ein Wort gab das andere und die Sache eskalierte. Am Ende war einer der Deutschen tot. Die Usbeken hatten ihm den Kopf abgeschlagen und trugen diesen triumphierend durch die Straßen.«
»Aus einer Rangelei war eine Schlacht geworden?«
Farid nickte. Er hatte sich mit seinem Vater im Quartier der Gesandtschaft befunden, als die Nachricht vom Tod des Deutschen die Männer erreicht hatte. Wenig später belagerten die Angreifer die Unterkunft im armenischen Viertel, sie hatten Blut geleckt. Der Kampf mit Pfeilen und Musketen zog sich über Stunden, den Usbeken war es sogar gelungen, einen Teil des Gesandtschaftsgepäcks zu plündern. Erst die empörte Bevölkerung und die Soldaten des Schahs hatten den Angreifern Einhalt gebieten können.
»Es gab mehr als dreißig Tote.«
Sophian schüttelte ungläubig den Kopf. »Die Deutschen waren doch gekommen, um Handelsverträge zu schließen.«
»Aber sie hatten auch Feinde in der Stadt. Den Holländern gefielen die Pläne des Herzogs nicht. Sie sahen in den holsteinischen Gesandten Konkurrenten, Rivalen, sie waren ihnen lästig. Vielleicht hatten sie die Usbeken angestiftet, mein Vater hörte später davon.«
»Trotzdem verhandelte man weiter über die Verträge?«
Farid nickte. »Wenige Tage später wurde die Gesandtschaft vom Schah zu einer Audienz empfangen und zur Tafel gebeten. Die Deutschen überreichten Schah Safi ihre Geschenke, Waffen und Schmuck aus Gold und Bernstein. Das schönste und herrlichste Geschenk, ein großes Uhrwerk, war jedoch bei einem Schiffbruch in der Ostsee verloren gegangen.«
»Und du warst dabei?« Sophian schüttelte ungläubig den Kopf.
Farid schloss die Augen. »An der Seite meines Vaters …« Der Einzug der Gesandtschaft im königlichen Palast war eindrucksvoll gewesen. Selbst der Schah schien von der Präzision des Aufmarsches beeindruckt zu sein. »An der Spitze marschierten drei Sergeanten mit kurzem Gewehr und fünfzehn Musketiere in rotem Livree, jeweils drei in einem Glied«, rief er sich den Aufzug wieder vor Augen. Er hatte die Männer gezählt, die Farben ihrer Uniformen notiert, um jedes Detail für den Bericht seines Vaters festzuhalten. »Ihnen folgte der Reisemarschall. Hinter ihm ritten die Hofjunker und Truchsessen in zwei Gliedern zu je drei. Danach kamen drei Trompeter mit silbernen Trompeten und acht Leibschützen. Die nächsten waren die Gesandten Crusius und Brüggemann in Begleitung von Gesandtschaftssekretär Olearius und weiteren Herren, acht an der Zahl. Die beiden Dolmetscher schlossen sich an, gefolgt von acht Pagen in besonders schöner Livree. Den Abschluss des Zuges bildeten die Diener der Gesandten, des Marschalls, des Sekretärs, Stallmeisters, Kammerherrn, Hofmeisters und weitere ausgewählte Männer der Gesellschaft. Insgesamt waren es wohl achtzig Personen, die in tadelloser Ordnung aufzogen.«
»Und der Schah, wie sah er aus? Die Gäste müssen doch ebenfalls beeindruckt gewesen sein?«
Farid nickte wieder, sein Spaten stieß auf einen Stein, den er mühsam aus der Erde zerrte und mit dem Fuß zur Seite rollte. Der Schah hatte seine Gäste im Richthaus, der Diwanchane , empfangen, das mit goldenen Blumenbildern und drei großen, von europäischen Malern geschaffenen Schlachtenbildern sowie Teppichen geschmückt war. Wie es Sitte ist, hatte er mit übereinandergeschlagenen Beinen auf einem seidenen Kissen gesessen. »Du musst wissen, der Schah ist ein wirklich schöner Mann mit einem vornehmen Gesicht, einer stolzen Nase und einem schwarzen Bart«, schwelgte er in seinen Erinnerungen. »Er kleidet sich stets in Goldstoffe und schwarzen Zobel. An diesem Tag steckte ein riesiger Edelstein neben einer Kranichfeder an seinem Turban. Auch sein goldener Säbel war mit Edelsteinen besetzt. Zur Rechten des Königs standen zwanzig schöne junge Pagen, die Söhne von Khanen und Sultanen, die später einmal in den Provinzen des Reiches herrschen werden. Daneben wartete der Kammerdiener des Schahs. Zur Linken saß der Reichskanzler, der Großmarschall stand ein paar Ellen vor dem König.«
»Und die Gesandten, was taten sie?« Sophian hielt einen Moment inne. Der Schweiß war ihm in die Augen gelaufen und mit einem Zipfel seines Hemdes wischte er
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