Der Sternengott
bereitete.
Julie lachte ihn an.
»Du hast eigentlich sehr viel Glück«, versicherte sie ihm strahlend. »Der Trainer ist eine neue Erfindung. Mir zum Beispiel ist das Studium der mechanesischen Sprache noch viel schwerer gefallen, denn ich mußte ohne dieses Gerät auskommen. Mit dem Trainer bleibt dir gar nichts anderes übrig, als dein Pensum möglichst schnell und möglichst gründlich zu lernen. Deine unnützen menschlichen Reaktionen werden dabei von Anfang an ausgeschaltet. Du wirst auf Präzision und Geschwindigkeit trainiert, und darauf kommt es schließlich an.«
Sie lächelte ihn an und plauderte fröhlich weiter. »Wenn du wiedergeboren wirst, wenn du dann neu hervorgehst aus dem Trainer, wirst du ein vollkommenes Kind der Maschine sein.«
Dann setzte sie den Unterricht fort. Das dritte Gesetz der mechanisierten Schulung machte Gann noch viel zu schaffen – und sie kamen irgendwie nicht dazu, schwimmen zu gehen.
Schließlich kam der Augenblick, da Julie verschwand. Er vernahm ein seltsames Zischen, und ein kalter Luftstrom strich über seinen nackten Körper.
Wieder im Trainingszentrum, rutschte er über die rosa Membrane des Trainers, wickelte sich in seinen kalten Umhang und stieg die Leiter hinab.
»Gute Nacht, Sir.« Der junge Techtnant sah jetzt gelangweilt und müde aus. »Bis zur nächsten Runde, Sir.«
Gann wünschte sehnlichst, diesen Techtnant und auch das Trainergerät niemals wiederzusehen, weil das die endgültige Vorstufe zur Vereinigung mit der Maschine bedeuten würde. Nur ein Wunsch beseelte ihn – davonzurennen und irgendwie zu Quarla Snow und auf die angenehmen Raumriffe zurückzukehren.
Doch er war erschöpft und wurde gut bewacht. Er wußte nicht einmal, wo er sich befand.
Er nahm ein heißes Bad, verzehrte mißmutig seine Abendmahlzeit und legte sich in seinem winzigen Raum zu Bett.
Plötzlich war ein lauter Gong zu hören.
Die Nacht war bereits vorüber. Es war wieder Zeit, aufzustehen, den Kopf rasiert zu bekommen, sich auszuziehen und sich erneut mit dem klebrigen Gelee bestreichen zu lassen, um dann in die Höhle des Trainers zurückzukehren.
Die Tage vergingen.
Und dann kam der Augenblick, da Julie Martinet – oder ihr Abbild – ihm lächelnd verkündete: »Du bist reif für die Vereinigung. Deine Neugeburt steht unmittelbar bevor.«
In diesem Augenblick hätte er beinahe herausgeschrien, daß er die Vereinigung gar nicht wollte. Doch er biß sich auf die Lippen. Er schwieg, bis das strahlende Bild Julies verlöschte, bis die Luftventile zischten und ein kalter Luftstrom ihn ergriff.
Halb betäubt fand er sich in seiner Koje wieder. Betäubt! flüsterte etwas in ihm verzweifelt.
Er wußte nur, daß etwas nicht stimmte; es lag ein neuer Geruch in der Luft, und irgendwo außerhalb seines Gesichtskreises bewegte sich jemand und schien darauf zu warten, daß er einschlief.
Schließlich tat das betäubende Gas, das man durch Ganns Kopfkissen leitete, seine Wirkung, und er schlief ein.
Er schlief sehr tief.
Als er erwachte, verspürte er einen kleinen Schmerz in seiner Stirn.
Er befand sich in einem anderen Raum, einem sehr sauberen Raum mit grünen Wänden.
Er brauchte seine Stirn gar nicht zu berühren, um zu wissen, daß die Ärzte während seiner Ohnmacht am Werke gewesen waren, daß sie die haardünnen Elektroden in sein Gehirn eingeführt und die leuchtende Kontaktplatte über seinen Augenbrauen eingesetzt hatten.
*
Im Gehirn eines Säugetiers bestehen gewisse Nervenlinien und Gehirnzentren, die Stimmungen und Gefühle, Bewegungen und Gedanken und die zahlreichen anderen Tätigkeiten der Gehirnmasse lenken.
Eines dieser Zentren ist das Empfindungszentrum. Wenn man in diesen Nervenknoten einen winzigen Platindraht einführt und diesen Draht mit einer sorgfältig bemessenen Elektrizitätsmenge beschickt, ist das Ergebnis – Ekstase!
Stattet man ein Versuchstier mit einer solchen Elektrode aus, die durch einen Tastendruck unter Strom gesetzt werden kann, wird dieses Tier seine Zeit damit verbringen, diese Taste zu drücken, zu drücken und immer wieder zu drücken ... Es wird kein Gefühl mehr haben für Hunger oder Durst oder sonstige Dinge ... es wird sich selbst umbringen, wird diese Taste drücken, bis es vor Erschöpfung zusammenbricht, und es wird erwachen, um sich gleich darauf erneut mit der Taste zu beschäftigen.
Der ekstatische Stoß, der Boysie Gann durchfuhr, war etwas, das er sich niemals in seinem Leben erträumt hatte. Dieser
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