Der Sternenkavalier
Augen, blickte sich um und wollte sich, als er seine Gefährten noch schlafend fand, wieder niederlegen.
„Nichts da!“ rief As. „Wir haben einige Fragen an dich, und die Höflichkeit gebietet es, darauf zu antworten.“
„Ihr seid wohl fremd hier?“ meinte der Rosige.
„Das ist richtig“, erklärte As, „und wir hätten gern euer Land kennengelernt. Könntest du uns behilflich sein?“
„Als was?“
„Als Führer.“
„Wohin?“
„Dorthin, wo ihr lebt, wo ihr wohnt.“ „Da seid ihr doch bereits.“
„Wie“, rief As erstaunt, „da sind wir bereits? Ich sehe aber nichts, kein Haus, keine Stadt, keine Fabrik!“
„Das alles hatten wir einmal“, erklärte der Rosige, „aber sobald wir erkannten, daß es sich ohne das alles besser lebt, haben wir den ganzen Unsinn abgeschafft und leben jetzt so, wie du uns siehst.“
„Das vereinfacht zwar die Sache“, meinte As, „denn in dem Falle sind wir an Ort und Stelle und brauchen uns nicht die Füße zu vertreten, aber es wirft auch die Frage auf, was das für eine Art von Leben ist.“
„Es ist von eben der Art, wie ihr es seht“, sagte der Mann. „Wir haben, wie die Menschen auf anderen Sternen auch, die verschiedenen Formen der gesellschaftlichen Entwicklung durchlaufen und herausgefunden, daß all diesen Formen eines gemeinsam ist, nämlich daß die natürlichen Bedürfnisse des Menschen mehr und mehr verlorengehen und die durch die Produktion geweckten künstlichen an ihre Stelle treten. Und je schneller die Produktion steigt, desto mehr künstliche Bedürfnisse ruft sie hervor. Da aber die Produktion in sich keine Grenze hat, steigert sie auch diese Bedürfnisse ins grenzenlose, wodurch sie uns völlig von sich abhängig macht: Sie allein und nicht mehr der Mensch bestimmt, wessen der Mensch bedarf. Um diesem Teufelskreis zu entkommen und wieder zu uns selbst zu finden, haben wir eine Radikalkur gemacht und die Produktion ein für allemal eingestellt. Übriggelassen wurden nur einige Automaten, die uns die für unsere Bekleidung nötigen Tücher herstellen. Wie ihr seht, genügt es völlig, sich solch ein Tuch um den Leib zu schlingen, um ordentlich gekleidet zu sein, wobei jeder das Tuch nach seinem persönlichen Geschmack umlegen kann.“
„Es genügt in der Tat“, stellte Eto, sich in das Gespräch einschaltend, fest, „und überdies sieht es sehr malerisch aus. Der Mensch benötigt aber nicht nur Kleidung, er muß doch auch wohnen und essen.“
„Wir haben ein günstiges Klima und wohnen in der Natur“, erklärte der Rosige, „und auch unsere Nahrung liefert uns die Natur; sie ist reich an Früchten, und das Fleisch läuft uns geradezu in die Arme, so viele Tiere gibt es hier.“
„Das mag alles sein“, sagte Eto, „aber womit beschäftigt ihr euch den lieben langen Tag, wenn ihr nicht arbeitet? Der Mensch muß sich doch mit irgendwas beschäftigen.“
„Wir beschäftigen uns mit uns selbst“, erklärte der Rosige. „Der interessanteste Gegenstand für den Menschen ist allein der Mensch.“
„Auch der untätige Mensch?“
„Indem wir uns mit uns selbst beschäftigen, sind wir nicht untätig; und indem wir nicht mehr arbeiten, haben wir endlich die Zeit, uns mit uns selbst zu beschäftigen.“
„Das“, sagte jetzt As, „überzeugt mich, denn das ist logisch.“
„Tautologien sind immer logisch“, wandte Eto ein, „deshalb sind sie aber nicht weniger Tautologien.“
As kraulte sich hinterm Ohr. „Was machen wir da? Der Logik ist schwer beizukommen, auch wenn sie tautologisch ist.“ „Unser früheres Leben“, schaltete sich der Rosige wieder ein, „das war wirklich eine ungeheure Tautologie. Indem wir mit unseren Bedürfnissen ständig der Produktion folgten, trieben wir diese ständig weiter. Die erhöhte Produktion brachte erhöhte Bedürfnisse, und die erhöhten Bedürfnisse verlangten eine erhöhte Produktion. Wir hätten uns zu Tode gelaufen, hätten wir nicht Schluß damit gemacht.“
„Wenn es so war“, gestand Eto zu, „dann war es tatsächlich eine Tautologie. Ihr seid ihr aber nur entkommen, um in die umgekehrte zu geraten: Um als Menschen nicht zu überdrehen, habt ihr euch auf den Stand des Tiers zurückgeschraubt.“
„Und wenn wir auch wie die Tiere lebten“, erklärte der Rosige, „so hätten wir doch, im Unterschied zu diesen, das Bewußtsein dieses Lebens und also auch den Genuß davon. Das tierische Leben ist das unverdorbene, unverkrüppelte, ungebundene und also freie
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