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Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
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wehmütigen Blick erinnerte, brach das Inferno über sie herein.

VIERZEHN
    Die Söldner stürmten voran, sie folgten seinen Anweisungen, die er ihnen auf der Breitenburg gegeben hatte. Doch sein Plan war nun ein anderer: Sobald die Männer ein oder zwei Händler getötet hätten, wollte er mit seinen Leuten dazu stoßen, um die gedungenen Mörder über die Klinge springen zu lassen. Etwas sagte ihm, dass er die Männer nicht lebend überstellen könnte. Was, hatte er sich gefragt, wenn sie ihn der Anstiftung bezichtigten und der Herzog ihnen Glauben schenkte? Danach erst würden sie sich die Händler vornehmen und er könnte ein letztes Mal den Blutrausch spüren. Später wollte Rantzau dem Herzog die Leichen der Söldner präsentieren und die Toten für die Vollmondmorde verantwortlich machen. Sein Auftrag wäre erfüllt – der herzogliche Sonderermittler kehrte im Triumph auf die Breitenburg zurück. Und er, Christian Rantzau, hätte die Autorität seines Namens und der Ritterschaft mit neuem Glanz erfüllt.
    Rantzau leckte sich die Lippen. Er zählte die Sekunden, bis er zu den Söldnern aufschließen wollte. Der Angriff aus dem Dunkel der Nacht würde die Händler aus dem Schlaf reißen. Und bevor sie noch aufspringen und nach ihren Waffen greifen könnten, wären die Angreifer schon über ihnen. Vielleicht spürten sie durch den Schock und die Todesangst nicht einmal das Eindringen der Klingen in ihre Körper, das Gemetzel an ihren Leibern, das Wühlen in ihren Eingeweiden. Doch sie würden sich nicht gegen den Tod wehren können, gegen das aus klaffenden Wunden strömende Blut. Heißes, klebriges Blut – der Saft des Lebens.
    In der Dunkelheit war das Geräusch der voranpreschenden Pferde deutlich zu hören, es glich einem Gewittersturm. Dann hörte Rantzau entsetzte Schreie, die Söldner hatten das Lager erreicht. Er hielt den Atem an und straffte die Zügel seines Pferdes. Einen Moment noch, dachte er. Einen köstlichen Moment der Vorfreude. Die Schreie hallten durch die Nacht, das Mondlicht schien ihren dumpfen Klang zu verstärken. Es war, als ob der Schall auf den silbernen Bahnen des Lichts reiste.
    Jetzt! Er hob den Arm und stieß seinem Pferd die Sporen in die Flanken. In seinem Rücken hörte er die Schreie der eigenen Männer, er spürte ihren ergebenen Gehorsam, ihre Treue. Wild lachend trieb er das Pferd voran, auf den Rastplatz, auf das Spektakel zu.
    Ja, jetzt ginge es ans Töten!
    Zwischen den Bäumen sah er die Männer verbissen kämpfen. Metall blitzte auf, Klingen kreuzten sich, Kehlen schrien heiser. Einige Pferde waren zu Fall gebracht worden, etwas hatte sich um ihre Hufe gewickelt. Rantzau sah Lanzen und Forken, verzerrte Gesichter, Entschlossenheit. Er sah, dass etwas anders war, anders, als er erwartet hatte. Er blickte sich um, suchte nach einem Toten.
    Dann sah er Oss.
    Der Bursche schoss aus dem Nichts auf ihn zu und bevor er noch reagieren konnte, hatte der Knecht sich an den Hals seines Pferdes geworfen. Wie von Zauberhand knickte das Tier die Vorderbeine ein, dann rollte es sich zur Seite.
    »Horatio!« Entsetzt sprang er ab, und im nächsten Moment begriff er endlich, dass sich etwas zu vollenden schien, was vor langer Zeit begonnen hatte. Bilder stürmten auf ihn ein: der Schwur der Ritter, die Viehtreiber auf der Heide, der verlorene Sporn, der gespenstische Traum, das Geistwesen, der fehlende Tote. Wann war das gewesen?
    Er sah den Jungen, den er damals nicht hatte töten können.
    Oss! Oss, der mit den Tieren reden konnte. Oss, der Rache geschworen hatte. Oss, der auch in seiner Seele lesen konnte. Oss, der nun vor ihm stand und in dessen wild entschlossenen Augen er kein Jota Furcht entdecken konnte.
    Dies war seine Falle!
    Wie lange hatte Oss auf diesen Moment gewartet?
    Christian Rantzau begriff, dass er um sein Leben kämpfen müsste.

    »Horatio …« Oss hatte nur ein Wort flüstern müssen, nur ein Wort. Dann hatte der Riese sich vor ihm verneigt und sich seines Reiters entledigt. Christian Rantzau hatte sein gewaltiges Schlachtross verloren. Sein Bollwerk. Seine Sicherheit.
    Nun stand er vor ihm und sah ihn ungläubig an. Er glich plötzlich einem gewöhnlichen Fußsoldat, er war kein Ritter mehr. Er würde kämpfen müssen – von gleich zu gleich, Mann gegen Mann. Nichts anderes schien mehr wirklich zu sein. Oss schien es, als ob die Kämpfe der anderen sich in einer entfernten Welt abspielten. Nur gedämpft drangen die Schreie der Männer und das Stöhnen der

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