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Der Stolz der Flotte

Der Stolz der Flotte

Titel: Der Stolz der Flotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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ersticke sie ihn. »Eine Patrouille fand den Kurier aus London tot in einer Hecke, mit durchschnittener Kehle und leerer Depeschentasche. Jemand hat gewußt, daß er hierher ritt, und dafür gesorgt, daß Admiral Broughton so lange wie möglich nichts erfuhr!« Rook winkte einem Matrosen am Kai: »Rufen Sie ein Boot her, Mann!«
    Bolitho trat an die Kante der sonnenwarmen Steinmauer und sah zu den Schiffen hinüber. Das Bild der
Euryalu
s

flirrte in der heißen Luft, und sowohl in den Masten als auch an Deck schien lebhafter Betrieb zu herrschen.
    War es möglich, daß sich die Lage so schnell änderte? Eben noch schien alles einigermaßen in Ordnung, und auf einmal war eine ganze Flotte in hellem Aufruhr?
    Zögernd fuhr Rook fort: »Ich weiß nicht, ob ich mir erlauben darf, es zu sagen; aber ich glaube, Sir Lucius Broughton war schwer erschüttert von dem, was er in Spithead erlebt hat. Wer in Zukunft versucht, sich ihm zu widersetzen, dem geht es ziemlich dreckig.«
    Das Boot schrammte am Kai, und Bolitho stieg mit Rook hinein. Rook blieb stehen, bis Bolitho sich im Heck gesetzt hatte, und gab dann dem Bootsführer ein Zeichen, Kurs auf das Flaggschiff zu nehmen.
    »Hoffentlich können wir ohne weitere Verzögerung in See gehen«, sagte Bolitho ernst. »Wenn wir erst klar von Land sind, haben wir Zeit zum Nachdenken.« Rook sagte nichts dazu – Bolitho hatte auch nur laut gedacht.
    Es schien endlos zu dauern, bis sie bei dem Dreidecker längsseit waren; er sah schon aus einiger Entfernung, daß die Enternetze aufgeriggt waren, daß Marine-Infanteristen auf den Decksgängen patrouillierten und Posten an Kampanje und Vorschiff aufgezogen waren.
    Rasch kletterte er an Bord und lüftete seinen Hut zum Trillern der Pfeifen und dem Stampfen der präsentierten Musketen.
    Weigall, der Dritte Offizier, meldete nervös: »Der Admiral erwartet Sie, Sir. Tut mir leid, daß Ihre Gig nicht am Kai war, aber alle Bootsfahrten sind gesperrt.«
    »Danke«, nickte Bolitho. Ohne sich seine Spannung merken zu lassen, schritt er nach achtern in den Schatten der Kampanje. Er mußte ruhig und normal erscheinen, obwohl ihm ganz anders zumute war.
    Am Kajütschott standen statt des normalen Einzelpostens drei Se esoldaten mit Musketen und aufgepflanzten Bajonetten.
    Er biß die Zähne zusammen und öffnete die Tür. Hinter sich hörte er Rooks schweren Atem und spürte eine heftige Trockenheit in der Kehle beim Anblick der bereits versammelten Offiziere. In der Kajüte war ein Tisch quergestellt, Stühle standen dahinter, so daß Bolitho unwillkürlich an einen Gerichtssaal erinnert wurde. Stumm blickten ihm die herumstehenden Offiziere entgegen, alles Kommandanten der anderen Schiffe; sogar der junge Kommandant der Korvette
Restless
war dabei.
    Ein Leutnant, den Bolitho überhaupt nicht kannte, kam eilig auf ihn zu; sein etwas angestrengtes Lächeln konnte Begrüßung bedeuten oder auch nur Erleichterung, daß er endlich da war.
    »Willkommen an Bord, Sir.« Er deutete zu der geschlossenen Tür von Sir Lucius’ kleinem Kartenraum. »Sir Lucius erwartet Sie, Sir.«
    Und als er merkte, daß Bolitho immer noch unbeweglich stand, fügte er beflissen hinzu: »Mein Name ist Calvert, Sir. Der neue Flaggleutnant des Admirals.«
    Er hatte die gleiche gedehnte Sprechweise wie Broughton, aber sonst war er ihm ganz und gar nicht ähnlich. Calvert machte eher einen verwirrten, gequälten Eindruck; und Bolithos Unbehagen verstärkte sich plötzlich, als warne ihn etwas. In der kurzen Zeit, während er nach Truro gefahren war, allen möglichen maßgebenden Leuten die Hände geschüttelt und sich ihre wohltönenden Kondolenzreden angehört hatte, war das alles passiert!
    »Dann gehen Sie voraus, Mr. Calvert«, sagte er. »Wir werden uns zweifellos zu gegebener Zeit besser kennenlernen.«
    In dem kleinen Kartenraum schien es ihm sehr heiß. Das Oberlichtfenster war geschlossen, und man konnte kaum atmen. Broughton stand mit verschränkten Armen neben dem Tisch und starrte auf die Tür, als ob er in dieser Haltung schon seit Stunden eingefroren wäre. Sein Uniformrock lag auf einem Stuhl, und in dem einfallenden Sonnenlicht sah man auf seinem blendendweißen Hemd dunkle Schweißflecken.
    Er war ruhig, das Gesicht völlig ausdruckslos, als er Bolitho zunickte und den Leutnant anfuhr: »Warten Sie draußen, Calvert!«
    Der Leutnant fingerte an seinen Rockknöpfen und murmelte: »Ich dachte… Die Briefe, Sir…«
    Adjutant.
    »Mein Gott, Mann, sind Sie

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