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Der Stolz der Flotte

Der Stolz der Flotte

Titel: Der Stolz der Flotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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der
Euryalus
,

zweifellos, um ihn abzuholen. Broughton wartete auf eine Erklärung.
    Er wandte sich noch einmal zu den stumm starrenden Männern um. Sie fürchteten sich vor dem Kommenden; nein, sie waren halb verrückt vor Angst, er konnte ihre Angst beinahe riechen und hätte sie gern beruhigt.
    Brice, der alles das angerichtet hatte, fiel ihm plötzlich wieder ein, und der Schreiber Gates, der des Kommandanten Grausamkeit für seine eigenen Zwecke genutzt hatte. Jetzt war Gates in Freiheit, und auch Brice hatte Chancen, ohne großen Schaden aus der Sache herauszukommen. Bolitho biß die Zähne zusammen und wartete ungeduldig, bis das Boot längsseit kam. Wir werden ja sehen, dachte er kalt.
    Bolitho lüftete den Hut zum Achterdeck hin und fragte gelassen: »Nun, Mr. Keverne? Ich denke, ich brauche eine Erklärung, und zwar schnell.«
    Ebenso gelassen erwiderte Keverne: »Ich konnte nichts dagegen machen, Sir. Vizeadmiral Broughton kam gestern in der zweiten Hundewache an Bord. Er reiste auf dem Landwege, über Truro.« Hilflos und sorgenvoll hob er die Schultern. »Ich konnte ihm ja Ihre versiegelte Order nicht verheimlichen, und er verlangte, daß ich sie öffne.« Bolitho blieb an der Kampanje stehen und sah auf die Backbordbatterie hinunter, deren Zwölfpfünder immer noch ausgerannt und auf die
Auriga

gerichtet waren. Doch die meisten Geschützbedienungen blickten nach achtern auf ihn, überrascht, aber auch besorgt. Sie haben auch allen Grund dazu, dachte er bitter. Aber es war nicht Kevernes Schuld, und das war immerhin etwas. Denn eine Zeitlang hatte ihn der Gedanke beunruhigt, daß Keverne nur zu bereitwillig mit seiner Geheimorder zu Broughton gelaufen wäre, um sich bei dem neuen Admiral beliebt zu machen.
    »Wie geht es Sir Charles?« fragte er.
    Keverne schüttelte betrübt den Kopf. »Nicht besser, Sir.«
    Der Zweite Offizier kam herzu und faßte an den Hut. »Der Vizeadmiral erwartet Sie, Sir.« Nervös fingerte er an seinem Degengriff.
    »Mit allem Respekt, Sir, er scheint etwas ungeduldig zu sein.«
    Bolitho rang sich ein Lächeln ab. »Gewiß, Mr. Meheux, das wird offenbar ein hektischer Tag.« Aber ihm war nicht nach Lächeln zumu te. Er konnte es zwar dem Admiral nicht übelnehmen, wenn er wissen wollte, wo sein Flaggkapitän steckte. Schließlich waren Admirale es nicht gewohnt, sich zu entschuldigen, wenn sie sich verspätet hatten, oder ihren Untergebenen ihre Gründe zu erläutern. Aber eine Fregatte des eigenen Geschwaders mit den Kanonen des eigenen Flaggschiffs zu bedrohen – das war denn doch unerhört.
    Absichtlich ging er das letzte Stück zur Admiralskajüte langsamer, um sich für die Konfrontation zu sammeln.
    Ein Korporal der Marine-Infanterie öffnete ihm unbewegten Gesichts die Tür. Selbst der kam ihm wie ein Fremder vor.
    Vizeadmiral Sir Lucius Broughton stand am Heckfenster und blickte durch ein Teleskop auf die Küste. Er trug einen blauen Interimsrock mit goldenen Epauletten und schien ganz in die Betrachtung der Küste versunken. Als er sich endlich umwandte, fand Bolitho ihn weit jünger als erwartet: etwa vierzig, ebenso alt wie er selbst. Sir Lucius war nicht groß, aber schlank und hielt sich gerade, so daß er größer wirkte. Auch das war ziemlich ungewöhnlich.
    Admirale neigten oft zum Dickwerden, wenn sie erst einmal ihre Flagge hatten. Sie brauchten nicht mehr ständig Wache zu gehen oder zu allen Tages- und Nachtzeiten an Deck zu erscheinen; ihr Sold lag erheblich höher, und sie konnten auch noch mit anderen materiellen Vorteilen rechnen.
    Broughton sah weder zornig noch ungeduldig aus. Er wirkte im Gegenteil entspannt bis zur völligen Seelenruhe. Er hatte hellbraunes, ziemlich kurzes Haar, das überm Kragen zu einem kleinen Zopf zusammengebunden war.
    »Ah, Bolitho, da sind Sie ja endlich.« Das war nicht ironisch, sondern ganz sachlich gemeint. Als ob Bolitho von irgendeiner unwesentlichen Reise zurückgekommen wäre.
    Seine Sprechweise war unbeschwert und aristokratisch; jetzt trat er in das Sonnenlicht, das durch die Heckfenster einfiel, und Bolitho sah, daß seine Uniform aus feinstem Tuch und sein Degengriff beste Goldschmiedearbeit war.
    »Tut mir leid«, erwiderte er, »daß ich nicht an Bord war, um Sie zu begrüßen, Sir. Wir wußten ja auch nicht genau, wann Sie kommen würden.«
    »Gewiß.« Broughton setzte sich an seinen Schreibtisch und fixierte Bolitho kühl. »Ich erwarte in aller Kürze Nachricht über meine anderen Schiffe. Und dann – je

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