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Der stumme Tod

Der stumme Tod

Titel: Der stumme Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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Nerven! Morgen um zehn habe ich einen wichtigen Termin!«
    »Den müssen Sie wohl verschieben.«
    Cora Bellmann mischte sich ein. »Was soll denn das?«, fragte sie zunächst ihren Vater, der nur hilflos die Achseln zuckte, und dann Böhm. »Können Sie mir bitte erklären, warum Sie meinen Vater wie einen Verbrecher behandeln?«
    »Würden wir Ihren Vater wie einen Verbrecher behandeln, trüge er jetzt Handschellen und müsste in einer Zelle übernachten«, sagte Böhm.
    »So müssen wir uns nicht behandeln lassen!«
    »Ich fürchte doch.« Böhm blieb ganz ruhig. »Sie können Ihren Vater morgen früh gern ins Präsidium begleiten, wenn Sie es wünschen, Fräulein Bellmann. Dort werden all Ihre Fragen beantwortet werden. Ich darf mich jetzt empfehlen, unsere Arbeit hier ist beendet. Sie entschuldigen.«
    Böhm lüftete den Hut und drängte sich an ihr vorbei nach draußen. Als er durch die Tür kam, zwinkerte er Rath tatsächlich zu und machte eine schnelle Kopfbewegung, die nur eines bedeuten konnte: Nichts wie raus!
    Gräf und Mertens blieben mit einem Wagen vor Ort. Sie sollten den Produzenten beschatten, »auffällig, dass er es auch merkt«, wie Gennat gesagt hatte. Der Opel blieb also vor Ort, und so mussten Rath und Böhm mit dem Lieferwagen zurück in die Burg fahren und sich nebeneinander vorne neben dem Fahrer auf die Bank quetschen. Der Rückweg war streckenweise holprig, während der Fahrt wurden sie immer wieder durcheinandergeschüttelt, es ließ sich nicht vermeiden, dass sie ab und zu gegeneinanderstießen.
    Böhm schwieg eisern, wie schon auf der Hinfahrt; der Fahrer spürte die dicke Luft und sagte ebenfalls keinen Ton. Böhm war eindeutig zu schnell beleidigt, dachte Rath. Wenn sie nun schon zur Zusammenarbeit verdonnert waren, sollte man doch wenigstens versuchen, das Beste daraus zu machen!
    Er wagte einen Versuch.
    »Ich weiß, dass ich vorgestern nicht korrekt gehandelt habe, als ich die Sache mit den leeren Kinos angeleiert habe«, sagte er. »Der Kollege Lange hatte mich ausdrücklich informiert, dass Sie solch eine Aktion nicht wünschen,«
    Böhm starrte weiter auf den abendlichen Verkehr in der Greifswalder Straße und sagte nichts.
    »Es tut mir leid«, meinte Rath. »Ich hielt diese Idee nun einmal für richtig und wollte sie umsetzen. Wenn ich Sie damit in irgendeiner Weise gekränkt haben sollte, möchte ich mich dafür entschuldigen.«
    »Schon gut«, knurrte Böhm, »der Erfolg hat Ihnen ja recht gegeben.« Er drehte seinen Kopf und schaute Rath streng in die Augen. »Aber wenn Sie heute auch nur einen einzigen meiner Befehle missachten sollten, und sei es nur, dass Sie sich weigern, Kaffee zu kochen, dann hänge ich Ihnen ein Disziplinarverfahren an die Backe, von dem Sie sich so schnell nicht mehr erholen. Verstanden?«
    »Verstanden.«
    Rath lehnte sich zurück. Trotz der massiven Drohung musste er grinsen. Die Stimmung im Wagen war jetzt jedenfalls deutlich entspannter. Auch der Fahrer schien das zu spüren, er fuhr nun merklich ruhiger.
    Als sie am Alex ankamen, saß nur noch der Spätdienst in der Mordbereitschaft. Henning, der Gräf vertreten musste, und Lange. Und ein kleiner schwarzer Hund. Kirie sprang sofort auf, als Rath durch die Tür kam, und begrüßte ihn.
    »Was soll denn der Hund hier?«, fragte Böhm.
    »Fräulein Voss hat den vorhin gebracht«, sagte Henning. »Für Kommissar Rath, hat sie gesagt.«
    »Den habe ich gerade in Pflege«, erklärte Rath. »Gehörte der Fastré, das arme Tier.«
    »Gehört der nicht ins Tierheim?«
    »Der war völlig verängstigt, als wir ihn gefunden haben, den musste ich erst mal wieder aufpäppeln.«
    »Dann passense mal auf, dass der Köter keine Akten frisst! Und dass mir das nicht zur Regel wird, Hunde mit in die Mordbereitschaft zu nehmen!«
    Kirie ließ sich von Böhm nicht einschüchtern, sie fing an zu bellen, als die ersten Uniformierten mit den schweren Kisten hereinkamen und sie an der Wand stapelten. Der Hund schnüffelte neugierig an dem Stapel, Rath packte ihn am Halsband und zog ihn zurück.
    »Aus«, sagte er. »Leg dich schön hin und sei brav!«
    Die Stapel wuchsen, immer mehr Kisten wurden hereingebracht.
    Schließlich setzte ein Blauer die letzte, die nur Filmrollen enthielt, ganz oben auf einen Stapel.
    »Das war's, Oberkommissar«, sagte er.
    Böhm nickte nur. Kein Wort des Dankes. Der Mann zuckte die Achseln und trollte sich.
    »Das ist aber viel Holz«, meinte Lange und begutachtete den Inhalt einer Kiste.

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