Der strahlende Tod
Es sind wohl nicht so viele Menschen übriggeblieben, daß man sie noch nach Nationalitäten einteilen könnte. Sie sollten sich jetzt alle nur noch als Menschen bezeichnen. Auch die, die wir eben gehört haben. Wir können sie nicht töten. Rush hat recht.«
»Aber Buchanan hat auch recht!« rief Morgan. »Wenn es diese Leute nicht gegeben hätte, hätte es auch keinen Krieg gegeben!«
»Verdammt noch mal, wer hat denn nun eigentlich recht?« Gilbert schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Der General hat recht. Buchanan hat recht! Ich finde mich da nicht mehr zurecht. Ich verstehe überhaupt nichts mehr!«
Alle sahen Zimmermann an, als erwarteten sie von ihm, daß er etwas Endgültiges sagen könnte.
»Buchanan hat recht, und Bradley hat recht«, sagte Zimmermann, »das stimmt. Aber daraus läßt sich folgern, daß es keine objektive Wahrheit gibt. Ich will gar nicht sagen, daß mich Bradley in allen Punkten überzeugt hat; Gilbert hat schon etwas Richtiges gesagt: Wenn sie alle sich dagegen aufgelehnt hätten, wäre das alles nicht passiert. Aber immerhin gibt es ja auch noch die anderen, die sogenannte Gegenseite. Die müßten sich dann genauso verhalten haben. Nein, das, was wir erlebt haben, ist das fürchterliche Ende einer verbohrten, schlechten Politik. Nicht einer Politik der Stärke, finde ich, eher einer Politik der Angst; der Angst vor dem anderen, dem Andersdenkenden. Und nicht nur das. Wir haben das Ende einer Kette erlebt, in der es als Glieder alles gegeben hat: Angst, Haß, Verrat, Politik der Stärke, des mißverstandenen Prestiges. Diese Entwicklung fängt irgendwo in der Geschichte an, und ich wage es nicht, den Ausgangspunkt zu suchen. Ich fürchte, dann müßten wir sehr weit zurückgehen.«
»Gut«, sagte Grant, »was folgert daraus?«
Zimmermann machte eine müde Handbewegung.
»Daraus folgert, Grant, daß ich der Ansicht bin, daß wir diese Männer auf gar keinen Fall umbringen dürfen!«
Kemp stieß langsam und hörbar die Luft aus. Er öffnete den Mund, als ob er etwas sagen wollte, aber dann schwieg er doch.
Zimmermann sah ihn auffordernd an.
»Ich habe gerade daran gedacht«, sagte Kemp langsam, »wie Richards das aufgenommen hätte.«
Gilbert brummte. Zimmermann sah ihn fest an.
»Gilbert«, sagte er, »das müssen Sie einsehen: Wenn Sie auf Ihrem Standpunkt beharren, unterscheiden Sie sich nicht von Richards.«
»Ach, Blödsinn«, sagte Gilbert. »Ich seh’s ja ein, das ist es ja! Ich habe mir das alles ganz anders vorgestellt. Ja, zum Teufel, ihr habt recht, ich kann es nicht ändern. Ihr habt wirklich recht. Wir können es nicht machen.«
»Aber was machen wir dann mit ihnen?« fragte Rush.
»Was glaubt ihr, was wir mit ihnen tun sollen?« fragte Zimmermann.
»Ich weiß, woran Sie denken«, sagte Rush.
»Woran denn, Tom?«
»Sie wollen sie fragen, ob sie mit uns nach Jackville kommen wollen!«
»Ja, daran habe ich gedacht«, sagte Zimmermann.
Die Männer sahen sich an.
»Was wird Buchanan dazu sagen?« fragte Grant.
»Buchanan wird unsere Entscheidung verstehen!« meinte Zimmermann.
»Unterschätzen Sie seinen Haß nicht«, sagte Kemp mit Nachdruck.
»Buchanan wird seinen Haß überwinden! Buchanan wird mich anhören und mir zustimmen!«
Kemp senkte den Kopf.
»Ich weiß nicht recht«, murmelte er schließlich.
»Schätzen Sie ihn doch nicht so gering ein, Gibson!«
Kemp sah hoch.
»Vielleicht haben Sie recht. Ich hoffe es von ganzem Herzen. Ich bin für Ihren Vorschlag, und ich werde ihn verteidigen.«
»Ja«, sagte Grant, »aber sie dürfen nicht mehr Rechte haben als wir.«
»Das versteht sich von selbst!«
Zimmermann stand auf.
»Sind wir uns also einig?« fragte er.
Die Männer nickten zustimmend. Zimmermann war sehr erleichtert, als er sah, daß auch Gilbert mit Nachdruck nickte.
*
»General, wir möchten Sie fragen, ob Sie bereit sind, mit uns in unsere Ansiedlung zu kommen. Dieser Vorschlag gilt für alle hier anwesenden Herren. Wir haben nur zwei Bedingungen: Sie kommen ohne Uniform und Sie fügen sich ohne besondere Rechte in unsere Gemeinschaft ein.«
Bradley sah ihn voll an.
»Ich habe, während Sie beraten haben, mit meinen Herren darüber gesprochen. Wir kommen gern mit. Wir danken Ihnen für diesen Vorschlag.«
»Sie haben damit gerechnet?« fragte Zimmermann überrascht.
Der General nickte lächelnd.
»Ich habe damit gerechnet, Mr. Zimmermann.«
»Gut, Mr. Bradley!« Zimmermann streckte ihm die Hand
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