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Der Sternenkavalier

Titel: Der Sternenkavalier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Branstner
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Leben; nur haben die Tiere nichts davon, denn sie haben kein Bewußtsein davon. Frei wie der Vogel zu sein, kann sich nur der Mensch wünschen, und nur er kann diese Freiheit, wenn er sie erlangt hat, bewußt genießen. Und wenn er sich darin glücklich und zufrieden befindet, wer hätte da das Recht, ihm darum Vorwürfe zu machen oder gar verächtlich auf ihn herabzublicken?“
    „Niemand“, rief As entschieden, „niemand hat das Recht dazu! Und am wenigsten, wer besinnungslos dem fehlerhaften Kreislauf der Produktion nachrennt. Mir jedenfalls könnte ein Leben wir das eure ganz ausnehmend gut gefallen; und wenn mich nichts daran hinderte“, fuhr As mit einem Seitenblick auf Eto fort, „möchte ich mein restliches Leben auf diesem Stern verbringen.“
    „Ich bezweifle“, wandte Eto ein, „daß das Bewußtsein, wie ein Tier zu leben, glücklich macht. Und noch mehr bezweifle ich, daß ein Mensch, der wie ein Tier lebt, auf die Dauer bei Bewußtsein bleibt.“
    „Diese Zweifel sind nur berechtigt“, versetzte der Rosige, „wenn wir vom Leben wie die Tiere im abfälligen Sinne reden. In unserem Sinne ist es dem Leben des in unglückselige Abhängigkeit geratenen Menschen jedenfalls vorzuziehen. Überdies leben wir in Wirklichkeit nicht wie die Tiere. Wir haben uns nur aus der Sklaverei der Produktion und damit der eingebildeten Bedürfnisse befreit und auf diese Weise die wirklich menschlichen Bedürfnisse wiederentdeckt. Wir unterliegen keinem äußeren Zwang mehr und können uns unsere Zeit nach Belieben einteilen, so wie wir das für die Beschäftigung mit uns selbst für richtig halten.“
    „Und worin besteht diese Beschäftigung mit euch selbst?“ fragte Eto.
    „Wir üben uns darin, uns gegenseitig auf uns selber einzuspielen“, gab der Rosige Auskunft. „Wir tanzen viel, um unsere körperlichen Bewegungen aufeinander abzustimmen; wir unterhalten uns viel, um unser Denken und Fühlen zu ergründen und es aufeinander abzustimmen, aber auch, um die Fähigkeit, einander zuhören zu können, zu vervollkommnen. Infolge dieser Übungen haben wir es so weit gebracht, daß der einzelne in der Lage ist, zu verstehen, was zehn andere zur gleichen Zeit sagen.“
    „Das ist erstaunlich“, erkannte Eto an, „und ich finde darin die Erklärung für eine bei unserem Eintreffen gemachte Beobachtung. Überdies klingt solch eine Unterhaltung, obwohl doch alle auf einmal reden, sehr melodisch.“
    „Wenn sie nicht melodisch wäre, könnten wir nicht verstehen, was der einzelne sagt“, erklärte der Rosige. „Wie ein geübter Musiker selbst aus einem großen Orchester jedes einzelne Instrument heraushört und seine Sprache versteht, so verstehen auch wir jede einzelne Stimme, aber eben nur dann, wenn sie ihre Spezifik hat und zugleich mit den anderen zu einem harmonischen Ganzen zusammenklingt.“
    „Wie bei einer gemeinsamen Improvisation mehrerer Musiker“, meinte Eto.
    „So ist es“, bestätigte der Rosige, „und auch in allem anderen ist es so. Stets üben wir uns darin, die Eigenarten der einzelnen auszubilden und zum Zusammenspiel zu bringen, wobei der Improvisation keine Grenze außer der der Harmonie gesetzt ist.“

    „Das klingt alles sehr schön“, meinte Eto, „und doch stimmt da irgend etwas nicht. Und ich werde auch dahinterkommen, was da nicht stimmt.“
    Doch vorerst hatte er dazu keine Gelegenheit, denn die übrigen Rosigen wachten auf, rieben sich den Schlaf aus den Augen und hielten Rat darüber, was mit dem restlichen Tag anzustellen sei.
    Da die Gesellschaft auch jetzt noch immer keine Notiz von den beiden Geomanen nahm, erkundigte sich Eto bei ihrem Gesprächspartner nach dem Grunde dieser Unhöflichkeit.
    „Das ist in Wirklichkeit Ausdruck der absoluten Höflichkeit“, erklärte er. „Bei uns kann jeder tun, was er will. Also ist es überflüssig, ihn zu irgend etwas aufzufordern, wir würden das sogar als eine Nötigung empfinden. Als ihr euch bei eurer Ankunft nicht an unserer Unterhaltung beteiligtet, obwohl euch das völlig freistand, mußten wir annehmen, daß ihr keine Lust dazu hattet. Also haben wir euch in Ruhe gelassen.“ „Wenigstens“, meinte Eto, „hättet ihr uns willkommen heißen können.“
    „Auch das wäre eine Unhöflichkeit gewesen“, entgegnete der Mann, „weil es eine Heuchelei gewesen wäre. Da wir euch nicht kannten, konnten wir doch gar nicht wissen, ob ihr uns willkommen seid. Wir wollten euch die Peinlichkeit ersparen, mit einer Heuchelei

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