Der Sternenwald
»Irgendwelche Schäden beim Feind?«
»Nicht ein verdammter Kratzer! Wir können von Glück sagen, dass es den Drogern vor allem darum geht, aus Bäumen Kleinholz zu machen. An uns sind sie kaum interessiert.«
Hunderte von Kolonisten befanden sich bereits an Bord von Tasias Schiff. Viele waren von Freunden und Familienangehörigen getrennt, aber darum konnten sie sich später kümmern. Draußen erklangen nicht nur die Stimmen der Flüchtlinge – Tasia hörte auch ein dumpfes Donnern und Zischen, das von den näher kommenden Kugelschiffen stammte.
Admiral Willis setzte sich erneut mit dem Manta-Kreuzer in Verbindung. »Commander Tamblyn, wie ist der Evakuierungsstatus von Siedlung D?«
»Ich habe die meisten Flüchtlinge an Bord, aber sie füllen alle Ecken und Winkel.«
»Gute Arbeit, Tamblyn«, sagte Willis. »Wenigstens einer von uns bringt etwas zustande.«
Offenbar war der Admiralin noch nicht klar geworden, was Tasia bereits wusste. »Ma’am, wir können diese Leute in Sicherheit bringen, aber… Sehen Sie sich die Karte an. Die Hydroger gehen methodisch vor und scheinen zu beabsichtigen, den ganzen Kontinent zu verheeren, Zentimeter für Zentimeter!«
»Also schaffen Sie die Leute fort!«
»Genau das habe ich vor, Admiral. Ich kann die meisten Bewohner der Siedlung D wegbringen, bevor die Hydroger hier sind, aber es gibt noch fünfzehn andere Siedlungen, mit insgesamt etwa hunderttausend Kolonisten. Wenn die Droger ihre Angriffe wie bisher fortsetzen, geraten sie alle in Gefahr. Es wird zu enorm hohen Verlusten kommen, wenn wir nicht alle unsere Ressourcen – und ich meine wirklich hundert Prozent – für die Rettung der Siedler einsetzen.«
Tasia bekam unerwartete Unterstützung von Fitzpatrick. »So ungern ich das auch zugebe, Admiral, aber Tamblyn hat Recht.« Er erschien auf dem Kom-Schirm und wirkte recht mitgenommen. Sein Kreuzer war beim Kampf gegen die Hydroger beschädigt worden. »Wenn man die Dinge aus einem politischen Blickwinkel sieht… Sie möchten wohl kaum das Kommando über eine Mission haben, bei der die meisten Todesopfer in der Geschichte der Menschheit zu beklagen sind.«
Willis verzog das Gesicht. »Ob wir uns auf die Defensive beschränken oder offensiv vorgehen – offenbar können wir nicht viel gegen die Droger ausrichten.«
Tasia schloss den akustischen Kanal und rief ihrer Crew zu: »Wie sieht’s aus? Sind alle an Bord?«
»Es fehlen nur noch einige Nachzügler, Commander.«
Der Ort am See wirkte wie ausgestorben. Hier und dort leckten kleine Flammen aus den Trümmern des zerstörten Lagerhauses. Einige Männer und Frauen lagen auf dem Boden, zu Tode getrampelt oder verletzt. »Ein letzter Aufruf«, sagte Tasia. »Und dann verschwinden wir von hier.«
Hinter ihnen näherten sich die Kugelschiffe und ihre Kältewellen mähten den Wald nieder.
»An alle, den Gegenangriff abbrechen!«, befahl Willis schließlich. »Fliegen Sie zu den Siedlungen und beginnen Sie mit der Totalevakuierung von Boone’s Crossing.«
»Commander Tamblyn, wir haben etwa zweitausendvierhundert Siedler gerettet«, sagte Sergeant Zizu. »Eine genaue Zählung nehmen wir später vor, aber es sind über fünfzig Prozent der Bevölkerung von Siedlung D.«
Tasia erschrak. Nur die Hälfte …
Der Sicherheitsoffizier bemerkte ihren Gesichtsausdruck. »Mehr ließ sich unter diesen Umständen nicht bewerkstelligen. Viele Arbeitsgruppen befinden sich im Wald und konnten nicht rechtzeitig zurückkehren.«
Tasia sah auf die Karte, die ihr den Kontinent und einen großen Ozean zeigte. Sie kannte die Frachtkapazität des Moloch Jupiter sowie der übrigen Kreuzer und rechnete schnell.
Die TVF-Schiffe konnten nicht alle Bewohner von Boone’s Crossing aufnehmen.
47 CESCA PERONI
Der zentrale Komplex von Rendezvous bestand aus mehreren Asteroiden, zusammengehalten von Schwerkraft und speziellen Konstruktionen. Träger und Kabel stabilisierten den Asteroidenhaufen in der Umlaufbahn eines granatroten Zwergsterns. Im Lauf von zwei-hundertsiebenunddreißig Jahren war dieser Ort zum Zentrum der Roamer-Zivilisation geworden. Clan-Versammlungen fanden hier statt. Händler kamen und gingen.
Als Sprecherin wohnte Cesca Peroni in Rendezvous; sie trat als Vermittlerin zwischen Familien und geschäftlichen Konkurrenten auf. Ihr Vater, der Händler Denn Peroni, hatte sie als Mädchen an diesem Ort zurückgelassen, damit sie Politik und Diplomatie kennen lernte. Jhy Okiah war wie eine Mutter für sie gewesen;
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