Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Streik

Der Streik

Titel: Der Streik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayn Rand
Vom Netzwerk:
Nachbarn, nicht aber von Francisco gehört werden: „Es ist fürchterlich!“ „Es ist nicht wahr!“ „Wie bösartig und selbstsüchtig!“
    „Señor d’Anconia“, erklärte die Frau mit den Ohrringen, „ich teile Ihre Meinung nicht!“
    „Wenn Sie einen einzigen Satz dessen, was ich gesagt habe, widerlegen können, Madam, höre ich Ihnen dankbar zu.“
    „Oh, ich kann Ihnen keine Antwort geben. Ich habe keine Antworten, mein Verstand funktioniert nicht auf diese Weise, aber ich habe nicht das Gefühl , dass Sie recht haben, daher weiß ich, dass Sie falsch liegen.“
    „Woher wissen Sie das?“
    „Ich fühle es. Ich richte mich nicht nach meinem Kopf, sondern nach meinem Herzen. Sie sind vielleicht gut im logischen Denken, aber Sie haben kein Herz.“
    „Wenn wir die Menschen rings um uns vor Hunger sterben sehen werden, Madam, wird Ihr Herz von keinerlei Nutzen sein, um sie zu retten. Und ich bin herzlos genug, um sagen zu können, dass Ihnen nicht vergeben werden wird, wenn Sie ausrufen: ‚Aber ich habe es nicht gewusst!‘“
    Die Frau wandte sich ab; ein Schauer lief durch ihre fleischigen Wangen, und ihre Stimme zitterte ärgerlich: „Das ist nun doch eine seltsame Weise, sich auf einer Gesellschaft zu unterhalten!“
    Ein beleibter Herr mit ausweichenden Augen sagte im lauten Ton erzwungener Heiterkeit, der verriet, dass seine einzige Sorge bei jeder Angelegenheit war, sie nicht unangenehm werden zu lassen: „Wenn Sie so über Geld denken, Señor, dann bin ich doch verdammt froh, dass ich ein ordentliches Paket Aktien von D’Anconia Copper besitze.“
    Francisco sagte ernst: „Ich schlage vor, Sir, dass Sie das noch einmal überdenken.“
    Rearden ging auf ihn zu – und Francisco, der nicht den Eindruck gemacht hatte, als sähe er in seine Richtung, ging ihm unvermittelt entgegen, als hätten die anderen nie existiert.
    „Hallo“, sagte Rearden schlicht und ungezwungen, als spräche er mit einem Kindheitsfreund. Er lächelte.
    Er sah, wie sich sein Lächeln in Franciscos Gesicht widerspiegelte. „Hallo.“
    „Ich möchte mit Ihnen sprechen.“
    „Mit wem, glauben Sie, habe ich die letzte Viertelstunde gesprochen?“
    Rearden lachte auf, wie um anzuerkennen, dass die Runde an den Gegner ging. „Ich hatte nicht gedacht, dass Sie mich bemerkt hätten.“
    „Gleich als ich eintrat, bemerkte ich, dass Sie einer der beiden Menschen in diesem Raum waren, die froh waren, mich zu sehen.“
    „Sind Sie jetzt nicht etwas anmaßend?“
    „Nein, dankbar.“
    „Wer war die andere Person, die froh war, Sie zu sehen?“
    Francisco zuckte mit den Schultern und sagte leichthin: „Eine Frau.“
    Rearden bemerkte, dass Francisco ihn zur Seite geführt hatte, weg von der Gruppe, und zwar auf so gekonnt natürliche Art und Weise, dass weder er noch die anderen bemerkt hatten, dass er es absichtlich tat.
    „Ich hatte nicht angenommen, Sie hier anzutreffen“, sagte Francisco. „Sie hätten nicht zu dieser Gesellschaft kommen dürfen.“
    „Warum nicht?“
    „Darf ich fragen, was Sie dazu gebracht hat zu kommen?“
    „Meine Frau wollte die Einladung unbedingt annehmen.“
    „Vergeben Sie mir, wenn ich das so sage, aber es wäre angemessener und weniger gefährlich gewesen, wenn sie Sie gebeten hätte, mit ihr durch die Freudenhäuser zu ziehen.“
    „Welche Gefahr meinen Sie?“
    „Mr. Rearden, Sie wissen nicht, wie diese Leute Geschäfte machen und wie sie Ihre Anwesenheit hier interpretieren. In Ihrem Verhaltenskodex, jedoch nicht in dem dieser Leute ist es ein Zeichen des guten Willens, die Einladung eines anderen anzunehmen, ein Zeichen, dass Sie und der Gastgeber in einer zivilisierten Beziehung zueinander stehen. Geben Sie ihnen dieses Einverständnis nicht.“
    „Warum sind Sie dann gekommen?“
    Francisco zuckte heiter mit den Schultern. „Oh, ich … es hat keine Bedeutung, was ich tue. Ich bin bloß ein Salonlöwe.“
    „Was tun Sie bei dieser Gesellschaft?“
    „Ich suche nur nach Eroberungen.“
    „Schon welche gefunden?“
    Sein Gesicht wurde plötzlich ernst, als Francisco aufrichtig, fast feierlich antwortete: „Ja, und ich glaube, es wird meine beste und größte Eroberung sein.“
    Ohne es zu wollen, wurde Rearden ärgerlich, und eher verzweifelt als vorwurfsvoll rief er: „Wie können Sie sich selbst derart verschwenden?“
    Die leichte Andeutung eines Lächelns schlich sich wie das Aufleuchten eines entfernten Lichts in Franciscos Augen, als er fragte: „Möchten Sie

Weitere Kostenlose Bücher