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Der stumme Tod

Der stumme Tod

Titel: Der stumme Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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lebhaft vorstellen, welche Späße sich der Gerichtsmediziner mit dem jungen Kriminalbeamten erlaubt hatte. Novizen in den heiligen Hallen des Todes wurden erst einmal seinem Härtetest unterzogen, ganz gleich ob Studenten oder Polizeinachwuchs.
    »Schwartz hätte mir einfach den Bericht in die Hand drücken können, der war längst fertig. Stattdessen ... Mir wird jetzt noch schlecht, wenn ich daran denke.«
    »Aber irgendwas zur Todesursache wird er doch auch gesagt haben ... «
    »Er hat das bestätigt, was wir vermutet haben: Herzstillstand durch Stromschlag. Die Verbrennungen und die Knochenbrüche hätte sie überlebt - allerdings einen hohen Preis dafür bezahlt.« »Auszusehen wie Max Schreck?«
    »Das auch. Nein, schlimmer: Betty Winter hätte im Rollstuhl gesessen, wahrscheinlich für den Rest ihres Lebens, der Scheinwerfer hat ihre Wirbelsäule erwischt.«
    »Scheiße.«
    »Ebenso gut hätte sie auch erschlagen werden können. Doktor Schwartz sagt, das war eine Sache von Zentimetern. Hätte der Scheinwerfer ihren Kopf getroffen, wäre es aus gewesen.«
    »Na, da hat sie aber Glück gehabt.« Die Worte waren ihm rausgerutscht, bevor er darüber nachdenken konnte.
    »Du benutzt so ziemlich dieselben Worte wie Doktor Schwartz«, sagte Gräf. »Aber mit Verlaub: Ich finde euren Zynismus reichlich unangebracht. Wir reden hier von einem tragischen Todesfall.« »Das machen die vielen Dienstjahre. Lässt sich nicht vermeiden.
    Wenn dir in der Gerichtsmedizin mal nicht mehr schlecht wird, dann ist es bei dir auch so weit.«
    »Danke. Dann kotze ich lieber«, sagte Gräf. »Wann kommst du wieder ins Büro, Gereon? Böhm hat Sehnsucht nach dir.«
    »Klar, weil er uns den Fall abnehmen will.«
    »Er will dir nur die Leitung des Falles abnehmen.«
    » Du weißt genau, was das heißt: Dann machen wir beide wieder die Laufarbeit, und er heimst die Erfolge ein ... «
    »Apropos Laufarbeit: Henning und Czerwinski sind immer noch draußen bei den Filmfritzen. Lassen sich Zeit, wie immer.« »Halt du weiterhin die Stellung.«
    »Und was soll ich Böhm sagen?«
    »Dass ich Krempin auf den Fersen bin, was sonst?« »Wie lange willst du das noch durchhalten?«
    »Solange Böhm mich nicht zurückpfeifen kann, haben wir den Fall noch. Und mit ein bisschen Glück lösen wir ihn auch.«
    »Und wer heimst dann den Erfolg ein?«
    »Hältst du mich für einen Egoisten? Schon vergessen, wem du deine Beförderung verdankst?«
    Gräf schwieg.
    »Na komm! Ein Tag Stallwache, ist das zu viel verlangt? Ich bin ganz dicht dran an Krempin«, sagte Rath. "Vielleicht erwische ich ihn heute noch. Und mach dir keinen Kopf um den Papierkram; was du nicht schaffst, erledigen wir am Montag. Wenn Böhm uns dabei helfen will: gerne!«
    »Und Montagabend übernimmst du die Rechnung im Dreieck.«
    » Vielleicht haben wir dann sogar was zu feiern. Ich melde mich später noch mal. Sagen wir gegen eins. Dann ist Böhm in der Kantine. Und die Voss auch.«
    Er legte auf und schob das Telefon über den Tisch zurück zu Oppenbergs Blondine. Die ließ sich beim Tippen nicht stören. »Danke«, sagte er. Die Schreibmaschine hämmerte weiter. »Könnte ich Ihnen noch ein paar Fragen stellen?«
    Das Hämmern hörte auf. » Woher soll ick wissen, was Sie alles können?«
    Wollte sie flirten? Oder blaffte sie ihn einfach an? Rath konnte den Berliner Umgangston auch nach fast einem Jahr immer noch nicht richtig einordnen.
    Er lächelte. »Ein paar Fragen über Vivian Franck ... « Achselzucken. »Von mir aus.«
    »Wie gut kennen Sie Fräulein Franck?«
    »Seit wir sie unter Vertrag haben, also etwa zweieinhalb Jahre.« »Und? Ist sie zuverlässig?«
    »Beruflich ja. Privat ... na ja.«
    »Soll das heißen, sie ist nicht nur Manfred Oppenberg treu ergeben?«
    Die Blondine antwortete mit einem erneuten Achselzucken. »Am besten fragen Sie Rudi, der kennt sie fast so gut wie der Chef. Vielleicht sogar besser. Wenn Sie wissen, was ich meine.« »Rudi?«
    »Czerny. Unser jugendlicher Held. Haben Sie den nicht gesehen?
    Dreht auch draußen in Babelsberg.«
    »Vielleicht können Sie mir seine Adresse geben. Und ein Foto.« »Sie glauben gar nicht, was ich alles kann«, sagte sie, schaute ihn an ohne die geringste Spur eines Lächelns in ihrem Gesicht und schrieb die Adresse auf einen Montana- Briefbogen.
    Rudolf Czerny wohnte in Charlattenburg, genau wie seine verschwundene Kollegin Vivian Franck. Zunächst fuhr Rath jedoch in die Guerickestraße. Bevor er den Schnüffler

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