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Der stumme Tod

Der stumme Tod

Titel: Der stumme Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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und Böhm um halb elf in seinem Büro saßen. Gennat machte keinerlei Anstalten, Bellmann schon vorzulassen, er sprach mit den Kommissaren über die bisherigen Erkenntnisse, die sie aus Bellmanns Krempel gewonnen hatten. Rath war in den handschriftlichen Aufzeichnungen mehrfach auf den Namen Borussia gestoßen, die halbseidene Filmgesellschaft, von der Marlow erzählt hatte und an der Bellmann offensichtlich beteiligt war. Schien ein lukratives Geschäft zu sein. Rath hatte daraufhin die Kisten mit den Filmrollen durchwühlt, bis er ein paar mit der Aufschrift Borussia gefunden hatte. Und dann hatten sie gestern Nacht doch noch Filme gesehen. Niemand außer Rath hatte gewusst, dass sie damit Johann Marlow einen Gefallen taten.
    Erst mussten auch Rath und Böhm je ein Stück Kuchen essen, erst dann gab Gennat Trudchen Steiner ein Zeichen, und die Sekretärin bat Heinrich Bellmann und seinen Anwalt herein. Nach einer Dreiviertelstunde Wartezeit hatte der Produzent mittlerweile einen roten Kopf.
    »Eine Unverschämtheit«, schimpfte er, noch bevor er sich gesetzt hatte, die beschwichtigenden Gesten seines Anwalts ignorierend, der unablässig am Ärmel seines Mandanten zupfte. »Was erlauben Sie sich? Wissen Sie eigentlich, wen Sie vor sich haben?«
    So durfte man Gennat nicht kommen. »Ich glaube ja«, sagte der Buddha und blätterte seelenruhig in der Akte, bis er den Namen gefunden hatte. »Heinrich Antonius Bellmann, wenn ich mich nicht irre.«
    »Wie kommen Sie dazu, mich so lange warten zu lassen! Seit einer Stunde sitze ich dort draußen! Meinen Sie, ich hätte meine Zeit gestohlen? «
    »Um Diebstahl kümmern wir uns hier nicht«, sagte Gennat. »Sie haben mein Büro durchsuchen lassen! Und meine Privatwohnung! Können Sie mir sagen, warum?«
    »Dazu kommen wir noch.«
    Der Anwalt meldete sich zu Wort. »Mein Mandant hat das Recht zu erfahren, was ihm vorgeworfen wird«, sagte er.
    Gennat nahm dem Mann sofort den Wind aus den Segeln. »Wie kommen Sie darauf, dass ihm etwas vorgeworfen wird?«, fragte er. »Nehmen Sie doch erst einmal Platz. Damit wir uns in Ruhe unterhalten können.«
    Der Rechtsanwalt zog seinen Mandanten förmlich auf den Stuhl und setzte sich selbst daneben. Bellmann fühlte sich sichtlich unwohl und warf Rath und Böhm, die teilnahmslos in ihren Kaffeetassen rührten, misstrauische Blicke zu.
    »Was soll das Ganze?«, fragte er Gennat und zeigte auf Rath. »Bislang habe ich mich nicht beschwert, in welcher Weise Ihr Mitarbeiter da meine Dreharbeiten behindert hat. Aber das kann sich noch ändern.«
    »Polizeiarbeit hat leider manchmal die Eigenschaft, störend zu wirken«, sagte Gennat und blätterte weiter in der Akte, die vor ihm auf dem Schreibtisch lag. »Wenn Ihnen daraus irgendwelche Nachteile erwachsen sind oder gar ein finanzieller Schaden, bitte ich das zu entschuldigen.« Er schloss den Aktendeckel und schoss seine erste Frage so beiläufig ab wie eine Bemerkung zum Wetter. »Wie war es denn beim Tod von Betty Winter?«
    »Wie?«
    »Ist Ihnen aus diesem Todesfall ein finanzieller Schaden entstanden?«
    »Was glauben denn Sie?« Bellmann drehte sich zu seinem Anwalt um, aber der nickte seinem Mandanten nur zu, der nach einem Räuspern fortfuhr. »Betty war meine wichtigste Schauspielerin«, sagte er.
    »Haben Sie Frau Winter deshalb so hoch versichert?« Gennat schlug den Leitzordner wieder auf und blätterte, bis er die Stelle gefunden hatte. »Fünfhunderttausend Mark im Todesfall. Ein Tod durch Unfall oder Sabotage ausdrücklich inbegriffen.«
    »Man muss sich doch absichern! Noch habe ich das Geld nicht bekommen. «
    »Aber als Sicherheit eingesetzt, um Ihre Werbekampagne für Liebesgewitter finanzieren zu können.«
    »Das ist ja wohl kein Verbrechen!«
    »Zeigt aber ziemlich deutlich, wie viel Vorteile Ihnen aus dem Tod Ihres Stars erwachsen.«
    »Was sind solch kurzfristige Vorteile gegen den Verlust einer unersetzlichen Schauspielerin?«
    »So unersetzlich scheint sie nicht zu sein. Ihre Nachfolgerin dreht doch schon.«
    »Meinen Sie Eva Kröger? Ein hoffnungsvolles Talent, bestimmt!
    Aber was ist sie gegen eine erfahrene Schauspielerin, die kurz davor war, eine ganz Große zu werden?«
    »So gut kam Ihr erster Tonfilm mit der Winter nicht an.«
    »Was soll das heißen? Betty konnte sprechen! Im Gegensatz zu den vielen lispelnden, stotternden oder sächselnden Filmschönheiten, die nun einpacken können.«
    Gennat zuckte die Achseln. »Über ihre Fähigkeiten möchte ich mir

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