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Der Sternenkavalier

Titel: Der Sternenkavalier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Branstner
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gewünscht hatte, fragte Eto, wo das Heliokopterwerk zu finden sei. Der Wanderbursche wies in die Richtung, aus der er gekommen war.
    „Sie müssen nur immer diese Straße entlanggehen“, sagte er, „dann können Sie es nicht verfehlen.“
    Das war Eto gerade recht. Wenn es unmöglich war, das Ziel zu verfehlen, und es überdies in der Richtung lag, aus der der Fremde gerade kam, mußte es ihm als eine unnötige Zumutung erscheinen, die beiden dorthin zu führen. Doch als Eto ihn darum bat, erklärte er sich in der freundlichsten Art dazu bereit und begab sich auch sogleich mit den Geomanen auf den Weg.
    Vermutlich, dachte As, ist er wirklich ein Wanderbursche, dem eine Unterhaltung mit anderen Leuten wichtiger ist als die Richtung, die er einschlägt.
    Um ihm auf den Zahn zu fühlen, fragte As: „Du hattest wohl gerade nichts Bestimmtes vor, daß du dir die Zeit nimmst, uns den Weg zu zeigen?“
    „Etwas Bestimmtes schon“, entgegnete der andere, „aber nichts Wichtigeres.”
    „Uns den Weg zu zeigen ist nicht gerade wichtig“, meinte As, „wir würden ihn wohl auch allein finden.“
    „Ihr hattet mich darum gebeten“, erklärte der Wanderbursche, „und eine Bitte zu erfüllen geht allem anderen vor. Ihr seid nicht von hier, sonst wüßtet ihr das.“

    „Wir kommen von der Geo“, sagte As, „das ist einige Himmel weit weg, da kommt einem manches hier ungewohnt vor — oder unglaublich.“
    „Daß wir einmal so sein könnten, wie wir heute sind, kam uns vor Zeiten selber unglaublich vor“, sagte der Wanderbursche. „Um dahin zu gelangen, mußte die ganze Gesellschaft umgestaltet werden. Und da das ein ungeheuer komplizierter Prozeß war, meinten wir, daß auch das Ergebnis ungeheuer kompliziert sein müsse. Als dann etwas ganz Einfaches herauskam, nämlich der verläßliche Mensch, waren wir geradezu enttäuscht. Aber dann begriffen wir, daß das ganz in Ordnung ist. Um einen einzelnen verläßlichen Menschen zu finden, beispielsweise einen treuen Freund, bedarf es keiner bestimmten gesellschaftlichen Verhältnisse; um aber dahin zu kommen, daß sich jeder auf jeden wie auf einen Freund verlassen kann, müssen unzählige tiefgreifende gesellschaftliche Voraussetzungen geschaffen werden. Da ist es nur natürlich, daß man über all den Voraussetzungen übersieht, worauf es eigentlich ankommt.“
    „Aber jetzt“, vergewisserte sich As, „seid ihr davon überzeugt, daß es allein auf die Verläßlichkeit ankommt.“
    „Nicht allein, aber vor allem.“
    „Und was kommt danach?“
    „Die Freude am Leben. Die Verläßlichkeit, einmal allgemein geworden, verschafft das Gefühl der Geborgenheit, der Sicherheit und der inneren Ruhe, was ganz natürlich dazu führt, sich des Lebens zu freuen und die Lebensfreude zum obersten Ziel der Lebenskunst zu machen.“
    „Wie ich feststelle“, schaltete sich jetzt Eto in das Gespräch ein, „ist auf diesem Stern alles in ein schlüssiges und zugleich einfaches, weil übersichtliches System gebracht; da hat alles seinen Platz und seine Zuordnung. Und jeder, wer er auch sei, kennt sich darin aus und kann in wohlgesetzten Worten darüber reden.“
    Selbst die Wanderburschen, dachte As bei sich, scheinen hier wissenschaftlich gebildet zu sein und reden wie die Weltweisen.
    Eben jetzt kamen den Geomanen und ihrem Führer einige Leute entgegen, von denen sie freundlich gegrüßt wurden, wobei As den Eindruck hatte, daß der Wanderbursche mit besonderer Achtung bedacht wurde. Womöglich, argwöhnte As, ist er gar kein Wanderbursche, sondern so was wie ein verkleideter Prinz, der sich einen Spaß daraus macht, denen, die ihn nicht kennen, etwas vorzumachen und sie an der Nase herumzuführen. Sobald sie an dem Heliokopterwerk anlangten, wurde As in seinem Argwohn noch bestärkt, denn als der vermeintliche Wanderbursche sie in das Gebäude führte, das wie ein aus dem Märchen stammender Glaspalast aussah, wurde er auch hier von allen Seiten wie ein hochgeachteter Mann gegrüßt. Und als er die Geomanen ihrem Wunsche entsprechend zu dem Großvater und Professor der Phantasie gebracht hatte, machte auch dieser aus seiner Verehrung kein Hehl und beglückwünschte Eto und As zu dem glücklichen Zufall, diesem Manne begegnet zu sein.
    „Und mit wem“, fragte Eto, „haben wir nun in Wahrheit die Ehre?“
    „Mit dem Ersten der Phantasie“, erklärte der Großvater. „Und als der gehört er im Verein mit dem Ersten der Logik und dem Ersten der Lebenskunst, übrigens

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