Der Sternenwald
gleichen Fehler machen wie er.
Rlinda begann damit, eine Waffe bei sich zu führen, nach Schritten oder dem Klacken von Klauen zu lauschen. Sie dachte an die verstümmelte Leiche des grünen Priesters, die zerfetzten Weltbäume und an den gewaltsamen Tod von Louis Colicos. Rheindic Co mochte leer erscheinen, aber etwas hatte hier zwei Menschen getötet.
Als Davlin fort blieb und nichts Unheilvolles geschah, waren die Ruinen nicht mehr gespenstisch, sondern langweilig. Dies hatte sich Rlinda nicht vorgestellt, damals, bei der Gründung ihrer Handelsgesellschaft, die schließlich auf fünf Schiffe angewachsen war.
Sie werkelte im Lager herum, bis es nichts mehr zu tun gab. An Bord der Unersättlichen Neugier gab es Vorräte und genug Treibstoff – sie konnte jederzeit aufbrechen. Aber Rlinda brachte es nicht fertig, Davlin Lotze einfach so im Stich zu lassen. Angenommen, er kehrte durchs Transportal zurück, voller erstaunlicher Entdeckungen und mit all den Antworten, die der Vorsitzende Wenzeslas brauchte – um dann festzustellen, dass die Neugier fortgeflogen war. Rlinda beschloss zu warten.
Und sie wartete.
Davlin hatte voreilig gehandelt und sich dadurch in Schwierigkeiten gebracht. Rlinda bedauerte, in den Momenten vor seinem Verschwinden nicht besser aufgepasst zu haben… Sie wollte auf keinen Fall an den fremden Maschinen herumhantieren und versuchen, Lotze zu folgen. Sie würde auf Rheindic Co bleiben und darüber nachdenken, was es zu tun galt. Sie beabsichtigte nicht, einfach nur dazusitzen und ins Leere zu starren, aber… Was konnte sie auf Rheindic Co unternehmen?
Sie fühlte untypisches Selbstmitleid. Vor sechs Jahren, bevor die Hydroger erschienen waren, hätte sie nie gedacht, einmal so tief zu fallen. So etwas schien kaum möglich zu sein, es sei denn, man glaubte an Unsinn in der Art von »eine Laune des Schicksals«. Zuerst war die Große Erwartungen von Rand Sorengaards Piraten zerstört worden und wenig später hatte die TVF die meisten ihrer anderen Schiffe requiriert. Nur die Unersättliche Neugier war ihr geblieben.
Vielleicht sollte sie sich hier niederlassen und Schadensbegrenzung betreiben. Niemand würde sie auf Rheindic Co behelligen – oder ihr Gesellschaft leisten. Die Nachteile schienen die Vorteile zu überwiegen.
Rlinda betrat die Kombüse der Neugier und ging ihre Vorräte durch. Der größte Teil des Proviants bestand aus gewöhnlichen Nahrungsrationen, bei denen der Nährwert eine größere Rolle spielte als der Geschmack. Sie öffnete einige von ihnen, stöberte dann in ihrem privaten Lager und holte schwarze Schokolade sowie eine Flasche ihres Lieblingsweins.
Anschließend kombinierte sie einige ihrer persönlichen Köstlichkeiten mit besonderen Gewürzen. Sie ging sehr verschwenderisch mit den Ingredienzien um, aber Rlinda hatte entschieden, diesmal keinen Aufwand zu scheuen. Sie verwendete nur einen Spritzer des Weins für die Soße des zarten Lammbratens. Nudeln mit Pesto, leckere Pilze… und zum Nachtisch Honig-und-Nuss-Gebäck mit Schokolade.
Rlinda stellte draußen einen kleinen Tisch auf, mit Tischdecke und einem einzelnen Stuhl. Sie füllte ein großes Glas mit Wein von New Portugal und schenkte dem Durcheinander, das sie in der Kombüse des Schiffes zurückgelassen hatte, keine Beachtung. Aufräumen konnte sie später – wenn nichts Unvorhergesehenes geschah, stand ihr jede Menge Zeit zur Verfügung. Sie setzte sich, schloss die Augen und genoss den herrlichen Duft. Wenn sich dort draußen irgendwo ein monströses Geschöpf in den Schatten verbarg, so würde der Geruch des Essens es sicher aus dem Verborgenen locken.
Rlinda probierte die einzelnen Speisen nacheinander, auch Gebäck und Schokolade, gratulierte sich zu ihrer kulinarischen Kühnheit. Dann begann sie zu essen, begeistert und mit großem Appetit. »Nehmen Sie sich so viel Zeit, wie Sie wollen, Davlin«, teilte sie der leeren Landschaft mit. »Ich warte hier.«
Sie trank Wein, lehnte sich zurück und beobachtete den farbenprächtigen Sonnenuntergang in der Wüste.
77 DAVLIN LOTZE
Davlin Lotze musste zunächst einmal herausfinden, wo er sich befand. Das Klikiss-Transportal hatte ihn von einer Sekunde zur anderen über eine interstellare Entfernung hinweg transferiert. Jetzt stand er inmitten von anderen alten Ruinen, unter einem pastellfarbenen Himmel mit einer matt glühenden Sonne, die wie ein blindes Auge über dem Horizont hing.
Er ließ den Blick über die Klikiss-Ruinen schweifen und
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