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Der stolze Orinoco

Der stolze Orinoco

Titel: Der stolze Orinoco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Und Sie, lieber Jean?
    – Ich werde diese Gelegenheit nicht verfehlen, antwortete Jean, und wenn mein Onkel etwa noch schliefe…
    – So wirst Du mich wecken, lieber Neffe, ja ich erwarte bestimmt, daß Du mich dann weckst! fiel der Sergeant Martial ein. Da wir einmal ins Land des Kautschuks gekommen sind, ist es nur recht und billig, auch kennen zu lernen…
    – Wie man das Gummi elasticum gewinnt, Sergeant, das Gummi elasticum!« rief Germain Paterne.
    Damit ging es endlich nach der Wohnung zurück, nach einem Spaziergange, der den ganzen Nachmittag gedauert hatte.
    Das Abendessen versammelte die Gäste des Commissars wieder an der Tafel. Das Gespräch dabei drehte sich in der Hauptsache um die Reise und deren Zwischenfälle seit der Abfahrt von Caïcara, um die Massenwanderung der Schildkröten und das Auftreten des Chubasco, wodurch die Piroguen und das Leben der Passagiere so ernstlich gefährdet worden waren.
    »Diese Chubascos sind in der That entsetzlich, sagte Herr Manuel, und auch der obere Orinoco bleibt davon nicht verschont. Was die Einfälle von Schildkröten angeht, so haben wir solche in unserm Landestheile nicht zu befürchten, denn hier finden sich keine geeigneten Strandflächen zum Ablegen der Eier, und jene Thiere trifft man nur vereinzelt an.
    – O, sagen Sie ihnen nichts Schlechtes nach! meldete sich Germain Paterne. Ein richtig zubereiteter Sancocho von Schildkröten ist etwas Ausgezeichnetes. Nur durch diese Thiere und – wer möchte es glauben? – durch die Affen ist einem bei der Fahrt auf Ihrem Strome eine leckere Mahlzeit ermöglicht.
    – Das ist ja richtig, stimmte der Commissar zu. Doch um auf die Chubascos zurückzukommen, so hüten Sie sich davor, meine Herren. Sie treten ebenso plötzlich und ebenso heftig oberhalb wie unterhalb San-Fernandos auf, und Herrn Helloch, lieber Herr Jean, sollte besser nicht zum zweitenmale die Gelegenheit, Sie zu retten, geboten werden.
    – Ganz recht… ganz recht! rief der Sergeant Martial, der diesen Gesprächsgegenstand nicht sonderlich liebte. Wir werden auf die Chubascos achten, Herr Commissar, wir werden sie schon überwachen!«
    Da schlug Germain Paterne ein andres Thema an und sagte:
    »Haben wir denn unsre Reisegefährten schon so gänzlich vergessen, daß wir Herrn Manuel gegenüber gar nicht von ihnen reden?
    – Wahrhaftig, antwortete Jean, den ehrenwerthen Herrn Miguel… und die Herren Felipe und Varinas.
    – Wer sind die Herren, die Sie eben nannten? erkundigte sich der Commissar.
    – Drei Venezuolaner, mit denen wir die Fahrt von Ciudad-Bolivar nach San-Fernando zusammen gemacht haben.
    – Einfache Reisende? fragte Herr Manuel.
    – Und auch Gelehrte, erklärte Germain Paterne.
    – Und was wissen sie, die gelehrten Herren?
    – Sie würden besser thun, zu fragen, was sie nicht wissen, bemerkte Jacques Helloch.
    – Nun, was wissen sie denn nicht?
    – Sie wissen nicht, ob der Strom, woran Ihr Rancho liegt, der Orinoco ist.
    – Alle Wetter, rief Herr Manuel, sie erkühnten sich, das zu bezweifeln?
    – Der eine, Herr Felipe, behauptet, daß der eigentliche Orinoco dessen Nebenfluß, der Atabapo, sei, und der andre, Herr Varinas, hält den Guaviare für den richtigen Hauptstrom.
    – Das ist ja die reine Frechheit! polterte der Commissar hervor. Sapperment, der Orinoco sollte nicht der Orinoco sein!«
    Er war wirklich wüthend, der würdige Herr Manuel Assomption, und seine Gattin wie seine beiden Söhne theilten seinen Ingrimm. Ihre Eigenliebe war tief verletzt in dem, was ihrem Herzen am nächsten lag, in ihrem Orinoco, d. h. dem »Großen Wasser« oder – in der Tamanaquensprache – dem »Könige der Ströme«.
    Jetzt mußte nun näher erklärt werden, was Herr Miguel und seine beiden Collegen in San-Fernando vorhatten und welchen Untersuchungen – die gewiß von stürmischen Auseinandersetzungen begleitet wurden – sie sich in der nächsten Zeit widmen wollten.
    »Welche Ansicht vertritt denn jener Herr Miguel? fragte der Commissar.
    – Er ist der Meinung, antwortete Germain Paterne, daß der Fluß, auf dem wir von San-Fernando nach Danaco gekommen sind, der wirkliche Orinoco sei.
    – Der aus dem Gebirgsstock der Parima hervorbricht! setzte der Commissar mit laut schallender Stimme hinzu. Nun, Herr Miguel möge nur zu uns kommen, er wird mit aller Herzlichkeit empfangen werden. Die beiden Andern mögen sich’s aber nicht einfallen lassen, im Rancho Rast machen zu wollen; wir würden sie in den Strom werfen, und von

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