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Der stille Ozean

Der stille Ozean

Titel: Der stille Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Roth
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Hände eingesteckt. »Das ist mein Großvater«, sagte Hofmeister und zeigte ihm einen hageren Mann mit einer kräftigen Nase und einem Schnurrbart. »Er ist in Italien gefallen.« Er zwinkerte mit den Augen und stieß mit der Kaffeetasse an, bevor er einen Schluck nahm. Dann führte er ihn auf den Dachboden, wo Felle von Bisamratten und Füchsen hingen. In einem Blechkübel befanden sich Sägespäne: »Zum Händereinigen«, wie Hofmeister erklärte. Auf keilförmigen Brettern waren Bisamrattenfelle zum Trocknen aufgespannt. Ascher sagte, daß es schöne Felle seien, worauf ihn Hofmeister auf kleine Fehler hinwies und erklärend hinzufügte, wie man sie beseitigen könne. »Ich habe heute noch keine Minute geschlafen«, sagte Zeiner, als sie wieder in die Küche traten. Die Frau verschwand gerade. Ascher fühlte sich unbehaglich, aber Hofmeister, der infolge der schlaflosen Nacht rasch betrunken wurde, ließ ihn nicht aufstehen, sondern schenkte ihm immer wieder Wein nach, so daß seine Kaffeeschale gefüllt war, wie zu Beginn seines Besuches. Er spürte den Wein und begann sich ihm mit Vorsicht zu überlassen. Die Küche war hell und freundlich, Hofmeister redete, und Aschers Gedanken schweiften ab. Ihm waren die winzigen Trompetentierchen eingefallen, die er einmal unter dem Mikroskop gesehen hatte. Sie ähnelten mit ihren trichterförmigen, verschieden gefärbten Körpern Blumenkelchen. Er schreckte auf und bemerkte, daß ihm die Augen zugefallen waren, und da Sonnenlicht auf sein Gesicht schien, hatte er in seinen rotschimmernden Augenlidern gläserne Gebilde gesehen. Kurz darauf kam Hofmeisters Frau zurück, stellte sich an den Herd, kochte und gab knappe Auskünfte. Aber sie schien nun nicht mehr vor ihm befangen zu sein. Das war ihm recht. Er folgte Zeiner über eine abfallende Wiese zum Haus seiner Eltern zurück. Auch Zeiner war angetrunken, obwohl er sich bemühte, es sich nicht anmerken zu lassen. Ascher fühlte das Gewicht seines Körpers wie eine Last. Vor dem Haus bellte der dicke gefleckte Hund von Zeiners Eltern.
    »Sie dürfen meinen Eltern nicht die Hand geben«, sagte Zeiner, als sie näherkamen, »sonst glaubt der Hund, Sie wollen ihnen etwas antun.« Sie stapften weiter bergab, plötzlich blieb Zeiner stehen.
    »Sie werden sich fragen«, sagte er mit schwerer Zunge, »weshalb ich zu Hause sein kann, ohne arbeiten gehen zu müssen. Meine Landwirtschaft ist nicht so groß, Sie haben recht: Ich habe ein Stück Wald verkauft. Sie brauchen nicht zu denken, daß es etwas Außergewöhnliches ist. Hören Sie: Ich versuche, eine Rente zu bekommen wegen meiner Hand.« Er machte das Handgelenk frei, Ascher sah, daß ein Verband darüber gewickelt war. »Wenn Sie einmal Zeit haben, sehen Sie es sich an«, sagte er und zog den Ärmel wieder nach vorn, als sei ihm eingefallen, daß er aufdringlich sein könnte.
    »Aber reden Sie nicht darüber«, fuhr Zeiner fort. »Es braucht niemand zu wissen.« Natürlich wußten alle längst davon. Auch Ascher hatte es von jemandem erfahren, aber er schwieg.
    »Der Teich hat mich alles in allem viel Geld gekostet. Ich habe ihn von einem Caterpillar ausschieben lassen. Ist ein künstlicher Teich. Es dauert ziemlich lange, bis das Geld mit den Fischen wieder hereinkommt.« Er ging weiter auf das Haus seiner Eltern zu und legte einmal kurz seinen Arm um Aschers Schulter. Im Vorraum wartete ein kleiner, gebückter Mann, der sich auf einen Stock stützte. Er trug einen Hut und eine blaue Arbeitsschürze, beim Sprechen neigte er seinen Kopf zur Seite, vermutlich hörte er schlecht. Der Hund hatte sich neben ihn gestellt und wedelte mit seinem Schwanz so heftig, daß er damit an die Hose des Alten klopfte. Zeiner sagte, der Mann sei sein Vater. Er führte Ascher vor, wie der Hund zu knurren anfing und die Zähne fletschte, sobald er Anstalten traf, den Alten zu berühren. Dabei lachte er, auch dem Alten gefiel es. »Habt ihr etwas zu trinken?« fragte Zeiner. Seine Mutter hatte in der Küche gerade Brot gebacken und es in geflochtenen Körben zum Abkühlen auf den Tisch gestellt. »Zu trinken!« sagte der Alte zu ihr. Die Frau öffnete ein Türchen in der Wand und holte eine große Weinflasche und Gläser heraus.
    Die Küche war sehr groß. An den Wänden hingen mehrere lange, braungerahmte Spiegel, in denen Ascher sich und die anderen sehen konnte. Später erfuhr er, daß hier früher ein Weinausschank gewesen war. Er setzte sich in die Eckbank und roch den Duft des

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