Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war
der Menschen ausgleicht. Aber mit dir redet sie, dich mag sie und dir vertraut sie, und deswegen möchte ich dich um deine Hilfe bitten.«
»Ich werde tun, was ich kann«, sagte er.
Nach einer Weile erwiderte Keiko Sasaki sein Lächeln. »Zi braucht Freunde. Und wenn du ihr ein wahrer Freund sein kannst, wirst du auch mein Freund sein.«
»Wir können uns gerne wieder unterhalten«, sagte er aus der großen, allumfassenden Stille heraus. Er wusste, dass sie in verschlüsselten Worten sprachen. Zi hatte mit der ganzen Sache nichts zu tun, außer dass sie der Vorwand war, um mit ihm in Kontakt zu treten.
»Das würde mich sehr freuen«, sagte Keiko Sasaki. »Du bist ein guter Mensch, Ken. Ich bin sicher, dass wir über vieles reden können.«
Als er zu seiner Wohnung zurückkehrte, ging er seine Möglichkeiten durch. Die Außenweltler hatten ihm deutlich gemacht, dass sie wussten, wer er war. Und sie verfügten über die Macht, das Spiel jederzeit zu beenden. Es war durchaus möglich, dass sie über seine Arbeit Bescheid wussten, über all die kleinen Fallen, die er aufgestellt hatte. Aber er konnte nicht nachsehen, weil sie womöglich ebenfalls Fallen für ihn aufgestellt hatten. Und er konnte die Mission auch nicht abbrechen. Die Einsatzleitung konnte ihn zurückrufen, aber er konnte sich seinerseits nicht mit ihr in Verbindung setzen. Damit blieben ihm also nur noch zwei
Möglichkeiten: Er konnte versuchen, von der Bildfläche zu verschwinden, die Stadt zu verlassen und als Flüchtling zu leben, zwischen unbewohnten Habitaten und Schutzhütten hin und her wechseln, und jedes Mal, wenn er weiterzog, alle Spuren seiner Anwesenheit verwischen. Dann könnte er sich zwar frei bewegen, aber sein Aktionsradius wäre eingeschränkt. Er müsste sich mit den wenigen Zielen außerhalb der Stadt begnügen. Oder er könnte in der Stadt bleiben und das Spiel weiterspielen. Keiko Sasaki könnte versuchen, ihn hinters Licht zu führen, und er seinerseits sie, während er weiter darauf hinarbeitete, die wichtigsten Ziele zu treffen, die ihm zugewiesen worden waren.
Die zweite Möglichkeit schien ihm die bessere zu sein. Bevor die Waldblume eintraf, hatte er noch jede Menge zu erledigen. Und danach würde sicher ein so großes Durcheinander herrschen, dass es ihm gelingen würde, sich unbemerkt aus dem Staub zu machen. Vielleicht konnte er Zi Lei sogar mitnehmen. Der Gedanke, mir ihr zusammen zu fliehen, tröstete und beruhigte ihn.
In der Zwischenzeit musste er so tun, als sei alles beim Alten. Er traf sich mit Zi Lei in einer Bar in dem langgezogenen Park, der sich im oberen Teil der Stadt erstreckte. Die Bar befand sich auf einer Plattform in den Ästen eines großen Mammutbaums. Er lief die steile Seilbrücke hinauf, und da war sie, an der winzigen Theke, und er spürte, wie sein Herz einen Satz machte, als er glücklich und atemlos neben ihr Platz nahm.
› 6
Es herrschte allgemeine Einigkeit darüber, dass der Krieg kurz bevorstand. Das brasilianische Flaggschiff, die Waldblume , würde in wenigen Tagen im Saturnsystem eintreffen, und ein kleineres, unidentifiziertes Schiff folgte dicht dahinter. In der Zwischenzeit flogen die Einmannjäger, Schlepper und Drohnen der Pazifischen Gemeinschaft und der gemeinsamen Expedition von Brasilianern und Europäern unbehelligt zwischen den Monden und Ringen des Saturn umher, und die Lebenserhaltungs-, Kommunikations- und Transportsysteme sämtlicher Städte wurden angegriffen.
An einem Tag fiel das Netz von Paris komplett aus, und an verschiedenen Orten in der Stadt brachen Unruhen aus, bis es wieder funktionierte. Viele Leute, darunter sämtliche namhafte Wissenschaftler, Genzauberer und Umweltingenieure, erhielten Botschaften, in denen sie aufgefordert wurden, sich zu ergeben. Verschiedene Sektoren der Stadt wurden in zufälligen Abständen von kurzen Stromausfällen heimgesucht. Fünf Prozent des Ausstoßes der Fusionskraftwerke der Stadt wurden zu der uralten Elektrolyseeinrichtung umgeleitet, um die Sauerstoffproduktion der Mikroalgenkulturen zu ergänzen, deren Produktivität auf sechzig Prozent des Optimalwerts gesunken war. Das Virus, das die Getreidepflanzen der Stadtfarmen befallen hatte, war identifiziert worden. Allerdings war es in der Zwischenzeit mutiert und hatte eine ganze Reihe unterschiedlicher Stämme gebildet. Es gab immer noch kein wirksames Gegenmittel.
Kriegsfieber breitete sich unter der Bevölkerung der Stadt aus.
Die Menschen wurden mit
Weitere Kostenlose Bücher