Der Sternenhuter - Unter dem Weltenbaum 04
und verlangte,
daß die Achariten die Unaussprechlichen wieder in ihre
Ländereien einsetzten und sich mit ihnen verbündeten,
um gemeinsam die Invasoren aus dem Norden zu schlagen. Seit Wochen quälte er sich schon mit allen damit
zusammenhängenden Fragen. Und wenn er morgens
aufwachte, kamen neue Zweifel hinzu. Er wünschte,
Roland wäre noch hier, damit er sich mit ihm beraten
könnte.
»Wir jagen ihnen hinterher!« gebot der König jetzt
immer noch aufgebracht.
»Herr, nur das nicht!« riefen Gautier und Jorge wie
aus einem Mund.
Der Leutnant hob beschwörend die Hände. »Euer Majestät, es wäre viel zu gefährlich für uns, Axis nach Skarabost zu folgen!«
»Glaubt Ihr etwa, ich würde nicht einmal mit ein paar
elenden Bauern fertig? Oder wer sollte sich uns dort Eurer Meinung nach sonst in den Weg stellen?«
Gautier erbleichte. »Das habe ich nicht gemeint,
Herr.«
»Ich glaube«, meldete sich Jorge zu Wort, »daß Euer
Leutnant vielmehr darauf hinweisen wollte, daß der
Krieger einen Vorsprung von zwei Wochen hat. Und wir
wissen nicht, wo er sich aufhält. Skarabost ist riesig, und
womöglich würden wir Monate dort umherirren, ohne
auf die Rebellen zu stoßen.«
»Dann soll ich also einfach hier Däumchen drehen,
während Axis den ganzen Osten Achars erobert?«
»Herr«, begann Gautier und hatte Mühe, ruhig zu
bleiben. »Burdel steht mit sechstausend Mann im Süden
von Skarabost. Damit vermag er Axis gewiß nicht zu
überwältigen, sicher aber aufzuhalten. Und der Graf
könnte den Rebellen schwer zu schaffen machen, wenn
sie versuchen sollten, über die Farnberge in Arkness
einzudringen.«
»Wir könnten trotzdem nach Skarabost reiten«, gab
Bornheld scharf zurück. Seine Stimme klang mühsam
beherrscht, »und mit Burdel meinen Bruder in einer gemeinsamen Zangenbewegung stellen.«
»Die Provinz ist ziemlich groß«, gab der Leutnant zu
bedenken, »und wir wissen nicht genau, wo der Graf
steht. Nur selten bekommen wir Nachrichten von ihm.
Schlimmstenfalls würden wir ziellos durch Skarabost
reiten und weder den einen noch den anderen antreffen.«
»Und damit das Heer sinnlos ermüden, das doch dringend der Ruhe und Auffrischung bedarf«, fügte der Herzog hinzu.
»Aber wenn es Burdel nun nicht gelingt, Axis aufzuhalten?« murrte der König.
»Dann können wir immer noch auf Baron Greville von
Tarantaise und Baron Isgriff von Nor zurückgreifen, Euer
Majestät.«
Bornheld sah seinen Leutnant ungnädig an. »Den beiden ist genausowenig zu trauen wie Isgriffs Huren. Und
keiner von ihnen hat sich bislang als großer Feldherr
hervorgetan. Aber gleichwie, woher wißt Ihr eigentlich,
welche Route mein Bruder einschlägt? Hat er Euch vielleicht seinen Reiseplan vorgelegt?«
»Herr«, verteidigte sich Gautier, »im Grunde kann es
doch nur ein Ziel für ihn geben – Karlon.«
Diese Worte schlugen wie eine Bombe ein. Todesstille
folgten ihnen.
Gilbert erschrak zutiefst. Axis und seine artorverdammte Bande auf dem Weg zur Hauptstadt? Nur eine Kohorte
Axtschwinger stand am Turm des Seneschalls. Wer sollte
die Kirche vor den Gottlosen schützen? Und wie loyal
würden sich diese Axtschwinger erweisen, wenn sie sich
ihrem ehemaligen Axtherrn gegenübersahen?
»Karlon also …« Bornheld war vorher noch nie in den
Sinn gekommen, daß sein Feind irgendwann auf seine
Hauptstadt marschieren würde. Das würde er doch sicher
nicht wagen!
»Alles spricht dafür, daß Axis genau dorthin unterwegs ist«, fuhr Gautier fort. »Er geht davon aus, daß
Eure Truppen immer noch hier in Jervois gebunden sind.
Wenn es dem Krieger gelingt, die Hauptstadt einzunehmen, hat er damit unserer ganzen Sache einen schweren
Schlag versetzt. Damit könnte er uns endgültig in die
Knie zwingen. Aber er muß ja erst einmal dorthin kommen. Axis kann Karlon nur erreichen, wenn er seinen
Weg durch Skarabost, Arkness, Tarantaise und Nor
nimmt – also durch den ganzen Osten und Südosten.
Bevor die Rebellen sich also daran machen können, die
Hauptstadt zu erstürmen, müssen sie erst diese Provinzen
erobern. Kein Feldherr, der seinen Titel wert ist, läßt
unerledigte Dinge hinter sich, die ihm später schaden
könnten.«
Jorge ergänzte eindringlich: »Wenn Ihr aber Axis nach
Skarabost folgt und ihn womöglich nicht findet, wird er
aller Wahrscheinlichkeit nach die Hauptstadt vor Euch
erreichen. Sobald Ihr aber Karlon verloren habt, habt Ihr
auch Euer Königreich verloren. Am klügsten wäre es,
geradewegs zur
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