Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)
einmal das Gesicht. »Ich werde den Kanzler anweisen, die Summe für Euch bereitzustellen.«
Der Herzog wandte sich ab, er schickte sich an, den Hofgärtner zu begrüßen. Meister Friedrichs eilte seinem Herrn mit demütig gesenktem Kopf entgegen. Olearius sah, wie sie einige Worte wechselten. Während der Herzog mit seinem Hund das Spalier der Gartenjungen abschritt, ließ er sich zurückfallen und die herzogliche Eskorte passieren. Dann erst folgte er dem Hofstaat mit weichen Knien. Der Spazierstock zitterte in seinen Händen.
Was da drin steckt, das lässt sich nicht töten. Die Worte des Herzogs hatten Olearius erschreckt. Vielleicht hatte er tief in seinem Inneren immer noch geglaubt, dass das Projekt an den finanziellen Unwägbarkeiten scheitern würde. Doch Friedrich III . setzte offenbar grenzenloses Vertrauen in ihn. Es gab kein Zurück, so wie auch auf der Persischen Reise keine Umkehr mehr möglich gewesen war.
Alea iacta est … Der Rubikon war überschritten, der Globus musste gelingen.
»Magister Olearius …«
Olearius schrak aus seinen Gedanken auf, er war den Begleitern des Herzogs wie in Trance gefolgt. Als er aufblickte, sah er sich dem persischen Jungen gegenüber, den die Gesandtschaft aus Isfahan mit an den Gottorfer Hof gebracht hatte.
»Farid …« Er strich dem Jungen freundlich über die Schulter. »Wie geht es dir?«
Der Junge sah ein wenig müde, aber gesund und wohlgenährt aus. Er schien sogar gewachsen zu sein, seitdem er ihn das letzte Mal gesehen hatte. Das Hemd spannte sich über den Schultern. In Gedanken schalt sich Olearius, ein Gefühl von Schuld überkam ihn. Nachdem man den Jungen in die Obhut des Hofgärtners gegeben hatte, hatte er ihn aus den Augen verloren. Dabei war Farid ihm auf der Reise durchaus ans Herz gewachsen. Der junge Perser hatte die fremde Sprache schnell gelernt, er war stets höflich und hilfsbereit gewesen und selbst als der Vater des Jungen unterwegs an einem heftigen Fieber erkrankt und gestorben war, hatte Farid sich in sein Schicksal gefügt. Olearius hatte ihn nie klagen hören.
»Mir geht es gut, Herr. Und ich habe einen Freund gefunden.«
Farid zeigte auf einen hübschen, etwas schüchtern blickenden Knaben mit blondem Haar und feinen Gesichtszügen, der an seiner Seite stand. Seine Stimme hüpfte während des Sprechens auf und ab, und Olearius musste ein Lächeln unterdrücken. Kein Zweifel, sein persischer Reisebegleiter war auf dem besten Wege, sich in einen jungen Mann zu verwandeln.
»Und wie ist dein Name?« Olearius streckte dem zweiten Jungen lächelnd die Hand entgegen.
»Sophian, mein Herr.«
Für einen Augenblick dachte Olearius, dass der Knabe in einen Knicks sinken würde. Verlegene Röte schoss ihm in die Wangen, dann verbeugte er sich, so wie er es bei Farid gesehen hatte.
»Ein schöner Name …« Olearius hielt die Hand des Jungen einen Moment länger als nötig fest. Er dachte, etwas Besonderes zu spüren. So wie damals, als er seine Frau in Reval kennengelernt hatte. Verwirrt schüttelte er den Kopf. Es war ihm nicht möglich, ein klares Bild von seinem Gegenüber zu gewinnen. Etwas blieb vage, wie verschwommen …
Im nächsten Augenblick dachte er, dass man die Gartenjungen viel zu hart arbeiten ließ. Erschrocken spürte er die kleine, schwielige Kinderhand in seinem empfindsamen Gelehrtengriff. Wie alt mochte der Knabe sein? Vielleicht sollte er den Herzog darauf hinweisen, dass hier Kinder am Werk waren, um den Hügel in ein Gartenreich zu verwandeln.
Andererseits … Hatte er nicht auch in der Werkstatt seines Vaters schuften müssen? Und oftmals war er erst in der Nacht zum Lernen gekommen, im Kerzenschein hatte er bis in die frühen Morgenstunden gelesen. Hatte es ihm geschadet? Nein, Olearius schüttelte in Gedanken den Kopf. Im Gegenteil, damals hatte er gelernt, die Stille der Nacht zu lieben. Die Einsamkeit, die zu ihm sprach und ihn ermunterte.
»Kommt Ihr voran, Herr?«
Farid riss ihn aus seinen Gedanken.
»Voran?« Woher wusste der Bursche von den herzoglichen Plänen?
»Eure Reisebeschreibung … Auf dem Weg nach Gottorf spracht Ihr davon, Eure Erlebnisse niederschreiben zu wollen.«
»Ja, ja …« Olearius atmete erleichtert aus. »Die ersten Kapitel sind in Arbeit. Ich werde bestimmt noch auf dich zukommen, wenn ich Fragen zum Auf und Ab der persischen Geschichte habe. Und zu den Palästen und Moscheen von Isfahan …«
»Bestimmt werdet Ihr auch Hilfe von Eurem Freund und Gehilfen Fleming
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