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Der Sternengott

Der Sternengott

Titel: Der Sternengott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl & Jack Williamson
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»Wenn du ein guter Schüler bist, werden wir schwimmen gehen können.«
    In ihren Augen stand ein verführerisches Versprechen, und ihre Hände machten eine Bewegung, als wollte sie Umhang und Kapuze von sich werfen.
    »Du darfst dich nicht sträuben«, wiederholte sie.
    Ihr ovales Gesicht wurde plötzlich ernst.
    »Wenn du dich weiterhin weigerst, wird es dir leid tun.« Ihre Stimme wurde leise und traurig. »Ich mag es eigentlich gar nicht, dich auf das dritte Gesetz der mechanisierten Schulung hinzuweisen – die größte Belohnung ist das Ende des Schmerzes.«
    Sie zuckte die Achseln und verblüffte ihn mit ihrem plötzlichen Lächeln. »Fangen wir an!«
    Sie begannen mit einfachen Tonleitern, den winzigen Tonunterschieden, die eine gewisse Spannung und Stimmung ausdrückten. Dann sang sie einige schwierigere Silben. Und als er zögernd versuchte, die Laute nachzuahmen, wurde er bald an das dritte Gesetz der mechanisierten Schulung erinnert.
    Denn bereits der geringste Fehler wurde mit Schmerzen geahndet, und er machte sehr häufig Fehler. Selbst wenn er mit einem Ton antwortete, der ihm völlig richtig erschien, wurde er oft schmerzvoll eines Besseren belehrt.
    Denn er befand sich nicht wirklich an jenem strahlenden Strand. Er war eingeschlossen in die große Metallbirne des Trainers, die in seinem Körper jede nur mögliche Empfindung erzeugen konnte.
    Er war dem Wirken dieser Maschine hilflos ausgeliefert.
    Der kleinste Fehler riß ihn bereits aus jener Welt voller Sonnenschein und versetzte ihn in eine entsetzliche Hölle, wo er sich mit all seinen Kräften um die höchste Belohnung bemühte, die das Ende des Schmerzes sein würde.
    Einmal fand er sich gefangen in einer manövrierunfähigen Rakete, die in die Sonne stürzte. Kreischend entwich die Luft aus der von Meteoren durchlöcherten Schiffshülle, so daß seine Lungen gegen den Schmerz des Erstickens ankämpfen mußten. Grausames Licht grellte durch die zackigen Löcher und blendete ihn. Das zerstörte Abteil wurde bald zu einem überhitzten Ofen, in dem sein schmerzender Körper gebraten wurde ... Doch noch immer hörte er die Stimme Julie Martinets, die ihm Laute vorsang.
    Und wenn er wieder versagte, wurde die Hitze noch unerträglicher.
    War seine Antwort jedoch richtig, ließ das Sengen der Sonnenstrahlen nach, und seine schmerzenden Lungen fanden neue Luft zum Atmen.
    Wenn er wieder genügend Pluspunkte gesammelt hatte, wurde der Alptraum unterbrochen, und er befand sich wieder an dem hellen Strand. Dann versprach ihm Julie Martinet, bald mit ihm schwimmen zu gehen, oder sie führte ihn zu einigen kühl aussehenden Getränken in hohen Gläsern.
    Doch ehe sie die Gläser oder das Wasser erreichten, hatte er bereits einen neuen Fehler gemacht. Jede falsche Antwort wurde sofort bestraft – entsprechend den Regeln der mechanisierten Schulung. Natürlich fielen die Bestrafungen unterschiedlich aus, als ob die Maschine erst herausfinden wollte, welche Art des Schmerzes bei Gann am wirksamsten war.
    Einmal lag er schwitzend in einem Hospital in einer Raumstation, die hoch in der nebligen Atmosphäre der Venus kreiste. Er schnappte verzweifelt nach Luft, doch die dicke, heiße Atmosphäre war kaum atembar. Eine unbekannte Infektionskrankheit hatte ihn befallen und fraß sich schmerzhaft in seine Haut. Und immer noch ertönte Julies Stimme.
    Einmal war er unter einem gewaltigen Erdrutsch in einer Höhle begraben, die irgendwo auf der sonnenabgewandten Seite des Merkur liegen mochte. Er konnte sich kaum bewegen, kaltes Wasser tropfte ihm ins Gesicht, und phosphoreszierende Würmer begannen über ihn hinweg zu kriechen. Und auch hier hörte er Julies Stimme.
    Antwortete er richtig, besserte sich seine Situation augenblicklich, und nach wenigen weiteren richtigen Lauten stand er wieder neben Julie.
    Sie schien Mitleid mit ihm zu haben, ihre kühlen Hände berührten ihn, und Tränen standen in ihren Augen.
    »Armer Kerl!« sagte sie. »Ich weiß, daß es dir sehr schwerfallen muß. Doch du mußt immer an dein Endziel denken. Wenn du genügend gelernt hast, wirst auch du die Vereinigung empfangen. Wir werden dann zusammen sein.«
    Ihn schauderte, wenn sie von der Vereinigung sprach. Irgendwie hatte er Angst davor, und diese Angst wuchs ständig. Dieser Akt der Verbindung zwischen Mensch und Maschine schien ihm etwas überaus Böses zu sein, etwas Überirdisches, das vielleicht noch schlimmer war als diese künstlichen Qualen, die ihm der Trainer

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