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Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
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Umdrehung und die Bewegung der Erde um die Sonne nicht mehr zu lehren.
    Und schlimmer noch: Es war inzwischen offensichtlich, dass auch Kopernikus sich in einem Punkt geirrt hatte. Der Astronom hatte geglaubt, nach seiner Methode die Positionen der Planeten genau berechnen zu können und war daran gescheitert. Erst Johannes Kepler, der die Aufzeichnungen des großen dänischen Himmelsbeobachters Tycho Brahe kannte, hatte die von Aristoteles als gottgefällig erdachte Kreisbahn der Planeten, auch die der Erde um die Sonne, durch Ellipsen ersetzt – und so wohl eine wesentlich exaktere Grundlage für die Berechnung der Planetenpositionen erhalten.
    »Eine neue Zeit ist angebrochen …« Olearius zuckte zusammen, als er die eigene Stimme hörte. Er hatte den Gedanken nicht laut aussprechen wollen.
    Der Herzog sah ihn verständnislos an. »Mein lieber Mathematicus, bitte, ich begreife nicht.«
    »Meine Gedanken verlieren sich in der Unendlichkeit des Universums …« Olearius verbeugte sich leicht, um seine Taktlosigkeit zu entschuldigen. »Durchlaucht wissen, dass der große Galileo Galilei das Fernrohr zum Himmel richtete und unzählig viele Sterne sah, so viel mehr als die tausendvierhundert mit bloßem Auge sichtbaren.«
    »Was wollt Ihr mir sagen?«
    »Der Gottorfer Globus soll so viel mehr als ein Schmuckstück Eurer Gelehrsamkeit vorstellen, Durchlaucht. Er soll mit Leben erfüllt sein, er soll den Sternenlauf versinnbildlichen, ihre Reise über den Himmel. Er wird Grenzen überschreiten, die Grenzen unseres Denkvermögens und dessen, was sich ziemt. Ich frage mich, ob der Bau, nur so wenige Jahre nach der Verurteilung Galileis vor römischem Gericht, nicht auch ein ungeheures Wagnis ist.«
    Ein ungeheures Wagnis … Olearius hielt erschöpft inne, die Worte hallten in seinem Körper nach.
    »Das interessiert mich nicht, Olearius. Ich will den Himmelsglobus, dort oben, in der Friedrichsburg.«
    Der Herzog zeigte mit seinem Stock auf die noch unbebaute Fläche oberhalb des Herkulesbrunnens. Seine Stimme klang heiser. Ein wildes Verlangen schien darin zu schwingen, das Olearius zusammenzucken ließ. Der Herzog würde sich nicht mit einem wissenschaftlichen Traktat, einigen theoretischen Entwürfen und einem Modell zufrieden geben. Plötzlich durchfuhr ihn die Gewissheit, dass auch sein eigenes Wohl vom Gelingen des herzoglichen Plans abhing. Würde der Herzog ihn ebenfalls hinrichten lassen, wenn er daran scheiterte? Was geschähe dann mit Catharina?
    Olearius blickte sich hastig um, doch Kanzler Kielmann und die Räte waren zurückgeblieben. Sie hatten die Worte des Herzogs nicht vernommen. Ohnehin war bislang niemand sonst in das Vorhaben eingeweiht. Es lag allein an ihm, den Herzog noch einmal nachdrücklich auf das Wagnis des Globusbaus hinzuweisen. Und ihn womöglich vor den Folgen seines wahnwitzigen Traums zu schützen.
    »Wie steht es um die Kredite der Ritter?« Olearius wusste, dass ihm diese Frage eigentlich nicht zustand, drückte sie doch seinen Zweifel an der Zahlungsfähigkeit der herzoglichen Kasse aus. Doch ihm war zu Ohren gekommen, dass die von Brüggemann in Moskau und Isfahan unterzeichneten Schuldverschreibungen den Haushalt des Herzogtums um mehr als das Doppelte überstiegen. Kielmann selbst hatte hinter dem Rücken des Herzogs getobt, es werde ein halbes Jahrhundert diplomatischer Anstrengungen bedürfen, um diese ungeheure Schuld aus der Welt zu schaffen.
    »Unser alchemistisches Labor arbeitet daran, Gold und Silber künstlich herzustellen. Im Übrigen …«, der Herzog blieb stehen und drehte sich zu Olearius um. Mit dem Zeigefinger pochte er sich gegen die Schläfe. »Was da drin steckt, das lässt sich nicht töten. Und es lässt sich auch nicht durch meinen Kanzler oder die Ablehnung der Stände vereiteln. Unser Plan wird gelingen. Er muss gelingen!«
    Unser Plan. Olearius schluckte, die Worte hallten noch stärker als zuvor in seinem Innersten wider. Mit jeder Wiederholung klang die Stimme des Herzogs schärfer und bedrohlicher. Das Grau seiner Augen war nun so dunkel wie Moorwasser.
    Welcher Plan? Olearius dachte, dass er von diesem Plan so weit entfernt war wie die Erde von der Sonne.
    »Ich benötige zehntausend Reichstaler …« Wieder zuckte Olearius zusammen. War das seine Stimme gewesen? Hatte er das tatsächlich gesagt? Welcher Teufel hatte ihn geritten? Der Herzog würde zu Recht den Stab über ihn brechen und ihn vom Hof verbannen.
    Doch der Herrscher verzog noch nicht

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