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Der Sternengott

Der Sternengott

Titel: Der Sternengott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl & Jack Williamson
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gemacht.
    Und doch war er ihr niemals ferner gewesen als in diesem Raum. Wenn er es wagte, konnte er die Hand ausstrecken und die Lippen berühren, die er sooft geküßt hatte.
    Doch der Geist hinter diesem Gewicht war nicht länger der Geist jenes süßen Mädchens, das er geliebt hatte und in der Erinnerung noch liebte. Der Körper war der Körper Julie Martinets, doch das Wesen, das jetzt darin wohnte, war Schwester Delta Vier, absolute Dienerin der Maschine.
    Unwillkürlich flüsterte er: »Julie! Julie Martinet! Erkennst du mich nicht?«
    Aber sie stand nur unbeweglich und betrachtete ihn mit ernsten, dunklen Augen. Er suchte darin nach einem Zeichen des Erkennens, nach der rettenden Wanne der Liebe, von der sie so oft erfüllt gewesen waren ...
    Doch diese Augen waren leer.
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich bin Delta Vier«, sagte sie. »Ich bin beauftragt, Sie im Namen der Maschine zu verhören.«
    Sie betrachtete ihn und schien auf eine Antwort zu warten. Ihr bleiches Gesicht war in den dunklen Falten ihrer Kapuze verborgen. Das Emblem auf dem schwarzen Umhang schien ihn anzuhöhnen.
    »Julie! Erinnerst du dich gar nicht mehr an mich? Kannst du mir nicht sagen, was geschehen ist? Ich verstehe das alles nicht.«
    Sie berührte ihre Tonapparatur, und die Saiten des empfindlichen Instruments gaben ein leises elektronisches Läuten von sich.
    »Major Gann«, sang sie, und ihre Stimme stand im vollkommenen Einklang mit den Akkorden ihrer Apparatur. »Wie Sie selbst sehen, bin ich ein Kontakter der Maschine. Ich wünsche nicht an ein früheres Leben erinnert zu werden.«
    »Bitte, Julie! Du kannst mir doch wenigstens sagen, warum du nicht gewartet hast ... Ich habe doch einen Brief geschickt, vom Pluto ...«
    »Ihre Botschaft wurde empfangen«, sang die dunkle Gestalt, »doch Julie Martinet war als Kontakter der Maschine bereits in das Trainingsprogramm aufgenommen worden. Sie vernichtete Ihre Mitteilung. Sie wünscht sich nicht daran zu erinnern.«
    »Aber ich habe dich doch geliebt!« brach es aus ihm hervor. »Wie konntest du mir das nur antun?«
    Das ernste, bleiche Gesicht war ohne Erregung. »Julie Martinet hat Sie geliebt«, berichtigte sie ihn melodisch. »Ich dagegen bin Delta Vier. Bitte, setzen Sie sich, Major Gann. Wir müssen mit dem Verhör beginnen.«
    Widerstrebend sank Gann in einen Stuhl und beobachtete sie, als sie sich einen Stuhl herbeirückte. Sie setzte sich neben ihn.
    Unter ihrem Umhang kam ein kleines, in schwarze Plastik gekleidetes Kontaktpult zum Vorschein.
    »Major Gann«, sagte das Mädchen. »Ich muß Sie fragen, ob Sie der Sternengott sind.«
    »Natürlich nicht!« schnappte Gann. »Das wurde mir inzwischen mehr als hundertmal vorgehalten, und ich möchte ein für allemal betonen ...«
    Sie schüttelte den Kopf. »Warten Sie!« unterbrach sie ihn. »Einen Augenblick, bitte.«
    Er beobachtete sie mürrisch, als sie sich vorbeugte und erneut die Saiten ihrer Tonapparatur berührte. Jeden elektronischen Ton, der aus dem Gerät erklang, versuchte sie mit der Stimme nachzuahmen und stellte sich so auf die komplizierte Skala tonaler Unterschiede ein, aus denen die künstliche Sprache des Mechanesischen bestand.
    Das Mechanesische war die schwierige Brücke zwischen dem menschlichen Geist und dem Geist der Maschine. Frühere Computer hatten diese Kluft dadurch zu überbrücken versucht, daß sie sich eine gewisse Übersetzungsstruktur schufen, in der das Englische zum Beispiel in Fortran, Fortran in binäre Zahlen, und die binäre Aussage schließlich in seitens der Maschine unmittelbar verwendbare Instruktionen umgewandelt wurde. Die Sprache der Maschine war in sich selbst eine Art Schema binärer Zahlen, die für die einzelnen elektronischen Möglichkeiten standen – Stromkreis geschlossen oder offen, Speicherzellen geladen oder aufnahmebereit, Magnetkerne positiv oder negativ beeinflußt.
    Der Mensch war nicht in der Lage, diese binäre Sprache zu sprechen, auch konnte man das Maschinengehirn des Systems nicht mit der langwierigen Übersetzung belasten, die kostbare Zeit kosten würde.
    Statt dessen hatte die Maschine eine eigene Sprache geschaffen, die ein Mensch erlernen konnte – allerdings nur mühsam und wenn er geeignet und willens war, alle sonstigen Aspekte seines Lebens außer acht zu lassen und sich voll und ganz dem Studium dieser Sprache zu widmen.
    Das Mechanesische war eine Brücke – allerdings eine sehr schwierige. Die Maschine, die die Zeit in Nanosekunden zählte,

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