Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
Vom Netzwerk:
bekommen.«
    Paul Fleming … Der junge Arzt und Dichter aus Leipzig hatte auf seine Empfehlung und Einladung hin die herzogliche Gesandtschaft als Hofjunker nach Persien begleitet. Genauso wie er hatte Fleming sich in ein Mädchen aus Reval verliebt. Nach ihrer Rückkehr wollte er sich dort niederlassen, doch auf dem Weg nach Reval war der Freund in Hamburg ganz plötzlich von einem heftigen Fieber befallen worden.
    »Fleming ist tot … Seit fast einem Jahr schon.«
    »Das Fieber?« Farid sah ihn mit großen, schmerzerfüllten Augen an.
    Olearius zuckte mit den Achseln. Aus einer starken Erkältung war eine schwere Lungenentzündung geworden. »Sein Arzt vermutete, dass sein Körper schon durch eine andere Krankheit geschwächt gewesen sein musste. Etwas, das er sich vielleicht unterwegs, auf der Reise, zugezogen hatte.«
    »Die rote Ruhr? Wie mein Vater …« Farid wandte sich ab. Für einen Moment schlug er die Hände vors Gesicht.
    »Er ist ruhig, friedlich und gefasst gestorben, so hat man es mir jedenfalls erzählt. Und er hat noch ein letztes Gedicht auf dem Totenbett geschrieben. Man hat ihn in Hamburg in der Sankt-Katharinen-Kirche beerdigt.«
    Olearius holte tief Luft, die Worte seines toten Freundes hatten sich tief in seinen Geist eingegraben. Immer wieder flüsterte er die Zeilen, wenn er über seinen Berechnungen verzweifelte. Und jetzt drängten sie über seine Lippen:

    »Ich war an Kunst und Gut und Stande groß und reich,
    Des Glückes lieber Sohn, von Eltern guter Ehren,
    Frei, meine, kunnte mich aus meinen Mitteln nähren.
    Mein Schall floh über weit, kein Landsmann sang mir gleich.

    Von Reisen hochgepreist, für keiner Mühe bleich,
    Jung, wachsam, unbesorgt. Man wird mich nennen hören,
    Bis dass die letzte Glut dies alles wird verstören.
    Dies, deutsche Klarien, dies Ganze dank ich euch.

    Verzeiht mir, bin ich’s wert, Gott, Vater, Liebste, Freunde,
    Ich sag euch gute Nacht und trete willig ab.
    Sonst alles ist getan bis an das schwarze Grab.

    Was frei dem Tode steht, das tu er seinem Feinde.
    Was bin ich viel besorgt, den Odem aufzugeben?
    An mir ist minder nichts, das lebet, als mein Leben.«

    Olearius spürte Tränen in seine Augen steigen, er blinzelte und blickte zu Boden. Auch die Jungen schienen ergriffen, beide schwiegen und hielten den Blick ebenfalls gesenkt. Olearius sah, dass einer nach der Hand des anderen griff. Die Geste rührte ihn, sie umschrieb das Wesen der Freundschaft – auch ohne jedes Wort. Olearius dachte, dass er mit Paul Fleming einen wahrhaftigen Freund verloren hatte. Und was hatte die Welt verloren! Warum hatte dieser wunderbare Geist so jung sterben müssen? Gerade einmal dreißig Jahre alt war er geworden.
    Aus den Augenwinkeln sah er, dass der Herzog herrisch nach ihm winkte. Schon drehten sich die Männer aus der Entourage suchend nach ihm um. Der Kanzler schien den Kopf zu schütteln über die zerstreute Dreistigkeit des Hofgelehrten.
    »Ich muss weiter … Der Herzog verlangt nach mir.« Olearius strich Farid noch einmal über den dunklen Schopf. »Du kannst immer zu mir kommen, wenn du etwas auf dem Herzen hast«, hörte er sich sagen. Die Erinnerungen an Paul Fleming hatten ihn rührselig werden lassen.

FÜNF
    Der Globussaal war ihm inzwischen verhasst. Die Vielzahl der Modelle von Himmel und Erde erinnerte ihn schmerzlich an die Verschwendungssucht des Herzogs. Wie viele Globen hatte Friedrich III . inzwischen anfertigen oder kaufen lassen? Und wie viele Reichstaler waren dafür aufgebracht worden?
    Kanzler Kielmann räusperte sich. Übelkeit wallte in ihm auf und er musste sich beherrschen, um nicht aufzustoßen und auszuspucken. Wie sähe es aus, wenn der Herzog seinen Kanzler dabei ertappte, dass dieser gegen eines der kostbaren Sammlerstücke spie? Er war doch kein Lump!
    Doch der Herzog ließ auf sich warten. Ungeduldig durchwanderte Kielmann den weiten Saal, ab und an blieb er stehen, um eine der behäbigen Kugeln in ihrem Gestell zu drehen.
    Was ist ein Globus, fragte er sich. Eine Liebhaberei? Eine Vorstellung, ein Abbild von dieser Welt? Ein Atlas also, dessen einzelne Blätter auf eine Kugeloberfläche montiert worden waren. Eine verzwickte Spielerei, denn die einzelnen Karten mussten schließlich der gewölbten Oberfläche angepasst werden. Der Hofmathematicus hatte ihm die Technik einmal erklärt: Man zerlegte, so erinnerte sich der Kanzler an die Worte des Gelehrten, die Kugeloberfläche in schmale, spitz zulaufende Zweiecke, meist

Weitere Kostenlose Bücher