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Der Stolz der Flotte

Der Stolz der Flotte

Titel: Der Stolz der Flotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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war, so tief war er in Gedanken gewesen.
    »Wie alt sind Sie, Mr. Drury?« fragte er.
    Der Junge schluckte. »Dreizehn, Sir.«
    »Aha. Nun, Mr. Drury, bis Sie ein eigenes Schiff bekommen, haben Sie noch eine lange, stürmische Fahrt vor sich.«
    »Jawohl, Sir.« Was, um Gottes willen, mochte nun kommen?
    »Und wenn ein junger Offizier keine Finger mehr hat, kann das ein wirkliches Problem für ihn sein. Daher wünsche ich in Zukunft nicht mehr zu hören, daß Sie Kerzen hochhalten, um anderen Leuten bei ihren Degentricks zu assistieren – verstanden?«
    »Nein, Sir – ich meine, ja, Sir!« Drury fiel fast auf die Nase, als er zum Wachoffizier zurückrannte; vermutlich schwirrte ihm der Kopf im Gedanken an den unfehlbaren Nachrichtendienst des Kommandanten.
    Keverne erschien an Deck, sich noch den Mund mit dem Taschentuch betupfend, und spähte zu den Segeln hinauf.
    »Sie wünschen, Sir?«
    »Wir wollen die Marssegel gleich reffen, Mr. Keverne.« Bolitho sprach ganz dienstlich. Was er fühlte oder fürchtete, durfte er auf keinen Fall zeigen, durfte er mit keinem von denen teilen, die von seinem Können und seiner Urteilskraft abhängig waren. Keverne rannte bereits los, im Laufen seinen Rock zuknöpfend und nach dem Bootsmannsmaat der Wache brüllend.
    Aber manchmal, fand Bolitho, war das schwerer, als er je gedacht hätte.

Breitseite!
    Um Mittag des folgenden Tages krochen die Schiffe langsam über Steuerbordbug voran, hart am Wind, mit dichtgebraßten Rahen, um möglichst viel Höhe herauszufahren. Kurz nach dem ersten Morge nlicht hatten sie eine neue Kursänderung vorgenommen und segelten nun nach Ostnordost. Jetzt standen sie über ihren zitternden Spiegelbildern wie festgenagelt, und die glühende Sonne machte jede körperliche Anstrengung zur Qual. Es war wie in einem Schmelzofen, und selbst der Wind, der stetig aus Norden kam, brachte weder Frische noch Erleichterung, sondern stach auf der Haut wie heißer Sand.
    Bolitho zupfte sich das Hemd vom Leibe ab und floh in den Schatten der Finknetze. Keverne und Partridge setzten eben ihre Sextanten ab und verglichen ihre Bestecks. Mehrere Midshipmen sahen bei dieser routinemäßigen Prozedur zu und taten desgleichen, allerdings war es bei ihnen nur Übungssache.
    Oben vor der Kampanje, wo ein schmales Sonnensegel aufgeriggt war, schritt Draffen langsam auf und ab. Auf den sonnengedörrten Planken klangen seine Schritte unverhältnismäßig laut. Keverne kam mit seinem Besteck zu Bolitho herüber und sagte müde: »Es stimmt mit Ihrer Berechnung überein, Sir.« Gleich den anderen Offizieren war er ohne Rock und Hut, und sein Hemd klebte ihm am Körper wie eine zweite Haut. Er war anscheinend zu apathisch, um sich über die Genauigkeit der Berechnung zu freuen oder zu wundern.
    Es war eine ereignislose Nacht gewesen. Das Geschwader segelte gut und hielt die vorgeschriebenen Positionen ein. Bei Morgengrauen war Broughton an Deck erschienen – das war ungewöhnlich und mußte etwas zu bedeuten haben.
    Als die Signale für den neuen Kurs hochgingen und die Vorbereitungen für Reinschiff und Frühstückfassen begannen, hatte Broughton säuerlich bemerkt: »Wir sollen heute vormittag Kontakt mit einem von Sir Hugos ›Freunden‹ aufnehmen. Bei Gott, es kotzt mich an, daß ich mich nach so einem verdammten Amateur richten muß!« Ob er damit Draffen oder den Agenten meinte, ließ er offen; und Bolitho hielt es nach einem Blick auf sein Gesicht für besser, sich auch die taktvollste Rückfrage zu verkneifen.
    Je länger der glühende Vormittag sich hinzog, um so deutlicher schwand Draffens Zuversicht. Bei jedem plötzlichen Ausruf eines Matrosen blieb er stehen, bis sich herausstellte, daß er nichts zu bedeuten hatte.
    »Schon gut, Mr. Keverne«, sagte Bolitho. »Im Moment können wir nichts weiter tun.«
    Vor zwei Stunden hatte der Ausguck im Masttopp das Deck angerufen; und als jedes Auge auf seinen winzigen, schwankenden, zwe ihundert Fuß hohen Sitz gerichtet war, hatte er ›Land in Sicht‹ gemeldet.
    Obwohl Bolitho die Höhe haßte, enterte er in die vibrierenden Webeleinen auf, über die Großsaling, immer höher, bis er neben dem bezopften Matrosen war, der die Meldung gemacht hatte. Die Beine fest um die Marssaling geschlungen, hatte er krampfhaft vermieden, aufs Deck hinunterzusehen, und sich auf sein Teleskop konzentriert; dabei sah er, daß der Ausguck die ganze Zeit gelassen durch die Zähne pfiff und sich nicht einmal festhielt.
    Aber die Aussicht war

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