Der Stolz der Flotte
der bisherigen Formation führen. Wenn es uns gelingt, die feindliche Gefechtslinie an zwe i Stellen zu durchbrechen, könnten wir immer noch einigermaßen günstig abschneiden.« Da er sah, daß Broughton nach wie vor unentschlossen war, wurde er beinahe grob: »Wenn Sie aber Schiff gegen Schiff und Linie gegen Linie kämpfen, werden Sie erleben, daß in Ihrem Geschwader eine halbe Stunde nach Feuereröffnung kein Mast mehr steht!«
Leutnant Bickford unterbrach: »Ich kann die
Auriga
sehen, Sir.« Er ließ sein großes Signalteleskop sinken. »Sie hat die
Coquett
e
angegriffen.« Es war wie der letzte Hohn auf Broughtons Wünsche.
Verloren sah der Admiral Bolitho an. »Ich gehe einen Moment nach unten. Sie sind ermächtigt, Ihren Plan auszuprobieren.« Vielleicht wollte er noch der Form halber von sich aus einen Befehl geben, tat es aber nicht, sondern knurrte wütend: »Ich wünschte bloß, Draffen wäre hier an Deck und würde selbst erleben, was uns sein Betrug kostet!«
Bolitho sah Broughton nach und winkte dann Keverne und Tothill herbei. »Signal an alle: ›Geschwader geht nacheinander über Stag und nimmt dann Kurs West.‹«
Keverne eilte an die Reling und rief den wartenden Matrosen Befehle zu. Pfeifen schrillten, die Männer rannten auf ihre Stationen, Signalflaggen stiegen hoch – sehr bunt standen sie gegen den bleichen Himmel.
Nachdem alle Bestätigungen gemeldet waren, sagte Bolitho: »Noch ein Signal an alle, Mr. Tothill: ›Gefechtsklar!‹« Er lächelte etwas mühsam in das gespannte Gesicht des Midshipman. »Ja, es sieht aus, als ob es an diesem schönen Morgen ein Gefecht gibt, also passen Sie gut auf Ihre Leute auf.«
An allen Decks herrschte jetzt Ordnung; die Unteroffiziere hakten ihre Wachrollen ab, Partridge stand bei den Rudergängern, bereit, hinter der
Tanai
s
durch den Wind zu drehen. »Alle Bestätigungen eingegangen, Sir!« rief Tothill.
Sie waren bereit. »Ausführungsbefehl!«
Keverne wartete auf den richtigen Moment: auf die Zehen gereckt beobachtete er, wie erst die
Zeu
s
und dann die
Tanai
s
mit schlagenden Segeln drehten. »Legen Sie das Schiff auf Bac kbordbug. Ich mache inzwischen die Gefechtsorder für die Kommandanten fertig«, sagte Bolitho zu ihm.
»Und dann, Sir?« Keverne hatte immer noch die
Tanai
s
im Auge.
»Dann können Sie Klarschiff zum Gefecht anschlagen lassen.« Er lächelte. »Und diesmal werden wir es in acht Minuten schaffen!«
»Achterdeck! An die Brassen!« brüllte Keverne.
Beim Klang seiner Stimme wandte Bolitho sich noch einmal um: Pascoe stand bei der Achterwache an den Besanbrassen, den Hut tief über das widerspenstige Haar gezogen, die Augen im grellen Sonnenlicht zusammengekniffen.
Eine Sekunde lang trafen sich ihre Blicke, und Bolitho wollte schon die Hand heben, um ihm zuzuwinken. Aber ein plötzlicher Schmerz erinnerte ihn an seine Wunde, und er sah die Bestürzung im Gesicht des Jungen; es war, als fühle er seine Schmerzen mit.
»Ruder hart Backbord! Los die Vorschoten! Hol dicht Besan!« Matrosen rannten in alle Richtungen; unter dem Druck von Wind und Ruder kam die
Euryalu
s
unter Knarren und Stöhnen herum.
Und dann war es wieder einmal sowe it: wie ein gigantischer Elefantenstoßzahn reckte sich ihr Klüverbaum einem Feind entgegen.
Im Gefecht
»Kursänderung ein Strich nach Backbord, Mr. Partridge!«
Bolitho ging nach Lee, um nach der
Zeus
zu sehen, die fast genau voraus an der Spitze der anderen Formation segelte. Es hatte fast eine Stunde gedauert, bis das Geschwader über Stag gegangen war und jeder Kommandant seinen Platz in seiner Gefechtslinie eingenommen hatte. Gott sei Dank hatten sie inzwischen genügend Zeit gehabt, sich aufeinander einzuspielen.
»West zu Süd liegt an, Sir«, bestätigte Partridge mit grimmiger Entschlossenheit.
»Recht so.«
Bolitho schritt zur Achterdecksreling und musterte sein Schiff. Jetzt, da die
Euryalu
s
an der Spitze fuhr, konnte man die Lage viel besser übersehen und überdenken. Vor den mächtigen, klauenförmigen Klüversegeln und den dichgebraßten Vorbramsegeln, die das Schiff stetig auf Backbordbug hielten, konnte er den Feind so deutlich sehen wie auf einem Seeschlachtengemälde. Die zehn Schiffe segelten in beinahe vollkommener Gefechtslinie diagonal auf das britische Geschwader zu. Für ein ungeübtes Auge mochte es aussehen, als sei der Weg nach vorn von einer Reihe mächtiger Schiffe total blockiert, und selbst einem erfahrenen Beobachter konnte es bei diesem
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