Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war
argwöhnischer. Sie misstrauten den Versprechungen Großbrasiliens und der Europäischen Union und waren erzürnt über die bevorstehende Ankunft eines Schiffes der Pazifischen Gemeinschaft, dessen Mission und Absichten vollkommen unbekannt waren. Sie waren der Überzeugung, dass die Ziele von Erde und Außensystem sich so stark voneinander unterschieden, dass ein Krieg unvermeidlich war. Sie glaubten, dass die Außenweltler eindeutig Stellung beziehen sollten, bevor die Erde ihre Präsenz weiter verstärken konnte, indem sie dumme Pazifisten mit falschen Versprechungen verlockte, wie es ihr mit der Stadt Camelot auf Mimas bereits gelungen war. Ein nicht unbedeutender Teil forderte Präventivschläge gegen das Kriegsschiff, das sich im Orbit um Mimas befand, sowie das Schiff der Pazifischen Gemeinschaft und das brasilianische Versorgungsschiff, die sich dem Saturnsystem näherten.
Es gab noch eine dritte Gruppe, die einen Krieg ebenfalls für unvermeidlich hielt, jedoch glaubte, dass sich eine Invasionsarmee nicht abwehren oder besiegen ließe, ohne dass die Außenweltler dabei große Schäden und Verluste in den Städten und Siedlungen würden hinnehmen müssen, die besonders anfällig gegen einen Angriff waren. Ein Angriff mit einer einfachen Projektilwaffe konnte bereits die Stabilität einer Stadt gefährden, zu einem explosiven Druckverlust führen und Tausende das Leben kosten. Die dritte Gruppe war deshalb der Ansicht, dass es besser sei, eine
Übernahme des Außensystems so schwierig wie möglich zu gestalten, anstatt sich auf eine direkte Konfrontation mit der Erde einzulassen. Sich in gewaltfreiem Widerstand zu üben und sämtliche Infrastruktur und so viele Menschen wie möglich in die Oasen zu verlagern, die über die Oberflächen der meisten Saturnmonde verteilt oder unterirdisch gelegen waren.
Bis jetzt hatte sich der Jones-Truex-Bakaleinikoff-Klan neutral verhalten und sich mehr oder weniger an den Mittelweg gehalten, doch nun hatte eine bedeutende Minderheit seiner jüngeren Mitglieder erreicht, dass eine neue Umfrage darüber durchgeführt werden würde, ob sich der Klan an den Protesten der Stadt Paris gegen die irdische Präsenz im Saturnsystem beteiligen sollte. Die Umfrage würde nach dem Besuch von Marisa Bassi stattfinden. Der Bürgermeister von Paris traf sich mit Abbie Jones und anderen hochrangigen Mitgliedern des Klans und hielt danach eine kurze, informelle Rede, in der er betonte, dass sie sich in einer ernsten Situation befänden, die noch ernster werden würde, wenn nicht augenblicklich Maßnahmen ergriffen würden. Er forderte den Jones-Truex-Bakaleinikoff-Klan auf, seine Stimme denjenigen anzuschließen, die eine sofortige und bedingungslose Beendigung der sogenannten wissenschaftlichen Expedition der Erde im Saturnsystem forderten, und bat ihn darum, ein Mitglied des Klans für einen Ausschuss beizusteuern, der sich aus Vertretern sämtlicher Städte und größerer Siedlungen zusammensetzte und im Namen der Bewohner des Saturnsystems mit der Erde in Verhandlung treten sollte. Seiner Ansicht nach konnten sie nur dann Erfolge erzielen, wenn sie in geschlossener Front auftraten. Sonst würde die Erde eine Reihe von einseitigen Geschäften einfädeln, wie sie es mit Camelot auf Mimas und mehreren kleineren Siedlungen bereits getan hatte, das Saturnsystem
in zahlreiche zerstrittene Fraktionen aufspalten und sie eine nach der anderen annektieren.
Es war ein bescheidener, versöhnlicher Auftritt, der mit höflichem, aber zurückhaltendem Applaus quittiert wurde. Die meisten der jüngeren Klanmitglieder wirkten enttäuscht; sie hatten einen aufrüttelnden Ruf zu den Waffen erwartet. Hinterher, beim Empfang auf dem Rasen vor dem langgestreckten Großen Haus, schwebte Macy Minnot an Menschenansammlungen und Gruppen von blühenden Mimosenbüschen vorbei zu Marisa Bassi hinüber, der neben einem der Büfetttische Hof hielt. Sie hatte gehört, dass der Bürgermeister sie sprechen wollte, und hatte beschlossen, direkt auf ihn zuzugehen.
Marisa Bassi war viel kleiner als die Außenweltler um ihn herum, aber er hatte eine eindrucksvolle vitale Ausstrahlung und war so breitschultrig und stiernackig wie ein Straßenschläger. Als Macy bei ihm angekommen war, ergriff er ihre rechte Hand, legte ihr die Linke auf den rechten Ellbogen und sagte mit lautem und scheinbar ungezwungenem Enthusiasmus: »Der berühmte Flüchtling von der Erde! Es freut mich sehr, Sie endlich kennenzulernen! Sie und ich, wir
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