Der Stierkampf
Tashiro zu bemitleiden war.
»Na ja, so ist es im Geschäfsleben! Also, Herr Tsugami, ich gehe jetzt noch einmal herum und werde nach dem Rechten sehen …«
Mit diesen Worten erhob er sich, entfernte sich schwankend und ging, beide Hände in die Taschen seines großen Mantels vergraben, mit ruhigen, doch zugleich unsicheren Schritten durch die Menschenmenge auf der Ringside-Seite dahin, wo die Stiere angebunden waren.
Kaum war er fort, tauchte Yoshinosuke Miura auf. Er schien, wie er sich von der anderen Seite her geradewegs den Plätzen für die Ausschußmitglieder näherte, die Menge der Zuschauer mit den Schultern zu zerteilen. Als Tsugami ihn erkannte, stand er unwillkürlich auf. Doch Miura, der, nur durch den Tisch getrennt, nun bereits vor ihm stand, zog mit unerwartetem Hochmut die Brauen hoch, sein Gesicht war allerdings vollkommen ausdruckslos. »Guten Tag!«, grüßte er knapp und fuhr dann in einer so herablassenden Haltung fort, als würde er, stünde der Tisch nicht dazwischen, Tsugami gar noch die Hand reichen. »Ich bin heute mit einer Bitte gekommen …« Aus seiner Stimme war keinerlei Spott oder Verachtung zu entnehmen, doch verrieten weder Worte noch Miene eine Spur von Mitleid oder Sympathie. Miura war ganz einfach einer eigenen Angelegenheit wegen erschienen, die er mit Tsugami besprechen wollte.
»Wie ich hörte, werden Sie nach, der Veranstaltung ein Feuerwerk abbrennen lassen – könnten den Feuerwerkskörpern nicht etwa hundert Gutscheine beigefügt werden, die man gegen mein Seiryō eintauschen kann? Ich möchte jedem, der einen solchen Schein aufliest, am Ausgang des Stadions ein Päckchen Seiryō schenken. Dafür wäre ich bereit, die Kosten des Feuerwerks zu tragen!« »Gut. Ich werde den Mann herrufen, der mit dem Feuerwerk beaufragt ist. Unterhalten Sie sich mit ihm über die Einzelheiten. Tun Sie nach Belieben hundert oder zweihundert Gutscheine dazu und lassen Sie sie in die Höhe schießen. – Wegen der Kosten des Feuerwerks brauchen Sie sich keine Gedanken zu machen. Wir begrüßen Ihren Vorschlag, er belebt das Ganze …«
Tsugami hatte kaum zu Ende gesprochen, da wandte sich Miura in Richtung des Spielfelds und streckte einen Arm in die Höhe. Daraufin eilten zwei Männer herbei, die offenbar seiner Firma angehörten. Als er zu Tsugami zurückkehrte, sagte er, er habe den zwei Leuten alles übertragen, man möge diesen nun entsprechende Weisungen erteilen, er selber müsse sich jetzt verabschieden, da er zu tun habe. Mit diesen Worten eilte er weg, ohne auf den Kampfplatz auch nur einen Blick zu werfen.
Tsugami spürte, während er mit Miura sprach, eine seltsame Gespanntheit in sich. Seine Worte klangen kalt, seine ganze Haltung war steif, und gerade weil er sich bewußt distanziert geben wollte, erschien er besonders hart. Was hatte Miura, überlegte er, so Befremdliches an sich? Wie kam es, daß er ihn mit solcher Hefigkeit als seinen Feind empfand? Ihn befiel erneut das Unbehagen, das ihn schon bei der ersten Begegnung ergriffen hatte, aber er erkannte nicht, daß ihn nicht etwa die gefühllose Selbstsucht und der Rationalismus dieses Mannes abstießen, der stets auf geradezu ärgerlich klaren Lösungen bestand, und ihn auch nicht dessen von einem allzu starken Willen beherrschten, arroganten Augen störten, sondern etwas ganz anderes Schuld daran trug. Das Miura von Geburt an mitgegebene Schicksal, dank dem ihm bei allem, was er tat, das Glück hold war, und das hierzu völlig gegensätzlich angelegte Schicksal Tsugamis, das nur allzu leicht auf Katastrophen hin tendierte, waren von Grund auf unvereinbar. Tsugami haßte den Mann, der ihm mit Notwendigkeit überlegen war.
Als Tsugami nach einer Weile dahin sah, wo die Stiere angebunden standen, entdeckte er zu seiner Verblüffung in der Zuschauermenge Okabes kleine Gestalt. Zusammen mit Tashiro begutachtete er die Stiere, blieb vor jedem eine Weile stehen und schritt dann zum nächsten weiter. In gewissem Abstand folgte den beiden eine Gruppe aus mehreren Männern. Okabe selbst war Tsugamis Blicken durch die an ihm vorüberströmenden Zuschauer immer wieder kurz entzogen, aber seine kleine, europäisch gekleidete Gestalt war, sobald sie aufauchte, von den schrägen Strahlen der Nachmittagssonne übergössen und schwebte mit einem Tsugami unbekannten, völlig neuen Schweregefühl müßig durch die Menge. Tsugami mußte daran denken, daß eine gewisse Zahl der zweiundzwanzig Stiere nicht nach der Stadt W
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