Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)
Betreuung seiner Sammlung hatte der Herzog eigens einen Spezialisten angestellt. Hofuhrmacher Habrecht, Abkomme einer Straßburger Uhrmacherfamilie, verdiente ebenfalls ein stattliches Sümmchen.
»Er repariert auch die Uhr im Hohen Tor der Stadt.«
Der Kanzler zuckte die Schultern, es war aussichtslos, der Herzog schien nicht begreifen zu wollen. Kielmann mochte nicht daran denken, was das Neue Werk noch an Kosten verursachen würde. Hofgärtner Friedrichs hatte von exotischen Pflanzen gesprochen, von Statuen und weiteren Wasserspielen. Unendliche Zahlenkolonnen addierten sich in seinem Kopf zu furchtbaren Summen. Allein die Schar der Gartenjungen war günstig. Ein Großteil der Jungen arbeitete gegen Haferbrei und einen trockenen Platz zum Schlafen.
»Olearius benötigt zehntausend Reichstaler, wir müssen die Ritter endlich angehen.«
Wie Hammerschläge drangen die Worte des Herzogs an sein Ohr. Kielmann zuckte zusammen. »Zehntausend Reichstaler?«
Um Gottes Willen, was ging da vor sich? Welches Teufelswerk hatte der Hofmathematicus seinem Herrn wieder eingeflüstert? Kielmann dachte, dass sich die vielen kleinen Beobachtungen der letzten Monate nun zu einem Bild zusammenfügten: die geheimnisvollen Andeutungen des Gelehrten, der Ankauf von Büchern, die Briefe, die Olearius in alle Welt verschickte, das selige Lächeln des Herzogs, sobald er die Pforten des Neuen Werks durchschritt. Und dann, diese merkwürdige wüste Fläche, die sich auf den Plänen des Hofgärtners abzeichnete. Kielmann hatte Meister Friedrichs auf den mysteriösen Platz oberhalb des Herkulesbrunnens angesprochen, doch dieser hatte nur mit den Achseln gezuckt.
»Eine Idee des Herzogs«, hatte Friedrichs ihm ausweichend geantwortet. »Ein himmlisches Werk, man arbeitet wohl noch daran.«
Ein himmlisches Werk?
»Durchlaucht, Ihr müsst Euch erklären. Wir können die Stände nur in begründeten Fällen um Geld bitten.«
»Es geht um das Wohl des Landes, Kielmann. Mit Gottes Hilfe werden wir Gottorf in einen Hort der Weisheit und der Wissenschaften verwandeln. In ganz Europa wird man von diesem erstaunlichen Werk sprechen, das ich plane. Stellt Euch vor, wir werden zu den Sternen reisen können! Die Welt wird an unseren Hof pilgern, um Zeuge dieses Wunders zu werden.«
Der Herzog hatte die Arme ausgebreitet, wie ein Geck tänzelte er durch den Saal, als wolle er die Globen zum Tanz auffordern.
Für einen Moment dachte Kielmann, dass der Fürst seinen Verstand in einer Holzkiste mit auf die Persische Reise geschickt hatte. War die Kiste unterwegs verloren gegangen, so wie das kostbare Uhrwerk, das man dem Schah zugedacht hatte?
Kielmann unterdrückte ein freches Kichern, das sich seinen Weg bahnen wollte. Es war absurd, er musste etwas unternehmen!
Der Herzog schien seinen Widerstand nicht zu bemerken. Er war an einen Himmelsglobus getreten und fuhr mit dem Zeigefinger über die gewölbte Oberfläche, als liebkose er den Leib einer Frau. Die Berührung schien ihm ein sinnliches Vergnügen zu bereiten, ein Lächeln kräuselte seine Lippen.
»Olearius wird ein Fernrohr anfertigen lassen, um die Sterne und ihr Kreisen beobachten zu können. Er wird sich selbst ein Bild von der Reise der Gestirne machen und seine Erkenntnisse werden dann in unseren neuen Himmelsglobus fließen.
»Noch ein Himmelsglobus, Durchlaucht?«
Der Herzog schüttelte den Kopf. »Nicht so ein Himmelsglobus …« Er wies fast verächtlich auf die Globen im Saal. »Ein Riesenglobus, Kielmann. Größer als alles, was Ihr Euch vorstellen könnt.«
Der Kanzler schwieg. Mit leicht geneigtem Kopf lauschte er den Worten des Herzogs, die nun über dessen Lippen sprudelten. Während sich die Wangen des Fürsten vor Begeisterung röteten und seine Ausführungen immer waghalsigere Formen annahmen, fasste Kielmann einen Plan. Er musste die Ritterschaft mit den herzoglichen Fantastereien konfrontieren. Schnell. Und seinen Herrn und das Land vor dem Schlimmsten bewahren.
SECHS
Das Mädchen drückte sich ängstlich in die Ecke seines Schlafgemachs. Christian Rantzau ging langsam auf das junge, flachshaarige Etwas zu. Er freute sich auf die Nacht – und das Vergnügen, welches ihm das Ding bereiten würde.
Wie alt mochte es sein? Alt genug, um zu heiraten, dachte er. Vor wenigen Stunden hatte es einem seiner Leute die Ehe versprochen. Er nahm sich, was ihm zustand.
»Wie ist dein Name?«
Das Mädchen blickte nicht auf, undeutlich murmelte es etwas.
»Lauter. Sprich
Weitere Kostenlose Bücher