Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Streik

Der Streik

Titel: Der Streik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayn Rand
Vom Netzwerk:
…“
    „Du solltest deine Angst nicht zeigen, Jim“, sagte sie verächtlich.
    Er antwortete nicht.
    „Es nützt jetzt nichts, in Panik zu verfallen“, sagte sie. „Wir können jetzt nur Schadensbegrenzung betreiben. Und der Schaden wird erheblich sein. Vierzig Millionen Dollar sind ein schwer zu verkraftender Verlust. Aber die Taggart Transcontinental hat schon so einige Tiefschläge überlebt. Ich werde dafür sorgen, dass sie auch diesen überlebt.“
    „Ich weigere mich, ich weigere mich absolut, auch nur die Möglichkeit einer Verstaatlichung der San-Sebastián-Linie in Betracht zu ziehen.“
    „Also gut. Dann zieh sie eben nicht in Betracht.“
    Sie schwieg. Er sagte abwehrend: „Mir will nicht in den Kopf, weshalb du so darauf erpicht bist, einem Ellis Wyatt eine Chance zu geben, es aber gleichzeitig für einen Fehler hältst, die Entwicklung eines wirtschaftlich schlecht gestellten Landes zu unterstützen, das nie eine Chance gehabt hat.“
    „Ellis Wyatt braucht niemanden, der ihm eine Chance gibt. Und es ist auch nicht meine Aufgabe, jemandem eine Chance zu geben. Ich betreibe eine Eisenbahngesellschaft.“
    „Das erscheint mir äußerst engstirnig. Mir leuchtet nicht ein, weshalb wir einem Einzelnen helfen sollten anstatt einer ganzen Nation.“
    „Es geht mir nicht darum, irgendjemandem zu helfen. Ich möchte Geld verdienen.“
    „Das ist eine abwegige Haltung. Die Zeiten selbstsüchtiger Habgier sind vorbei. Es ist allgemein anerkannt, dass die Interessen der Gesamtgesellschaft in allen geschäftlichen Unternehmungen Vorrang haben müssen, die …“
    „Wie lange willst du noch um die Entscheidung herumreden, Jim?“
    „Um welche Entscheidung?“
    „Den Kauf von Rearden-Metall.“
    Er antwortete nicht. Er musterte sie stumm. Ihr schlanker Leib, der vor Erschöpfung beinahe in sich zusammensackte, wurde von der geraden Linie ihrer Schultern gehalten, die wiederum allein aus Willenskraft aufrecht blieben. Nur wenige Menschen mochten ihr Gesicht: Das Gesicht war zu kalt, der Blick zu eindringlich und durch nichts zu erweichen. Er ärgerte sich über ihre schönen Beine, die direkt vor seinen Augen von der Stuhllehne herabbaumelten; sie widersprachen seiner übrigen Bewertung.
    Da sie schwieg, war er gezwungen zu fragen: „Du hast also die Bestellung mir nichts, dir nichts aufgegeben, Hals über Kopf, telefonisch?“
    „Ich hatte mich schon vor sechs Monaten dazu entschlossen. Ich habe lediglich gewartet, bis Hank Rearden bereit war, die Produktion aufzunehmen.“
    „Nenn ihn nicht Hank Rearden. Das ist gewöhnlich.“
    „So nennt ihn jeder. Lenk nicht vom Thema ab.“
    „Warum hast du ihn ausgerechnet gestern Abend angerufen?“
    „Ich konnte ihn nicht eher erreichen.“
    „Warum hast du nicht gewartet, bis du zurück in New York warst, um …“
    „Weil ich die Rio-Norte-Trasse gesehen hatte.“
    „Also, ich muss mir die Sache erst durch den Kopf gehen lassen, den Verwaltungsrat befragen, Fachleute …“
    „Dazu ist keine Zeit.“
    „Du hast mir aber keine Gelegenheit gegeben, mir eine Meinung zu bilden.“
    „Ich lege nicht den geringsten Wert auf deine Meinung. Ich werde mich weder mit dir noch mit deinem Verwaltungsrat oder deinen Professoren herumstreiten. Du musst eine Entscheidung treffen, und zwar sofort. Sag einfach ja oder nein.“
    „Das ist eine absurde, anmaßende, despotische Art …“
    „Ja oder nein?“
    „Das ist das Problem mit dir. Für dich gibt immer es nur ‚ja‘ oder ‚nein‘. Aber so eindeutig sind die Dinge nicht. Nichts ist jemals eindeutig.“
    „Metallschienen schon. Und ebenso die Frage, ob wir sie bekommen oder nicht.“
    Sie wartete ab. Er antwortete nicht.
    „Also?“, fragte sie.
    „Übernimmst du die Verantwortung dafür?“
    „Ja.“
    „Also gut“, sagte er und fügte hinzu: „Aber du nimmst es auf deine Kappe. Ich werde die Bestellung nicht stornieren, aber was ich dem Verwaltungsrat berichte, bleibt mir überlassen.“
    „Berichte ihm, was du willst.“
    Sie stand auf und wollte gehen. Doch er zögerte, die Besprechung mit einem so eindeutigen Ergebnis zu beenden, und beugte sich über den Schreibtisch vor.
    „Dir ist doch sicherlich klar, dass ein längeres Verfahren nötig ist, um das durchzusetzen“, sagte er in beinahe hoffnungsvollem Ton. „So einfach ist das nicht.“
    „Aber sicher“, antwortete sie. „Ich werde dir einen detaillierten Bericht schicken, den Eddie schreiben wird und den du nicht lesen wirst. Eddie

Weitere Kostenlose Bücher