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Der stumme Tod

Der stumme Tod

Titel: Der stumme Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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Koffer fehlten, zudem eine Reisetasche.
    Wohin war Vivian Franck verreist?
    Und warum war sie nicht zurückgekehrt?
    Rath schloss die Tür zweimal ab, bevor er mit dem Fahrstuhl wieder hinunterfuhr. Der Portier in der marmornen Empfangshalle, ein Mann, der so alt aussah, als würde er schon seit den Zeiten des Alten Fritz hier Wache schieben, wurde erst gesprächig, als er die Dienstmarke der preußischen Kriminalpolizei erkannte.
    »Hat Herr Oppenberg sich also doch an die Polizei gewandt«, sagte er und setzte seine Brille wieder ab, »wurde ja auch Zeit. Hat jeden Tag mindestens zwanzigmal hier angerufen und nach der Franck gefragt.«
    »Wann haben Sie Frau Franck denn zuletzt gesehen?«
    Die schmalen Schultern zuckten. »Na, als sie weg ist eben.« »Geht's ein bisschen genauer?«
    »Müsste drei, vier Wochen her sein, da hat sie sich ein Taxi rufen lassen. Der Fahrer hat sich ganz schön abgeschleppt mit ihren Koffern, hat 'ne Zeit gedauert, bis er die im Wagen hatte.«
    »Und dann?«
    »Dann ist er eingestiegen und losgefahren.« Witzbold! Rath lächelte sanft. »Und wohin?«
    »Keine Ahnung. Zu irgendeinem Bahnhof, würd ich sagen.
    Oder zum Flughafen. Wo man eben so hinfährt mit zwei großen Koffern.«
    »Gesagt hat sie nichts?«
    »Mich angesprochen? Die Franck hat mich nicht mal angeguckt!
    Obwohl sie seit zwei Jahren hier wohnt! Wir Normalsterblichen existieren für die doch gar nicht.«
    Rath nickte. »Ist Ihnen sonst noch was aufgefallen?« Der Mann schüttelte den Kopf. »Ne.«
    »Und danach haben Sie sie nicht mehr gesehen?«
    »Ne.« Der Mann überlegte. »Das heißt ... doch, einmal ... « »Wo?«
    » ... in Verrucht. Ihrem letzten Film.« Der Portier schien das für einen gelungenen Witz zu halten. Er lachte.
    Rath lachte nicht mit und ging zum Ausgang, das meckernde Lachen im Rücken, das plötzlich abbrach. »Warten Sie!«, rief der Portier.
    Rath blieb kurz vor der Tür stehen und drehte sich um. »Mein Bedarf an Witzen ist für heute gedeckt!«
    »Nein, kein Witz, im Ernst, da ist noch was gewesen an dem Tag, an dem sie weg ist.«
    »Was?« Rath blieb an der Tür stehen.
    »So gegen Mittag hat jemand angerufen und nach ihr gefragt, eigentlich nichts Besonderes, aber ... «
    »Wer?«, fragte Rath.
    »Hat seinen Namen nicht genannt«, sagte der Portier. »Aber ich hab ihn trotzdem erkannt!« Er grinste, stolz auf den eigenen Scharfsinn.
    »Wer?«
    » Hat sonst nie angerufen, ist immer persönlich gekommen.
    Wahrscheinlich sogar sehr persönlich gekommen ... «
    Der Portier zwinkerte. Langsam ging ihm der Kerl auf die Nerven.
    Raths Stimme wurde lauter. »Wer?«
    »Den Namen weiß ich nicht, aber seine Stimme hab ich erkannt.
    Obwohl er von einem Bahnhof oder so angerufen haben muss, da war 'ne Menge Krach.«
    Nun verließ Rath seinen Platz an der Tür doch noch. Er zog das Foto aus der Tasche, das ihm Oppenbergs Sekretärin herausgesucht hatte, und legte es auf den Tresen.
    »Sagen Sie bloß, es war dieser Mann?«
    Der Portier schaute auf das Hochglanzfoto des lächelnden Rudi Czerny und bekam seinen Mund gar nicht mehr zu.
    »Alle Achtung«, sagte er und vergaß für einen Moment sogar sein Hochdeutsch. » Die preußische Polizei is ja schwer auf Zack! Det hätt ick nich jedacht!«
    Rudolf Czerny war nicht zu Hause. Natürlich. Der Schauspieler wohnte ganz in der Nähe, am Reichskanzlerplatz, und so war Rath hingefahren, obwohl ihm klar war, dass Czerny in Babelsberg noch drehte. War hingefahren, weil ihm klar war, dass Czerny in Babelsberg noch drehte. Dennoch schellte er dreimal, klopfte laut an die Wohnungstür, bis er ganz sicher war, dass wirklich niemand zu Hause war. Erst dann holte er den Dietrich aus der Tasche. So langsam kam er in Übung. Er musste daran denken, wie Bruno Wolter, sein erster Chef in Berlin, ihm gezeigt hatte, wie man mit so einem Ding umgeht. Zunächst hatte er sich gesträubt: ein Polizist mit einem Einbrecherwerkzeug! War aber ganz nützlich, dieses Einbrecherwerkzeug.
    Rudolf Czerny lebte deutlich bescheidener als seine Geliebte. Er wurde ja auch nicht von Manfred Oppenberg ausgehalten, sondern musste das alles allein von seiner Gage bestreiten.
    Rath wühlte sich durch die Wohnung, immer darauf bedacht, die Unordnung nicht zu zerstören. Er wusste nicht genau, was er suchte, er rechnete nicht damit, Vivian Franck hier im Kleiderschrank oder im Bett zu finden, aber vielleicht irgendeinen Beweis für die Liebschaft zwischen ihr und Czerny, vielleicht sogar

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