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Der stille Sammler

Der stille Sammler

Titel: Der stille Sammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Becky Masterman
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wie kannst du dir sicher sein?«
    »Erstens, wir sind immer noch in meinem Wagen, und zweitens, ich bin größer als du, selbst wenn du mit deinem verdammten Stock noch mal Glück haben solltest.«
    Ich ließ den Stock mittlerweile mit der einen Hand kreisen, während ich ihm die andere abwehrend entgegenstreckte, die Finger nach oben, den Daumen ausgestreckt. Es gab genügend Platz, dass ich mich auf ein Knie erheben konnte, während die Klinge am Stockende langsam kreiste, wie in Zeitlupe. Ich überlegte, wie ich den Mistkerl ausschalten konnte. Am besten war es wohl, ich lenkte ihn mit zwei, drei kleinen Schnitten ab und brach ihm dann mit einem schnellen, präzisen Schlag das Schlüsselbein.
    Er beobachtete mich nachdenklich, während er sich die Hände an seinen Nylonshorts abwischte. »Hey, das sieht aus wie in ’nem Kung-Fu-Film«, sagte er. »Ich lach mich weg. Die alte Ninja-Lady!«
    »Alt? Ich geb dir gleich alt«, flüsterte ich und schnellte nach vorn. Ich schwöre, es war nicht meine Absicht, aber er kam genau zur gleichen Zeit hoch, und die Stockklinge erwischte ihn an der falschen Stelle am Oberschenkel. Der Kerl stand da wie ein Gaffer bei seinem eigenen Unfall, als das arterielle Blut in hohem Bogen fast zwei Meter weit spritzte und sich in den Rillen auf dem Blechboden sammelte.
    »Scheiße«, entfuhr es mir.
    »O Gott!«, kreischte er. »Hilf mir!« Er kippte hintenüber, knallte gegen die Tür und verlor das Bewusstsein.
    »Sehe ich wie eine Sanitäterin aus?«, murmelte ich vor mich hin. Ich legte ihn flach auf den Boden, riss ihm die Schnur vom Hals, schüttelte das Kondom ab und legte einen Tourniquet an seinem Oberschenkel oberhalb der Wunde an. Mit einiger Mühe rollte ich ihn auf den Rücken und setzte mich mit untergeschlagenen Beinen neben ihn auf den Duschvorhang, sodass ich mich nicht mit seinem Blut besudelte, das sich in Lachen auf dem Boden sammelte.
    Allmählich kam er zu sich, noch vollkommen groggy vom plötzlichen Abfall des Blutdrucks. Ich hatte nicht die Zeit für die üblichen Erste-Hilfe-Handgriffe. Stattdessen brach ich ihm mit einer schnellen Bewegung den kleinen Finger, und er fuhr mit einem Schrei hoch.
    »Tut weh, was? Hör zu«, sagte ich. »Ich habe dir versehentlich die Oberschenkelarterie durchtrennt. Nein, sieh nicht hin. Ich habe eine Aderpresse angelegt, um den Blutverlust zu stoppen, aber wenn ich die Arterie nicht innerhalb der nächsten …«, ich schaute auf die Uhr, »innerhalb der nächsten dreißig Minuten verschließe, kratzt du ab. Und jetzt sag mir, wo du die Leichen versteckt hast.«
    »Ich verblute!«
    »Ja, aber langsam. Sag mir, wo die Leichen sind.«
    »Da oben ist Nähzeug auf dem Regal!«
    »Erst reden, dann helfe ich dir, dein Bein zu behalten. Ich weiß, was ich zu tun habe, aber du musst schon mit mir zusammenarbeiten.«
    »Dafür kriegen sie dich am Arsch!«
    Vielleicht hatte er sogar recht, aber das brauchte er nicht zu wissen. »Nein. Es war Notwehr, schlimmstenfalls fahrlässige Tötung. Und jetzt sag mir, wo die Leichen sind.«
    »Ich werde aussagen, dass du mich angegriffen hast.«
    »Sieh dich an. Und dann sieh mich an.«
    Er stöhnte.
    »Hör mal, ich werde allmählich sauer, und du stirbst mir langsam unter dem Händen weg. Sag mir endlich, wo du die Leichen hingeschafft hast, du krankes Arschloch.«
    »Leichen …« Er stockte, als würde er überlegen, was er sagen sollte. Dann fing er leise an zu wimmern. Ich beugte mich vor, nah genug, dass ich mich vor dem widerlichen Gestank von schalem Bier ekelte, den er verströmte. Dann hörte ich etwas, das klang wie: »Du bist tot …«
    Das fand ich ziemlich absurd für einen Mann in seiner Lage. Doch ich hatte seine Schwäche falsch eingeschätzt und war unvorsichtig gewesen. Er drehte sich auf die linke Seite und versetzte mir einen Kopfstoß, dass ich Sterne sah. Während ich mich schüttelte, gelang es ihm, sich ganz auf mich zu rollen und mit seinem Gewicht unter sich zu halten. Er versuchte mich zu packen, doch der Blutverlust hatte ihn so sehr geschwächt, dass seine Kraft nicht mehr reichte.
    Seine Zähne waren die einzige Waffe, die ihm geblieben war, und die wollte er nun einsetzen. Ich kreischte auf und versuchte mich zu wehren, doch ich war an die Wand gedrückt, die Beine über Kreuz und ohne Möglichkeit, ihn von mir zu stoßen oder auszuweichen. Er schnappte nach mir wie ein Tier, wobei er knurrte und sabberte. Ich kauerte in so unglücklicher Haltung an der Wand, dass ich

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