Der Sternenwald
den Lebenserhaltungssystemen ab. Leiten Sie alles in die Triebwerke – und zwar gestern, wenn nicht noch früher.«
»Aber ohne die Lebenserhaltungssysteme…«
»Atmen Sie während der nächsten Stunde flacher und ziehen Sie einen Pullover über. Hier geht’s ums Überleben. Wenn wir den Kugelschiffen nicht entkommen, bleibt von uns nur ein Ehrenmal in den Ringen von Osquivel zurück.« Tasia schob den Techniker beiseite und begann damit, Kabel zu lösen und neue Verbindungen herzustellen. »Wenn Sie an Bord meines Schiffes arbeiten, sollten Sie wissen, wie die Systeme funktionieren. Und Sie sollten dafür sorgen können, dass alles funktioniert, und zwar unter allen Umständen.«
Sie hörte einen Notruf von Patrick Fitzpatrick, der Verstärkung anforderte. Er befand sich noch immer dicht über dem Planeten und dort gab es kaum mehr manövrierfähige TVF-Schiffe. Er wies seinen Waffenoffizier an, auf den Feind zu feuern, forderte den Rest der Crew auf, das Schiff zu verlassen.
Tasia hatte keine Feuerkraft, um Fitzpatrick zu helfen. Ein Teil von ihr wollte zurückkehren und ihn retten, nur um später die Möglichkeit zu haben, ihm ein blaues Auge zu verpassen. Aber ihr eigenes Schiffe war kaum in der Lage, den Hydrogern zu entkommen, und sie musste ihre Crew in Sicherheit bringen. Selbst wenn Fitzpatrick ihr bester Freund gewesen wäre – sie konnte ihm nicht helfen. Einige Rettungskapseln schossen wie Funken aus dem schwer beschädigten Manta, aber Tasia hörte keine weiteren Kom-Signale von Fitzpatrick.
Die Hydroger eröffneten das Feuer und zerstörten den Kreuzer vollständig.
Mit der Energie aus den Lebenserhaltungssystemen reichte der Schub der Triebwerke aus. Tasia steuerte ihren Kreuzer zu einer Gruppe anderer Schiffe und gemeinsam entfernten sie sich von Osquivels tödlichen Ringen.
Sie hatte nicht einmal Zeit gefunden, sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass Robb den Hydrogern zum Opfer gefallen war. Später, wenn sie überlebte, würde sie über alles nachdenken: ihre dummen Bemerkungen ihm gegenüber, über die Fehler, die sie gemacht hatte, über seine letztendlich sinnlose Tapferkeit.
Nach der Deaktivierung der Lebenserhaltungssysteme heulten die Alarmsirenen noch lauter. Tasia spürte bereits, wie die Temperatur an Bord sank, aber etwa einen Tag konnten sie in dem gegenwärtigen Ambiente überleben.
»Die Alarme, Commander«, sagte ein Techniker. »Weitere Systeme fallen aus und dadurch kommt es zu sekundären Funktionsverlusten. Was sollen wir tun?«
Tasia runzelte die Stirn, schritt zu einer Konsole und löste die Verkleidungsplatte. Nach einigen Sekunden fand sie die gesuchten Systeme, griff mit bloßen Händen zu und zog Schaltkreiskarten heraus. Sofort verstummten die Sirenen.
»Na bitte. Ich höre keine Alarme mehr. Ohne all den Lärm kann ich die Systeme besser im Auge behalten.« Tasia sah die überlebenden Besatzungsmitglieder an und dachte an das Chaos aus Zerstörung und Tod hinter ihnen. »Lasst uns jetzt von hier verschwinden.«
91 ERSTDESIGNIERTER JORA’H
Nachdem der Weise Imperator seinem Sohn die Wahrheit in Hinsicht auf Nira anvertraut hatte, wies er die Wächter an, Jora’h am nächsten Tag mit Staatspflichten beschäftigt zu halten. Solche Dinge gehörten zu seiner Verantwortung als Erstdesignierter. Cyroc’h ging davon aus, dass sich der Zorn seines Sohns legte, wenn er sich an das neue Wissen gewöhnte.
Der Weise Imperator hätte sich nicht mehr irren können.
Jora’hs Zorn brannte heiß, als er seine Bediensteten fortschickte. Er sagte alle Partnerschaftstermine ab, was bei den betroffenen Frauen Verwirrung und Enttäuschung hervorrief. Er begab sich ins Ossarium und warf den glühenden Totenköpfen Komplizenschaft bei schrecklichen Verbrechen vor. Aber die Knochen leuchteten auch weiterhin und die fleischlosen Gesichter schienen in zufriedener Rechtschaffenheit zu ruhen.
Zwar würde er bald das Zentrum des Thism sein und durch die Lichtquelle sehen, aber derzeit fühlte sich Jora’h allein. Mit tiefem Kummer dachte er daran, was Nira während der vergangenen sechs Jahre erlitten hatte. Wahrscheinlich glaubte sie, er hätte sie verlassen und jenen skrupellosen Experimenten ausgeliefert. Vermutlich war sie davon überzeugt, dass er sie aufgegeben und längst vergessen hatte.
Zwar konnte Jora’h Geschehenes nicht ändern, aber er war durchaus imstande, Einfluss auf die Zukunft zu nehmen. Nira lebte – und er wollte zu ihr.
Der Weise Imperator schickte
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