Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sternenwald

Der Sternenwald

Titel: Der Sternenwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin J. Anderson
Vom Netzwerk:
Cesca wusste Rat und Weisheit ihrer Vorgängerin noch immer zu schätzen.
    Nach ihrer Rückkehr von Osquivel stattete Cesca der Alten einen Besuch ab, mit schwerem Herzen und aufgewühlten Gedanken. Es blieb ihr gar nichts anderes übrig, als ganz offen über ihre Gefühle und Zweifel zu sprechen, in der Hoffnung, dass Jhy Okiah helfen konnte.
    Seit sie sich in den Ruhestand zurückgezogen hatte, schien die frühere Sprecherin jünger geworden zu sein. Die Augen wirkten lebhafter und das graugelbe Haar glänzte wieder. Über viele Jahre hinweg war Jhy Okiah Friedensstifterin und Sprecherin gewesen und der damit einhergehende Stress hatte sie ausgelaugt. Aber nachdem sie die Zügel jemand anders übergeben hatte, wirkte die alte Frau vitaler als zuvor. Sie begrüßte Cesca mit einem aufrichtigen Lächeln.
    »Willkommen, Kind.« In ihren von Falten umgebenen Augen funkelte es. »Oder möchtest du, dass ich respektvoller bin, wenn ich mit unserer verehrten Sprecherin rede?«
    »Mir gegenüber brauchst du nie förmlich zu sein. Ich habe auch ohne diesen Unsinn genug Sorgen.«
    »Die Diplomatie ist kein Unsinn! Habe ich eine falsche Entscheidung getroffen, als ich dich zu meiner Nachfolgerin wählte?«
    Cesca nahm in einem Schlaufensessel Platz, der mit bunten Fäden in der Art einer Roamer-Kette geschmückt war. »Wenn du jemand anders gewählt hättest, wäre mein Leben viel einfacher, Jhy Okiah.«
    Die Alte griff nach einer Karaffe und schenkte Pfefferblumentee ein. »Wir wissen beide, dass die Roamer unter deiner Führung die beste Überlebenschance haben. Ich vertraue deinem Leitstern.« Sie lächelte wehmütig. »Mein Enkel Berndt dachte einmal, er hätte das Amt des Sprechers allein aufgrund seiner Abstammung verdient. Er war laut und großmäulig, aber schließlich lernte er. Er fand seinen Platz als Chief einer Himmelsmine und leistete ausgezeichnete Arbeit – bis die Hydroger ihn umbrachten.«
    Den Bewegungen der früheren Sprecherin hafteten Eleganz und Würde an. Cesca trank den würzigen Pfefferblumentee und dachte daran, dass es Bram Tamblyns Lieblingsgetränk gewesen war. Jetzt erinnerte der Geschmack sie an Jess und wieder wurde ihr das Herz schwer.
    Was Jhy Okiah natürlich nicht entging. »Nun, Kind, entweder sind deine Pflichten als Sprecherin leichter, als meine es waren, und du hast nichts Besseres zu tun, als ein wenig mit einer alten Frau im Ruhestand zu plaudern… Oder du stehst vor einem Problem und glaubst, ich könnte dir eine magische Löschung anbieten.«
    »Ich fürchte, eine einfache Lösung gibt es nicht«, erwiderte Cesca.
    Jhy Okiah ließ sich zu einem sehr unbequem wirkenden Lotossitz nieder und lauschte. Cesca holte tief Luft, sammelte Kraft und begann zu erzählen. Sie erwähnte Reynalds Heiratsantrag und die Gründe, die den jungen Mann veranlassten, ein Bündnis zwischen Theronen und Roamern anzustreben. Sie besann sich auf ihre politische Ausbildung und versuchte, alles ruhig und neutral vorzutragen.
    Jhy Okiah erkannte die Bemühungen der jungen Frau – immerhin war sie es gewesen, die ihr diese rhetorische Technik beigebracht hatte. »Na schön, du siehst also politische Klugheit in einer Ehe mit Reynald. Kein Clan könnte Einwände gegen ein solches Bündnis erheben und Ross Tamblyn ist seit fast sechs Jahren tot. Wo liegt das Problem? Hat das Oberhaupt von Theroc ein dunkles Geheimnis? Findest du Reynald in irgendeiner Hinsicht ungeeignet?«
    Cesca blickte auf ihren Tee hinab. »Nein, nein, ich glaube, Reynald wäre ein guter Ehemann. Es gibt kein vernünftiges Argument, das gegen ihn spricht…« Normalerweise verstand sie es besser, ihre Gefühle zu verbergen – für die Sprecherin eine politische Notwendigkeit. »Um ganz ehrlich zu sein: Mein Herz hat immer jemand anders gehört, auch… vorher.«
    Dieser Hinweis schien Jhy Okiah nicht zu überraschen. Sie nickte. »Und was hält Jess Tamblyn von dem Heiratsantrag?«
    »Woher weißt du das? Jess und ich…«
    Die Alte lachte leise und lehnte sich zurück. »Cesca Peroni, ich wusste praktisch von Anfang an, wen du liebst, und ich schätze, das gilt für die meisten Roamer-Clans. Wir fanden es recht bewundernswert, wie sehr ihr beide versucht habt, euch auf die Pflicht zu konzentrieren und den Anschein zu erwecken, überhaupt nicht aneinander interessiert zu sein. Hast du etwa geglaubt, dass wir alle blind sind?«
    Cesca brauchte einige Sekunden, um das zu verarbeiten. »Sollten Jess und ich die Maske fallen lassen? In

Weitere Kostenlose Bücher