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Der stolze Orinoco

Der stolze Orinoco

Titel: Der stolze Orinoco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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in der, wenn auch auf das Nöthigste beschränkten Ausstattung, die mit ihren Truhen, Tischen, Schemeln, Bastkörben, Hängematten u. s. w. den Anspruch auf eine gewisse Behaglichkeit verräth.
    Bei dem Gange durch das Dorf konnten die Reisenden die männliche und die weibliche Bewohnerschaft von Danaco sehen, denn weder Frauen noch Kinder suchten bei ihrer Annäherung zu entfliehen.
    Die gut gebauten, kräftig und gesund aussehenden Männer ließen jetzt vielleicht weniger von einer »Localfärbung« erkennen, als zur Zeit, wo ihre Bekleidung nur aus dem durch einen Gürtel zusammengehaltenen Guayneo bestand. Dasselbe galt für die Frauen, die sich früher mit einer einfachen, großen, mit aus Glasperlen bestehendem Muster verzierten Schürze begnügten, welche über den Hüften durch einen Gürtel aus Perlen befestigt war. Jetzt näherte sich ihre Tracht mehr der der Mestizen oder civilisierten Indianer und verstieß in keiner Weise gegen die Regeln der Schicklichkeit. Bei den Männern fand man übrigens ein Aequivalent für den mexikanischen Poncho, und die Frauen würden doch ihr Geschlecht gänzlich verleugnet haben, wenn sie nicht um Hand und Fußgelenk zahlreiche Spangen oder Armbänder getragen hätten.
    Nach etwa hundert Schritten durch das Dorf führte der Commissar seine Gäste nach links hin, und zwei Minuten darauf standen sie vor der Hauptwohnung Danacos. Vergegenwärtige man sich darunter ein Doppelh aus oder vielmehr zwei aneinandergefügte, doch im Innern verbundene Wohnstätten, die sich auf ihrem Unterbau ziemlich hoch erhoben und deren Mauern Fenster und Thüren hatten. Sie waren von einem Gehege aus Flechtwerk umgeben, durch Pallisaden noch weiter geschützt, und hatten an der Front einen geräumigen Vorhof. Kräftige Bäume spendeten ihnen Schatten, und auf beiden Seiten derselben standen besondere Schuppen, worin die Ackergeräthe untergebracht wurden, oder Ställe zur Aufnahme der Hausthiere.
    Der Empfang fand im ersten Raume einer der beiden Wohnhäuser statt, worin sich schon die Gattin Manuel Assomption’s mit ihren zwei Söhnen aufhielt, sie eine Mestizin von einem Indianer und einer Brasilianerin, die Söhne ein Paar kräftige Erscheinungen von fünfundzwanzig und von dreißig Jahren, auch von weniger dunkelm Teint, als ihr Vater und ihre Mutter.
    Jacques Helloch und seine Begleiter wurden hier ungemein herzlich aufgenommen. Da die ganze Familie spanisch verstand und geläufig sprach, kam eine Unterhaltung bald und ohne Schwierigkeiten in Gang.
    »Und zunächst, wandte sich Manuel an seine Gattin, werden, da die »Gallinetta« hier achtundvierzig Stunden in Reparatur liegt, der Sergeant und sein Neffe bei uns wohnen. Mache ihnen ein Zimmer oder zwei zurecht.
    – Zwei, wenn ich bitten darf, sagte eiligst der Sergeant Martial.
    – Gut, recht gern zwei, antwortete der Commissar, und wenn Herr Helloch und sein Freund auch im Rancho zu übernachten wünschen…
    – Nein, besten Dank für Ihre Freundlichkeit, Herr Manuel, erklärte Germain Paterne. Unsre Pirogue, die »Maripare« ist im besten Zustande, und um Ihnen nicht zu viele Mühe zu machen, werden wir heute Abend an Bord zurückkehren.
    – Wie es Ihnen beliebt, meine Herren, erwiderte der Commissar. Sie würden uns nicht im mindesten belästigen, wir wollen Sie in Ihren Entschließungen aber auch nicht beschränken.«
    Dann richtete er das Wort an seine beiden Söhne:
    »Wir werden einige unsrer besten Leute hinschicken müssen, um den Mannschaften der Falcas zu helfen.
    – O, wir betheiligen uns auch gleich selbst an der Arbeit,« antwortete der ältere der beiden Brüder.
    Er äußerte diese Worte unter einer gleichzeitigen respectvollen Verbeugung vor Vater und Mutter, ein Beweis von Ehrerbietung, dem man in venezuolanischen Familien fast überall begegnet.
     

    Der Commissar erweckte die Bewunderung der Reisenden… (S. 254.)
     
    Nach dem Frühstück, wobei es Wild, Früchte und Gemüse in großer Menge gab, fragte Herr Manuel seine Gäste nach dem Zwecke ihrer Reise. Bisher wurde der obere Orinoco kaum von Andern besucht, als von vereinzelten Kaufleuten, die sich meist nur bis zum Cassiquiare, stromaufwärts von Danaco begaben. Noch weiter hinauf hörte auch der Handelsverkehr auf dem Strome gänzlich auf, und nur Forschungsreisenden konnte der Gedanke kommen, auch noch bis zu den Quellen vorzudringen.
    Der Commissar erstaunte deshalb nicht wenig, als Jean ihm die Veranlassung zu dieser Reise mitgetheilt hatte, bei der ihn

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