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Der stille Schrei der Toten

Der stille Schrei der Toten

Titel: Der stille Schrei der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Ladd
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fast schlecht dabei, zwang mich aber, ruhig liegen zu bleiben.
    »Meine Schulter tut wirklich verdammt weh, Dottie. Ich glaube, es hat damit zu tun, wie ich liege. Dürfte ich mich aufsetzen? Vielleicht wäre das besser.«
    »Okay, aber erst nachdem wir gegessen haben. Es ist schon alles fix und fertig im Ofen. Ich bin am Verhungern, du nicht?« Plötzlich wandte sie sich dem Männerkopf zu und sagte: »Ein bisschen Geduld noch, der Herr! Es ist fast fertig. Es gibt heute Abend Reis mit Hackbraten, wenn es dich unbedingt interessiert.«
    Dann war sie auch schon wieder verschwunden, und von nebenan hörte ich Töpfegeklapper und den Wasserhahn. Okay, im Moment geht keine Gefahr von ihr aus. Black wusste, wo ich hin wollte. Er würde sich bald auf die Suche nach mir machen, und Bud würde bei mir zu Hause nachsehen und sich fragen, warum ich nicht in seinem Auto nachgekommen war. Einer von ihnen würde Harves Nachricht finden. Möglicherweise waren sie längst unterwegs und suchten mich. Sie wussten, dass ich mich auf die Suche nach Harve machen würde, und sie wussten auch, dass ich mit einem Cobalt-Schnellboot unterwegs war. Bud wusste, dass Dotties Fischgründe Possum Cove waren, und genau dort würde er nach mir suchen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie hier auftauchen würden, und bis dahin musste ich am Leben bleiben.
    »Los geht’s! Essen ist fertig!«
    Ich sah, wie Dottie strahlte und jeden einzelnen Kopf ansprach, während sie für jeden eine Scheibe Hackbraten aufspießte und auf den Teller legte. Als Nächstes folgte der Reis in einer passenden Schüssel mit blauem chinesischem Muster, dann Krautsalat und für jeden eine halbe Dillgurke. Ich hatte das Gefühl, ich müsste gleich kotzen. Ich konnte mich nicht rühren und war sprachlos vor Entsetzen.
    Dann machte sie eine erneute Runde um das Bett und drapierte vor jedem Kopf eine blütenweiße Serviette. Als alles genau ihrer Vorstellung entsprach, nahm sie neben mir Platz. Sie sah mich an und sagte: »Lasst uns beten.«
    Nun machte sie die Augen zu, faltete die Hände und brabbelte etwas von Freunden und Familie und ewigem Zusammenhalt vor sich hin, sah dann auf ihre Armbanduhr und sagte: »Jetzt können wir anfangen. Zuerst nehmen wir alle einen Bissen von dem Hackbraten. Jetzt alle zusammen.« Nachdem sie das erste Stück gegessen hatte, sagte sie: »Mmh, wirklich lecker. Und wenn ich das sogar selbst sage.«
    Dann trennte sie ein Stück Hackbraten mit meiner Gabel ab und hielt es mir an den Mund. »Aufmachen, Annie. Es ist wirklich gut. Dir hat doch immer geschmeckt, was ich koche.«
    »Dottie, ich habe keinen Hunger. Außerdem tut meine Schulter weh.«
    Plötzlich wurde sie wütend, gab mir eine Ohrfeige und sagte streng: »Hör auf zu quengeln. Das ist deine Party. Jetzt mach endlich den Mund auf und iss, oder ich stopf es dir rein.«
    Ich öffnete den Mund und aß den Hackbraten. Mir drehte sich der Magen um, und ich presste die Galle zurück, die mir hochkam. Dottie tätschelte mir den Kopf. »Sehr schön, Annie.«
    Dann versorgte sie die anderen Köpfe, wobei das Essen jeweils auf der Serviette beziehungsweise dem Bett landete. Dabei redete und lächelte sie unentwegt. Wenn ich mit Lächeln dran war, lächelte ich zurück. Wenn sie mich fütterte, aß ich brav. Komm ihr entgegen! Mach alles, was sie sagt! Provozier sie nicht!
    »Also besonders gesprächig bist du heute Abend nicht, Annie. Dabei dachte ich, du würdest dich über das Wiedersehen freuen, aber du tust so, als wären wir dir alle schnurzpiepegal.«
    »Das stimmt nicht«, sagte ich. »Ich liebe euch, und ihr habt mir so gefehlt.«
    Sie sah zu einem der Köpfe mit blonden Zöpfen. »Zufrieden? Sie liebt uns. Ich hab euch doch gesagt, dass sie uns noch immer liebt.«
    Es folgte eine lange Unterhaltung mit ihren Köpfen. Dann sprang sie plötzlich auf und sagte: »Also los dann! Zeit, dass ihr wie Suze eure Hüte aufsetzt und den Kuchen reinbringt! Wir wollen hier feiern! Annie ist endlich wieder zu Hause!«
    Dottie machte die nächste Runde um das Bett herum und setzte den Köpfen ihre Hüte auf. Ich war als Letzte dran. »Ich weiß schon, dass du nicht Geburtstag hast, Annie, aber ich hab trotzdem ein paar Kerzen auf den Kuchen gesteckt. Ich mag dich so sehr und bin froh, dass du wieder zu Hause bist.«
    Ich sah mir die Köpfe mit ihren farbenfrohen Hüten nacheinander an und machte die Augen zu. Oh Gott, ich würde hier niemals mehr rauskommen. Niemand würde mich hier je

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