Der Sternenhuter - Unter dem Weltenbaum 04
verteidigen.
Zehn Schritte hinter dem Krieger saß Aschure auf Venator, ihre Blicke auf seinen Rücken geheftet.
Axis drehte sich zu ihr um und gab ihr und den Offizieren mit einem Zeichen zu verstehen, daß er allein zu
dem Anwesen reiten wolle.
Er trieb seinen Hengst den Hang hinunter und ließ ihn
dann in Schritt fallen, als er durch den parkartigen Garten
ritt. Die Blumen und Sträucher des Frühlings standen in
voller Blüte und umringten Bäume, die so beschnitten
waren, daß sie Mannshöhe nicht überschritten. Die
Kieswege waren sauber gepflegt, so als hätten die Gärtner sie gerade eben noch gerecht. Der Krieger ritt durch
ein schwarzes schmiedeeisernes Tor, stieg von Belaguez
ab und band ihn an ein Geländer an. Dann ging er zu Fuß
weiter, und der Wind ließ den roten Umhang hinter ihm
her flattern.
Als er die schattige Veranda erreichte und seine Stiefel
laut auf den Terrakottafliesen hallten, schwang die Eingangstür langsam auf. Eine Dame Ende zwanzig erschien, die ruhig wartete, bis er bei ihr war. Sie ähnelte
Faraday sehr, besaß deren grüne Augen und auch das
kastanienrote Haar.
Axis blieb vor der Tür stehen und suchte nach Worten.
Er hatte vorher nicht darüber nachgedacht, was er den
Bewohnern eigentlich sagen wollte – oder was ihn überhaupt an diesen Ort zog.
Die junge Frau lächelte ihn an, und er hätte meinen
können, Faraday stünde vor ihm. Das Herz des Kriegers
machte einen wilden Sprung. Wie hatte er nur ihr Lächeln vergessen können?
»Ich nehme an, Ihr seid Axis«, sagte sie mit leiser kultivierter Stimme. »Früher der Axtherr und jetzt jemand,
dessen Stellung ich kaum in Worte zu fassen vermag.«
Ihr Blick fiel auf seinen roten Umhang und das goldene
Sonnenemblem an seiner Brust. »Und Ihr kleidet Euch
viel farbenfroher als früher.«
Nun hielt sie ihm ihre Hand hin. »Willkommen in
Ilfracombe, Axis. Ich bin Annwin, Tochter des Grafen
Isend und Gemahlin des Fürsten Osmary. Ich hoffe doch
sehr, Ihr seid nicht gekommen, um mein Haus niederzubrennen.«
Der Krieger ergriff ihre Hand und küßte sie. »Dank
Euch für den Willkommensgruß, Annwin. Ich versichere
Euch, daß ich nicht erschienen bin, um Euch das Heim zu
nehmen. Ist Euer Vater zu sprechen?«
Wie merkwürdig, dachte Axis, daß wir beide so tun,
als handele es sich lediglich um einen Höflichkeitsbesuch. Beachtet bitte meine Armee nicht, Herrin, ich pflege sie nämlich überall hin mitzunehmen.
Annwin trat beiseite und bat ihn herein. Dann führte
sie ihn durch einen kühlen und dunklen Flur in den Empfangssalon, bot ihm Platz an und setzte sich ebenfalls.
»Zu meinem Bedauern muß ich Euch mitteilen, daß
mein Vater nicht zugegen ist. Der Graf hält sich zur Zeit
in Karlon auf.« Sie sah ihn halb neugierig, halb gelassen
an. »Bei meiner Schwester.«
Im Grunde freute sich der Krieger darüber, daß Isend
außer Hauses weilte. Er wußte nicht, ob er diesen weinerlichen Gecken jetzt ertragen hätte. Außerdem hatte Isend
mit Bornheld die Vermählung mit Faraday arrangiert und
seine Tochter dann dazu gedrängt. Und das alles nur zu
seinem eigenen Vorteil.
»Kennt Ihr zufällig meine Schwester?« fragte Annwin,
als würde sie Konversation betreiben. »Sie ist die Königin.«
»Ich bin Faraday vor achtzehn Monaten in der Hauptstadt begegnet. Damals begleitete sie mich und meine
Axtschwinger bis nach Tarantaise, wo sie uns aber durch
widrige Umstände abhanden kam.«
»Da wart Ihr aber sehr unachtsam.« Kälte sprach nun
aus ihrem Blick. »Faraday ist wie ein kostbarer Edelstein,
geliebt von ihrer ganzen Familie und dem Großteil der
Bewohner Skarabosts. Ihr scheint mir wohl kaum der
Mann zu sein, von dem die Fama kündet, wenn Ihr meiner Schwester so leicht verlustig geht.«
Nun hielt es auch Axis für geboten, etwas von seiner
Höflichkeit als Gast Abstand zu nehmen: »Edle Annwin,
außerhalb der friedlichen Mauern dieses Anwesens sind
Kräfte am Werk, von denen Ihr vielleicht nicht genug
versteht. Faraday wie auch ich gerieten in den Bannkreis
der Prophezeiung und sind seitdem nichts als ihre Spielbälle.«
Die junge Frau nickte ihm zu, um gerade soviel Anteilnahme anzudeuten, wie sie die Höflichkeit verlangte.
»Etwas später habe ich Eure Schwester in der Stadt
Gorken wiedergetroffen. Ein unwirtlicher Ort, den allein
ihre Anwesenheit verschönte. Ein Ort, vor dessen Mauern eine Armee von Skrälingen auf uns lauerte, der wir
nur mit ihrer Hilfe entkommen konnten.«
»Ich habe
Weitere Kostenlose Bücher