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Der Sternenhuter - Unter dem Weltenbaum 04

Der Sternenhuter - Unter dem Weltenbaum 04

Titel: Der Sternenhuter - Unter dem Weltenbaum 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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Prophezeiung geschrieben werden müßte. Eine
Schande eigentlich, daß Ihr sie mit Axis zu teilen habt.
Vielleicht verfasse ich eines Tages eine Weissagung für
Euch.«
Die junge Frau lachte. Der Mann hatte wirklich Charme und verstand sich darauf, die richtigen Worte zu wählen. Sie teilte die Prophezeiung mit Axis? »Warum sind
wir uns noch nie begegnet?«
Das Lächeln des Vogelmenschen verging ein wenig,
und ein trauriger Zug trat in seine Augen. »Ach, meine
Liebe, ich bin lange fort gewesen. Sehr, sehr weit fort.
Erst jüngst konnte ich zurückkehren. Deswegen habt Ihr
mich auch nicht früher zu Gesicht bekommen.«
Er trat einen Schritt näher. »Darf ich Euer Kind für einen Moment halten? Ein wirklich wunderschöner Säugling.«
Aschure zögerte und gestattete dann dem Zauberer,
Caelum zu nehmen, der sich nicht im geringsten dagegen
wehrte. Der Ikarier wiegte den Knaben und flüsterte ihm
etwas zu. Caelum reckte neugierig die kleinen Hände, um
das Gesicht des Fremden zu berühren. Seine Finger
drückten hier und strichen da, bis dieser lachte und ihn
Aschure zurückgab. »Alle Kleinkinder sind neugierig,
aber er wohl noch etwas mehr als die anderen. Ihr habt
einen prachtvollen Sohn, Aschure, so wie er eine wunderbare Mutter.«
Die junge Frau errötete lächelnd. Einen Moment später fiel ihr ein, daß der Fremde sich ihr noch nicht vorgestellt hatte. Sie öffnete den Mund, um ihn nach seinem
Namen zu fragen, aber da nahm er sie schon am Arm und
führte sie zur ersten Treppe, die sich spiralförmig bis in
die höchsten Höhen des Turms hinaufwand und auf ihrem Weg in Galerien, Balkonen und Kammern mündete.
»Ich wollte Euch doch zeigen, mit welchem Trick man
sich der Magie des Narrenturms bedienen kann.«
Aschure lächelte. Magie? Wie wunderbar es doch wäre, wenn dieser Zauberer ihr die Geheimnisse aufdeckte,
wie man sich in diesem Bauwerk zurechtfand.
»Mein liebes Kind«, begann er, als sie die unterste
Stufe erreichten, »der Trick ist ganz einfach. Wenn man
einfach aufs Geratewohl hier herumläuft, wird man sich,
wie Ihr ganz richtig vermutet, verirren. Deswegen muß
man sich entscheiden, wohin man will, bevor man die
Treppe besteigt. Dann führen einen die Stufen ganz von
selbst ans Ziel.«
Die junge Frau runzelte die Stirn. »Aber woher soll
ich denn wissen, wohin ich will, wenn ich überhaupt
nicht weiß, was dieser Turm bereithält?«
Der Vogelmann lachte gutgelaunt, und seine Hand
rutschte an ihrem Arm ein wenig höher. Seine Haut fühlte sich warm an, und die Berührung seiner Finger und
seiner Handfläche war weich wie Seide. Unwillkürlich
lehnte Aschure sich an ihn.
»Dazu müßt Ihr noch einiges lernen, meine Liebe«,
entgegnete er mit deutlich dunklerer Stimme, »sehr viel
sogar.« Er legte ihr einen Arm auf die Schulter, und seine
Finger streichelten ihren Hals. »Wo möchtet Ihr denn
gerne hin, Aschure? Was würdet Ihr am liebsten sehen?«
Sie lächelte verträumt. Die Berührung seiner Hand beruhigte sie, und sein sanfter Atem, der über ihren Hals
strich, schenkte ihr Frieden. »Ich würde gern vom Dach
des Turms einen Blick auf die Welt werfen«, flüsterte
sie. »Oh ja, ich möchte vom Narrenturm aus sehen, wie
die Sonne über Awarinheim aufgeht.«
»Na bitte«, lachte der Mann, und dieses Geräusch
brach den Zauber zwischen ihnen, »da habt Ihr ja doch
noch ein Ziel gefunden. Und Euch steht noch das ganze
Leben zur Verfügung, die Geheimnisse des Narrenturms
zu erforschen. Er wurde nämlich eigens für Euch erbaut,
Aschure. Ganz allein für Euch. Und bald wird Euch auch
wieder einfallen, wohin die Wege führen.«
Sie lächelte. »Ihr geht mit Euren Schmeicheleien entschieden zu weit, mein Herr. Wie könnte der Turm denn
für mich errichtet worden sein? Er steht doch schon seit
Tausenden von Jahren hier, und ich bin erst achtundzwanzig.«
»Nur für Euch«, flüsterte er, beugte sich langsam vor
und küßte sie auf den Mund. Ein tiefer, alle Sinne betörender Kuß, und Aschure hatte es auch gar nicht eilig
damit, ihn abzubrechen. Am Ende löste sich aber der
Ikarier als Erster.
Er lachte wieder. »Das hätte ich nicht tun dürfen, Aschure. Das war unrecht. Aber ich habe immer schon gern
Regeln und Gesetze gebrochen. Verzeiht mir bitte. Und
nun«, forderte er sie auf, »wenn Ihr wirklich den Sonnenaufgang über Awarinheim betrachten wollt, müßt Ihr
Euch auf den Weg machen. Denn er ist nicht mehr fern.«
Aschure folgte seiner Unterweisung, dachte an

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