Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der stille Schrei der Toten

Der stille Schrei der Toten

Titel: Der stille Schrei der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Ladd
Vom Netzwerk:
richtete ich den Blick nach unten, und ich sah die feinsäuberlich nebeneinander gereihten schwarzen Stiche quer über meinen nackten Oberkörper. Aus der vernähten Stelle sickerte noch Blut auf die verbliebenen Reste meines BHs. Dottie entfernte sich vom Bett, war aber nur wenige Sekunden später mit einer Spritze in der Hand wieder zurück. »Das hilft gegen die Schmerzen, damit du auf der Party richtig fit bist. Wir haben uns schon so lange darauf gefreut, dich endlich bei einer Party bei uns zu haben. Wusstest du das, Annie? Alle sind sie schrecklich aufgeregt, dass du wieder bei uns zu Hause bist, wie in den guten alten Zeiten.«
    »Was? … Ich versteh nicht … welche Party? … zu Hause? …« Ich versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen, spürte aber nur pochende Schmerzen, und ich konnte an nichts anderes denken. Als sie mit der Spritze in meine Nähe kam, schüttelte ich den Kopf. »Nein … ich will das nicht … bitte …« Dann schrie ich auf, als sie zwischen den Fäden einstach und mir Gott weiß was verabreichte.
    »Na, na, du bist doch ein großes Mädchen. Ist doch nur ein klein wenig Morphium gegen die Schmerzen. Es tut mir so leid, dass ich dir wehtun musste. Ich hatte nie die Absicht, aber du wolltest mich ja erschießen, und da konnte ich nicht anders. Ich kann gut umgehen mit dem Hackmesser, findest du nicht, Annie? Ich übe an Körpern, die ich nicht brauche, manchmal auch mit Messern und Äxten. Es macht richtig Spaß. Wenn du willst, bring ich’s dir bei.«
    Das Mittel wirkte schnell, aber davor versuchte ich noch mit aller Kraft, etwas loszuwerden. Meine Bitte klang verschwommen kraftlos. »Bud … Black … sie werden mich suchen … lass uns frei, Dottie … bitte … du kannst fliehen … ich verrate dich nicht …«
    Dottie beugte sich zu mir herunter und sagte dicht an meinem Gesicht: »Oh, das ist aber nett, Liebes, aber ich weiß doch, dass du mich nie verpfeifen würdest. Hast du bis jetzt auch nicht gemacht. Gott, ich hab es so vermisst, dich wieder so bei uns zu Hause zu haben. Ich versprech dir, Annie, ich lass dich nie wieder alleine, nie, nie wieder. Nun bleiben wir für immer zusammen. So wie ich und meine Mutter.«
    Dann spürte ich, wie sie ihre Lippen auf meine presste, und der Geruch ihres Parfums benebelte meine Sinne, während das Morphium von mir Besitz ergriff und mich in ein dunkeldüsteres Meer des Vergessens hinab entführte.

31
    Benommen und orientierungslos kam ich langsam zu mir. Meine Augen waren schwer, und meine Schulter brannte. Ich konnte nicht klar denken, wusste aber, dass etwas Schlimmes passiert war. Von Weitem grollte der Donner, und ich hörte auch den Regen. Ich bewegte mich nicht, aber der Schmerz war so unerträglich, dass ich versuchte, die rechte Hand zu heben, um zu sehen, was der Grund dafür war.
    Als ich das nicht schaffte, öffnete ich die Augen, zwinkerte leicht und mein Blick fiel auf das silberfarbene Isolierband, mit dem ich an den Bettpfosten gefesselt war. Allmählich dämmerte mir, wo ich mich befand, und meine Erinnerung kam zurück. Ich sah die Wunde an meiner Schulter und grübelte, wie lange ich wohl bewusstlos gewesen war. Die schwarz vernähte Stelle war angeschwollen und rot, an den Rändern runzelig und blutete noch immer. Die Wirkung des Morphiums ließ nach.
    Ich lag in der Mitte auf einem Doppelbett, und meine Füße waren an den gedrechselten Pfosten des Fußteils festgebunden. Es war dunkel, aber vorne am Bett sah ich flackernde Lichter, und es dauerte eine Weile, ehe ich feststellte, dass es Kerzen waren, etwa ein Dutzend brennender roter Kerzen, die vor einem Spiegel aufgestellt waren. Über dem Spiegel war ein Computerausdruck an die Wind gepinnt, auf dem viele große gelbe Smiley-Gesichter zu sehen waren, und darüber stand in fetten schwarzen Blockbuchstaben: WILLKOMMEN DAHEIM ANNIE.
    Oh Gott, oh Gott, Dottie ist der Mörder. Ich musste an Harve denken und daran, wie Dottie mich mit dem Hackmesser attackiert hatte. Entsetzt wandte ich das Gesicht nach links und suchte nach einer Fluchtmöglichkeit. Ich erstarrte. Neben mir auf dem Bett war der Kopf von Suze Eggers, penibel auf einem Essteller mit blauem chinesischem Muster platziert. Auf dem blonden Haar saß ein grünes Partyhütchen in Form einer Melone, und um den Halsansatz schlang sich ein rotbraunes Band aus geronnenem Blut. Vor dem Kopf lag ein zweiter Teller mit blauem chinesischem Muster mit je einem Messer und einem Löffel zur Rechten und einer Gabel

Weitere Kostenlose Bücher