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Der Sternenkavalier

Titel: Der Sternenkavalier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Branstner
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Wesen.“ Da die Geomanen während dieser Betrachtungen den Schritt verhalten hatten, mußten sie sich beeilen, um den unbekümmert vorausgehenden Roboter einzuholen. Und da der Weg jetzt steil anstieg, hatte As alle Mühe und geriet wieder einmal in Schweiß. Er verfluchte sein Schicksal, wischte sich die Stirn und stieß gegen den Roboter, der unverhofft stehengeblieben war. 

    „Ich bitte, hier zu warten“, sagte der Roboter, drehte sich auf dem Absatz um und schritt davon.
    Eto und As blickten ihm nach und sahen ihn in einem Wäldchen verschwinden, aus dem nach kurzem statt des Roboters, der immerhin den Geomanen ähnliche körperliche Proportionen hatte, ein ganz unwahrscheinliches Wesen hervortrat. Es war mindestens drei Meter hoch, aber ungemein dünn, und schien aus nichts als aus Kartoffelkeimen zu bestehen. Arme und Beine waren kaum mehr als drei Zentimeter dick, der Leib etwa acht Zentimeter, und auch der Kopf schien nur eine geringfügige Verdickung des langen und ebenfalls wie ein Kartoffelkeim aussehenden Halses zu sein. Selbst die Kopfhaare strebten wie feine, bleiche Kartoffelkeime in die Höhe.
    „Und so was läuft auch noch nackt herum“, sagte As, hockte seinen Rucksack ab und setzte sich darauf.
    Auch Eto empfand diese Erscheinung als einen eklatanten Verstoß gegen die Ästhetik, stützte das Kinn in die Hand und sann darüber nach.
    Indessen war das Kartoffelgespenst, wie As es insgeheim nannte, herangekommen. 

    „Wer seid ihr?“ fragte es.
    „Wer zuerst den Mund aufmacht, stellt sich auch als erster vor“, sagte As, „das ist so Sitte.“
    Das Kartoffelgespenst schlenkerte aufgeregt mit seinen bleichen Gliedmaßen und sagte: „Ich bin der Erste Hüter.“
    „Und wir sind zwei Geomanen“, erklärte As, „und machen eine ästhetische Inspektionsreise. Und was machst du, ich meine, als Erster Hüter?“
    „Ich hüte das Tabu.“
    „Tabu?“ fragte As. „Heißen bei euch die Ziegen so? Was sonst sollte man hüten?“ Der Erste Hüter schlenkerte wieder aufgeregt mit den Gliedmaßen und rief mit hoher Stimme: „Das Tabu ist ein unantastbares Verbot!“
    „Also keine Ziege“, sagte As ungerührt. „Und was verbietet das Verbot?“
    „Das Innere dieses Planeten zu verlassen oder zu betreten.“
    „Und weshalb hat der Roboter uns dann hierhergeführt, wenn es verboten ist?“ fragte As.
    „Um euch der Bestrafung auszuliefern.“
    As blickte das Kartoffelgespenst von oben bis unten an, was eine Weile brauchte, und fragte dann: „Wie wird man denn hier so bestraft?“
    „Mit dem Tode.“
    „Na, na“, meinte As, „das ist doch wohl nicht dein Ernst.“
    Da As dieses Wesen nun einmal als Kartoffelgespenst tituliert hatte, war er in Wahrheit außerstande, die Drohung ernst zu nehmen. Dagegen verspürte er auf einmal einen gesunden Hunger und verlangte nachdrücklich etwas zu essen. Das Kartoffelgespenst wußte offensichtlich nicht, wie es sich zu dieser Forderung stellen sollte. Die Geomanen waren die ersten Besucher, die das Tabu überschritten und das Innere des Planeten betreten hatten; daher waren dessen Insassen in der Handhabung des Tabus gänzlich ungeübt und wußten nicht, ob die Delinquenten vor der Exekution etwas zu essen erhalten durften oder nicht. Da das Tabu aus einer Zeit stammte, an die sich keiner mehr erinnern konnte, wußten sie nicht einmal, daß es ursprünglich allein den Zweck gehabt hatte, die Einwohner dieses Stern vom Betreten seiner Außenseite, von wo sie unweigerlich davonfliegen würden, abzuhalten. Und nur in diesem Sinne hatte ein Übertreten des Tabus etwas mit dem Tode zu tun. Im Laufe der Zeit war dieser Sinn völlig verlorengegangen, und der Tod galt nicht mehr als Folge, sondern als Strafe für die Übertretung des Tabus, und nun nicht mehr nur für das Verlassen, sondern auch für das Betreten des Planeteninneren. Aber von alldem wußte der Erste Hüter nichts, und daher wußte er auch nicht, ob er den beiden Sternenreisenden etwas zu essen geben durfte. Da er jedoch das außerordentliche Vorkommnis ohnehin dem Obersten Hüter melden mußte, sagte er: „Ich führe euch zum Obersten Hüter, der wird über alles entscheiden.“ „Du bist mir ein komischer Hüter“, sagte As, „wenn du nicht mal weißt, ob du uns was zu essen geben darfst.“
    Das Kartoffelgespenst schlenkerte mit den Gliedmaßen, sagte aber nichts, sondern schritt auf ein anderes Wäldchen zu. Eto und As folgten ihm. Als sie das Wäldchen erreicht hatten, befahl

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