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Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Titel: Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul McAuley
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ausweichende Blicke, als sie fragte, was geschehen würde, wenn sich die Bevölkerungszahl plötzlich erhöhte. Wenn beispielsweise die Einwanderungsrate unerwartet anstiege.
    »Ich glaube nicht, dass Sie das so einfach ignorieren können«, sagte sie. »Sie haben hier viel freie Fläche. Millionen von Quadratkilometer. Viele Menschen, die sich in den Städten
auf der Erde drängen, würden sich darum reißen, hier ein eigenes Heim gründen zu können.«
    Ihre Gastgeber brachten höfliche Zweifel zum Ausdruck, ob Menschen von der Erde tatsächlich nach Kallisto würden kommen wollen, und stellten fest, dass es wirtschaftlich jedenfalls nicht machbar wäre. Sri erwiderte darauf, dass die meisten Menschen auf der Erde während des noch andauernden Prozesses der Neubegrünung in den Städten eingesperrt waren und dass trotz umfangreicher Geburtenkontrollprogramme die globale Bevölkerungszahl weiter zunahm, da die Menschen inzwischen länger lebten. Früher oder später würde zwangsläufig eine Welle der Auswanderung einsetzen, und das Ziel würde nicht nur der Mond sein, auf dem aufgrund des Wassermangels ohnehin nicht sehr viele Menschen leben konnten. Der neue Fusionsantrieb würde die Reisen ins Außensystem erleichtern. Und auch jetzt schon war es nicht besonders teuer, Leute in Kältesärge zu packen und sie in gewöhnlichen Frachtern loszuschicken.
    Sie versuchte, die Außenweltler zu einer Reaktion zu veranlassen, aber es war so, als würde man Seeanemonen anstupsen. Nach den ersten paar Stößen machten sie einfach dicht. Nur Devon Pike, ein alter Genzauberer, der im Labor irgendeine Ehrenstellung innehatte, bot Sri weiterhin die Stirn.
    Er war ein dürrer, aber lebhafter alter Mann mit einem weißen Haarschopf; ein Außenweltler der ersten Generation, der vor mehr als achtzig Jahren zusammen mit Avernus in dieser Einrichtung gearbeitet hatte. Von ihren Vorbereitungen wusste Sri, dass er ein gewisses Talent dafür besaß, die Eigenschaften einer Spezies auf eine andere zu übertragen, sonst jedoch über nur wenig Einfallsreichtum verfügte. Er war eher ein fähiger Techniker als ein wahrer Künstler.

    »Tatsache ist, Madam, dass Rainbow Bridge die älteste und größte Siedlung des Außensystems ist«, sagte er. »Sie wurde vor beinahe einem Jahrhundert gegründet, und trotz der Behandlungen zur Lebensverlängerung und einer frühen Phase künstlich angekurbelten Bevölkerungswachstums zählen wir immer noch etwas weniger als zwanzigtausend Seelen. Wir leben im Rahmen unserer Möglichkeiten. Wir wollen die Fehler, die auf der Erde gemacht wurden, nicht wiederholen. Und angesichts der Tatsache, dass sich die Behebung der durch Überbevölkerung und den Umsturz angerichteten Schäden auf der Erde inzwischen zu so etwas wie einer Religion entwickelt hat, überrascht es mich, dass Sie glauben, wir könnten überleben, was Ihnen auf der Erde beinahe zum Verhängnis geworden wäre.«
    »Ob es Ihnen nun gefällt oder nicht – der neue Fusionsantrieb wird alles verändern«, sagte Sri. »Dadurch schrumpft gewissermaßen die Entfernung zwischen den Systemen von Jupiter und Saturn, was Ihnen die Möglichkeit bietet, neue Gegenden zu erkunden und zu besiedeln. Und er wird auch die Erde und das Außensystem näher zusammenführen.«
    »Dann würde es uns ohne den neuen Antrieb vielleicht besser gehen«, warf Devon Pike ein.
    »Er existiert bereits, Großvater«, sagte einer der jungen Außenweltler. »Diese Entwicklung können wir nicht rückgängig machen.«
    »Neptun und Uranus rücken dadurch in erreichbare Nähe«, sagte ein anderer. »Und auch der Kuipergürtel.«
    »Für uns besteht keine Notwendigkeit der Expansion«, sagte der alte Mann und wandte sich wieder an Sri. »Sie haben uns den Mond genommen. Und den Mars ebenfalls, obwohl Sie nichts damit anzufangen wussten, seit Sie die Marsbewohner niedergemetzelt haben. Jetzt wollen Sie hierherkommen und weiteres Unheil anrichten.«

    »Der Mars wurde von der Demokratischen Republik China angegriffen – einem Land, das inzwischen nicht mehr existiert«, sagte Sri. »Das ist längst Geschichte. Die Zeiten haben sich geändert. Auf der Erde tragen wir dieser Entwicklung jeden Tag Rechnung, indem wir uns bemühen, die ökologischen Verbrechen wiedergutzumachen, die unsere Ur-Urgroßeltern begangen haben. Und wenn ich ganz ehrlich sein soll, erstaunt es mich, dass es hier Menschen gibt, die den Status quo allein deshalb aufrechterhalten wollen, weil er ihnen gefällt.

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