Der stille Sammler
fahren, weil ich immer so ernst und bedächtig bin. Aber weißt du, was mich richtig auf die Palme bringt?«
»Was denn, Max?«, fragte ich vorsichtig, um kein Benzin ins Feuer zu gießen.
»Der Gedanke, dass ich verarscht werde. Die Vorstellung, jemand könnte glauben, ich wäre so dämlich und würde nicht merken, wenn man mich aufs Kreuz legt.«
28.
Ich konnte es Max nicht verdenken, dass er den Verdacht hatte, ich würde etwas zurückhalten. Aber er konnte mir nichts nachweisen. Was ich gesagt hatte, war plausibel – bis hin zu meiner Erklärung, warum ich gezögert hatte, den verunglückten Van zu melden. Trotzdem hatte er mich dabei ertappt, dass ich in einer Hinsicht gelogen hatte. Gut möglich, dass er mir auch den Rest meiner Aussage nicht glaubte.
Ich hatte mindestens vier Tage Zeit, vielleicht auch mehr, bis die DNA -Probe analysiert war, selbst wenn Max Verbindungen spielen ließ und meine Probe höher in der vermutlich ziemlich langen Warteschlange platzierte. Aber die anderen Proben mussten ebenfalls analysiert werden, um eine Übereinstimmung zu finden, und vielleicht gab es ja keine, die mich mit dem Tatort in Verbindung brachte.
Auf eines jedenfalls konnte ich mich verlassen: Max würde mir auch weiterhin den Freundschaftsdienst erweisen, anderen gegenüber nicht von seinem Verdacht zu sprechen – bis zu dem Moment, an dem er einen stichhaltigen Beweis hatte.
Was mich betraf, musste ich mich jetzt auf zwei Dinge konzentrieren: Erstens musste ich herausfinden, wo Peasil gewohnt hatte, um sicher zu sein, dass er dort nicht noch mehr Dinge aufbewahrte, die mich mit ihm in Verbindung brachten, wie etwa die Fotos, die ich in seinem Van gefunden hatte. Zweitens musste ich Laura Coleman aufspüren – zum einen, weil ich stocksauer war, dass sie am Vortag so mir nichts, dir nichts verschwunden war; zum anderen, weil ich wissen wollte, was sie herausgefunden und veranlasst hatte, mir diese rätselhafte Nachricht zu senden: Übrigens, Sie hatten recht, mehr oder weniger .
Recht womit? Und wenn sie Beweise hatte, wem wollte sie die vorlegen, bevor Lynch in weniger als vierundzwanzig Stunden sein Geständnis ablegte?
Ich war bereits in der Innenstadt, also fuhr ich vom Büro des Gerichtsmediziners die paar Blocks weiter, die mich zum FBI -Büro brachten. Ich lenkte den Wagen ins Parkhaus, um die Innentemperatur auf einem erträglichen Niveau zu halten, und ging zu Fuß hinauf in den fünften Stock, weil ich die Bewegung gebrauchen konnte. Außerdem mochte ich es nicht, im Aufzug überrascht zu werden. Ich sagte Maisie, dass ich mit Morrison reden wollte. Sie ließ mich gleich durch, ohne ihn vorher über die Gegensprechanlage zu informieren, was sicher nicht der Fall gewesen wäre, hätte ich nicht so lange dort gearbeitet.
Ich erkundigte mich bei einem meiner ehemaligen Kollegen nach Colemans Büro, ging den Korridor hinunter und fand es unverschlossen vor. Niemand war in der Nähe, also verbrachte ich ein paar Sekunden damit, mich auf ihrem Schreibtisch und in der obersten Schublade umzusehen, auf der Suche nach einem Adressbuch oder auch nur einer Telefonnummer auf einem ansonsten leeren Blatt. Dabei stieß ich gegen die Computermaus, und der Bildschirm wurde hell. Coleman hatte den Rechner angelassen.
Sekunden später hatte ich die Nummer von Peasils Van in die Datenbank getippt und seine Adresse gefunden. Allerdings nicht schnell genug, um unbemerkt zu bleiben. Special Agent Roger Morrison kam in das Büro, als ich mich gerade zurückziehen wollte.
»Maisie hat angerufen und mir gesagt, dass Sie mich sehen wollen«, sagte er und blickte mit gefurchter Stirn auf meine Finger, die noch über der Tastatur schwebten.
Langsam nahm ich die Hände zurück und legte sie in den Schoß. Ich verzichtete auf eine Erklärung für meinen Wunsch, ihn zu sehen. »Eigentlich bin ich hergekommen, weil ich mit Agent Coleman reden wollte«, sagte ich.
»Aus welchem Grund?«
Unwissenheit zu heucheln war die beste Methode, an die Informationen zu gelangen, die ich brauchte. »Ich wollte ihr ein paar Fragen stellen, über Floyd Lynch und seine Rolle bei den Route-66-Morden.«
»Aber man hat Sie doch informiert, dass Agent Coleman nicht mehr mit diesem Fall betraut ist.«
Ich wusste, dass ich Laura Coleman vielleicht in noch größere Schwierigkeiten brachte, aber ich konnte mich nicht zurückhalten, jetzt, wo ich Morrison von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand. »Sie bewegen sich auf gefährlichem Eis,
Weitere Kostenlose Bücher