Der Streik
telefonieren.
„Verpassen Sie den Kommentatoren einen Maulkorb! Gestatten Sie ihnen keine Kommentare! Benachrichtigen Sie jeden Sender im Land! Lassen Sie die Öffentlichkeit im Unklaren! Lassen Sie sie nicht denken, wir seien besorgt! Lassen Sie sie nicht denken, es sei von Bedeutung!“
„Nein!“, schrie Eugene Lawson. „Nein, nein, nein! Wir dürfen bei den Menschen nicht den Eindruck erwecken, dass wir diese Rede billigen! Sie ist furchtbar, furchtbar, furchtbar!“ Lawson vergoss zwar keine Tränen, aber seine Stimme klang so unwürdig wie die eines in hilflosem Zorn schluchzenden Erwachsenen.
„Wer hat irgendetwas davon gesagt, sie zu billigen?“, fuhr Mr. Thompson ihn an.
„Sie ist furchtbar! Sie ist unmoralisch! Sie ist selbstsüchtig, herzlos, grausam! Das ist die bösartigste Rede, die je gehalten wurde! Sie … sie wird bei den Menschen das Verlangen nach Glück wecken!“
„Es ist doch nur eine Rede“, sagte Mr. Thompson etwas unsicher.
„Mir scheint“, sagte Chick Morrison in einem vermittelnden Tonfall, „dass Menschen mit einem edleren Geist, Sie wissen schon, Menschen mit … mit … nun ja, mit mystischem Verständnis …“ Er machte eine Pause, als erwartete er eine Ohrfeige, doch da sich niemand rührte, wiederholte er entschlossen: „… ja, mit mystischem Verständnis sich von der Rede nicht werden beeindrucken lassen. Schließlich ist Logik nicht alles.“
„Die Arbeiter werden sich nicht davon beeindrucken lassen“, sagte Tinky Holloway zuversichtlich. „Er hörte sich nicht an wie ein Freund der Arbeiterschaft.“
„Die Frauen im Land werden sich nicht davon beeindrucken lassen“, erklärte Ma Chalmers. „Es ist meines Erachtens eine anerkannte Tatsache, dass Frauen nichts von derlei Gerede über den Verstand halten. Frauen haben feinere Empfindungen. Auf die Frauen können Sie sich verlassen.“
„Sie können sich auf die Wissenschaftler verlassen“, sagte Dr. Simon Pritchett. Alle drängten nach vorn und waren plötzlich darauf erpicht, etwas zu sagen, als hätten sie ein Thema gefunden, über das sie gefahrlos reden konnten. „Wissenschaftler sind nicht so dumm, an die Vernunft zu glauben. Er ist kein Freund der Wissenschaftler.“
„Er ist niemandes Freund“, sagte Wesley Mouch, wobei diese plötzliche Einsicht ihm einen Hauch von Selbstsicherheit zurückgab, „außer vielleicht der Großunternehmer.“
„Nein!“, schrie Mowen entsetzt. „Nein! Geben Sie uns nicht die Schuld! Sagen Sie das nicht! Ich lasse nicht zu, dass Sie das sagen!“
„Was?“
„Dass … dass … dass irgendjemand ein Freund des Unternehmertums sei!“
„Lassen Sie uns nicht so einen Wirbel um die Rede machen“, sagte Dr. Floyd Ferris. „Sie war zu intellektuell. Viel zu intellektuell für den einfachen Mann. Sie wird keinerlei Wirkung zeigen. Die Menschen sind zu dumm, um sie zu verstehen.“
„Ja“, sagte Mouch hoffnungsvoll, „das stimmt.“
„Erstens“, fuhr Dr. Ferris ermutigt fort, „können die Leute nicht denken. Und zweitens wollen sie es nicht.“
„Und drittens“, sagte Fred Kinnan, „wollen sie nicht verhungern. Und was gedenken Sie dagegen zu tun?“
Es war, als hätte er die Frage geäußert, von der alle vorangegangenen Bemerkungen hatten ablenken wollen. Niemand antwortete ihm, aber alle zogen die Köpfe noch ein wenig mehr ein und rückten etwas näher zusammen, als würden sie von dem Gewicht des leeren Raums im Studio zusammengeschoben. Der Militärmarsch brauste mit der starren Lustigkeit eines grinsenden Totenschädels weiter durch die Stille.
„Schalten Sie das ab!“, brüllte Mr. Thompson und zeigte dabei gestikulierend auf das Radiogerät. „Schalten Sie das verdammte Ding ab!“
Irgendjemand gehorchte ihm. Doch die plötzliche Stille war schlimmer.
„Nun?“, sagte Mr. Thompson schließlich, indem er seine Augen widerwillig zu Fred Kinnan erhob. „Was sollten wir Ihrer Meinung nach tun?“
„Wer, ich?“, gluckste Kinnan. „Ich bin hier nicht zuständig.“
Mr. Thompson schlug mit der Faust auf sein Knie. „Sagen Sie etwas …“, befahl er, doch als er sah, dass Kinnan sich abwandte, fügte er hinzu: „... irgendjemand!“ Es gab keine Freiwilligen. „Was sollen wir tun?“, brüllte er, obgleich ihm bewusst war, dass derjenige, der jetzt antwortete, anschließend die Macht haben würde. „Was sollen wir tun? Kann uns niemand sagen, was wir tun sollen?“
„Ich kann es!“
Es war eine Frauenstimme, doch sie hatte
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