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Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Titel: Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul McAuley
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haben etwas gemeinsam, wissen Sie. Sie haben sich ins Außensystem abgesetzt, und dasselbe hat einst auch mein Vater getan. Wie ich sehe, haben Sie das nicht gewusst, aber es ist wahr. Das war vor vierzig Jahren, als die Europäische Union zum ersten Mal versucht hat, Kontakt zu uns aufzunehmen. Mein Vater war einer der Vertreter, die von der Erde hierhergeschickt wurden, um eine Einigung zu erzielen. Dieses Anliegen scheiterte zwar, aber er verliebte sich in meine Mutter und ist zum Außensystem übergelaufen, um bei ihr bleiben zu können. Eine wahre Romeo-und-Julia-Geschichte, aber mit einem glücklichen Ausgang! Mich trennt also nur eine Generation von der Erde, und jetzt stehen Sie
vor mir – ebenso übergelaufen wie mein Vater. Ein historischer Moment, finden Sie nicht auch?«
    Macy gelang es, sich aus seinem Griff zu befreien. »Ich glaube, dass Ihr Vater es dabei möglicherweise besser getroffen hat als ich«, sagte sie.
    »Aber Ihnen geht es hier doch sicher viel besser als in Großbrasilien. Schließlich konnten Sie einem unserer angesehensten Klans beitreten. Sie sind frei in Ihrer Entscheidung. Sie sind eine Bürgerin und keine Leibeigene mehr.«
    »Ich meinte damit, dass Ihr Vater aus freien Stücken übergelaufen ist. Bei mir ist es mehr oder weniger zwangsweise geschehen.«
    »Mein Vater ist übergelaufen, weil er sich in meine Mutter verliebt hatte. Und wenn es um die Liebe geht – hat man da jemals wirklich eine Wahl?«, sagte Marisa Bassi und schenkte den Beratern, Gratulanten und Schaulustigen um ihn herum ein Lächeln. »Vielleicht ist Ihr Überlaufen nicht ganz so romantisch gewesen wie das meines Vaters, Macy, aber es war auf jeden Fall eine heroische Tat. Deshalb würde ich mich glücklich schätzen, Ihre Meinung zu meinem bescheidenen, kleinen Vorschlag zu erfahren. Bitte, haben Sie keine Angst, mir offen zu sagen, was Sie denken.«
    »Es war auf jeden Fall eine kluge Rede. Sie wollen, dass wir glauben, wir könnten die Konfrontation zwischen dem Außensystem und der Erde auf friedliche Weise beenden, indem wir Sie unterstützen. Aber da Sie bereits eine brenzlige Situation noch schlimmer gemacht haben, indem Sie aus den Geistern, die diesen albernen Streich ausgeheckt haben, Helden gemacht haben, drängt sich mir die Frage auf, was wirklich hinter Ihrem Vorschlag steckt.«
    »Hätte ich den Brasilianern lieber dazu gratulieren sollen, dass sie der Falle entkommen sind?«, fragte Marisa Bassi, offensichtlich amüsiert über Macys Vermessenheit.

    »Sie hätten gar nichts dazu sagen müssen.«
    »Dann hätte ich mit meinem Schweigen unweigerlich die Brasilianer unterstützt. Alle glauben, ich sei versessen auf einen Krieg. Aber der Krieg lässt sich noch vermeiden. Wenn wir eine geschlossene Front zeigen und den Menschen auf der Gaias Ruhm klarmachen, dass sie hier nicht willkommen sind und sich auch nicht so frei in unserem System bewegen können, wie sie es vielleicht annehmen. Das bedeutet nicht, dass wir nicht zu einer Einigung mit den Brasilianern und Europäern oder sogar mit der Pazifischen Gemeinschaft gelangen können. Aber wir können nicht – werden nicht – mit jemandem Gespräche führen, solange ein Kriegsschiff an unserem Himmel hängt. Wir werden nicht unter Zwang verhandeln. Es ist wichtig, dass wir das klarstellen.« Marisa Bassi packte erneut Macys Hand und Arm und sah ihr mit seinem energischen Blick direkt in die Augen. »Aber hören Sie – ich bin nicht hierhergekommen, um mit Ihnen zu streiten, sondern weil ich Sie um einen Gefallen bitten will. Eigentlich ist es nichts weiter. Ich möchte Sie lediglich bitten, uns ein wenig über Großbrasilien zu erzählen. Damit die Leute hier erfahren, unter welch einer Tyrannei die Menschen dort zu leiden haben. Wie die sogenannten großen Familien gewaltsam Macht und Reichtum an sich gerissen haben. Und dass die gewöhnlichen Menschen dort wie Sklaven leben, keine Entscheidungsfreiheit über ihr Leben und kein Mitspracherecht in der Politik haben.«
    »Das klingt für mich so, als würden Sie bereits alles darüber wissen«, sagte Macy.
    »Aber Sie kennen die Einzelheiten. Sie sind die authentische Stimme der Unterdrückten. Sie müssen keine Reden halten, sondern können auch mit einem Interviewer Ihrer Wahl sprechen. Einfach nur eine nette Unterhaltung führen. Die Menschen könnten Ihnen Fragen stellen, und Sie könnten
sie so beantworten, wie es Ihnen passt. Keine Einschränkungen, keine Zensur – den Kontrollapparat, an

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