Der stumme Tod
Informationen, die ich Ihnen gebe, nicht gegen mich zu verwenden.«
»Ein solches Versprechen kann ich Ihnen nicht geben«, sagte Rath. »Bei Mord hört die Freundschaft auf.«
»Ich sage doch, es geht nicht um Mord.« Oppenberg zündete sich eine neue Zigarette an. Er nahm einen tiefen Zug, bevor er begann. »In einem haben Sie recht: Felix Krempin hat tatsächlich in meinem Auftrag bei Bellmann angeheuert. Aber niemals ging es um Sabotage oder gar um Mord! Lassen Sie mich kurz erklären ... «
»Ich höre.«
»Sie müssen wissen, dass unsere Branche gerade einen durchgreifenden Wandel erlebt. Wenn Sie den überstehen wollen, müssen Sie Tonfilme drehen, und das ist ein teures Vergnügen. Nur wenige Produktionsfirmen sind so finanzkräftig wie die große Ufa. Die meisten sind kleine, kreative Betriebe, die sich von einer Produktion zur nächsten hangeln, und die haben umso größere Probleme.«
»So wie Sie.«
»Einen Tonfilm zu produzieren ist unendlich komplizierter und teurer als einen herkömmlichen Film zu drehen. Und nun kommen wir zur Sache. Wenn ich auch von Bellmann und seinen Filmen nicht viel halte, eines muss man ihm lassen: Er produziert so günstig wie sonst keiner. Deswegen wollte sich Felix dort ein wenig umschauen, ein paar Produktionsgeheimnisse lüften und für die Montana nutzbar machen. Das ist alles.« Oppenberg zog an seiner Zigarette. »Ich hätte ihn vielleicht nicht herausfordern sollen; ich habe ihm vorgeworfen, dass er als Produktionsleiter zu wenig aufs Geld achtet.«
»Also geht es um Spionage.«
»Nennen Sie es, wie Sie wollen. Es ist bestimmt nicht ganz koscher, aber auch nichts, bei dem unsere Freundschaft, lieber Herr Rath, an ihre Grenzen stößt.«
»Warum wollen Sie mir helfen? Ihr Mitarbeiter steht unter Mordverdacht und ist flüchtig ... «
»Eben! Ich suche ihn ja selbst. Ich weiß nicht, was da bei Bellmann genau passiert ist, aber eines kann ich Ihnen sagen: Felix Krempin ist kein Mörder! Und er hatte auch nicht den Auftrag, Bellmanns Dreharbeiten zu sabotieren. Geschweige denn, jemanden zu verletzen oder gar zu töten!«
»Warum sollte ich Ihnen das glauben?«
»Sehen Sie es mal andersherum: Warum sollte ich Sie belügen?« Oppenberg lächelte. »Wo ich doch weiß, dass ich von Ihnen nichts zu befürchten habe, mein lieber Freund.«
»Ich bin nicht Ihr Freund.«
»Dann eben Geschäftsfreund.«
»Geschäft würde ich das auch nicht gerade nennen, das ist Erpressung! «
»Hören Sie doch auf mit diesem hässlichen Wort! Aber wenn Sie durchaus Wert darauf legen, können wir auch richtig ins Geschäft kommen. Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Arbeiten Sie für mich! Ich zahle gut.«
» Ihnen zuliebe werde ich bestimmt keine Ermittlungsergebnisse verfälschen! «
» Wer redet denn von so was! Nein, ein ganz normaler Auftrag, nach dem sich jeder Privatdetektiv die Finger lecken würde.«
»Ich verstehe nicht ganz ... «
»Wir haben vorhin darüber gesprochen.« Oppenberg drückte
seine Zigarette aus. »Vivian. Helfen Sie mir, sie zu finden.«
»Das ist eher etwas für die Kollegen vom Vermisstendezernat.« »Die rühren leider keinen Finger.«
»Dann werden sie ihre Gründe haben. Sind Sie sicher, dass Vivian Sie nicht einfach verlassen hat?«
»Wollen Sie für mich arbeiten? Oder wollen Sie ähnliche Unverschämtheiten von sich geben wie Ihre Kollegen?«
»Wenn ich für Sie arbeiten soll, muss ich Ihnen auch Fragen stellen können. Also: Warum sind Sie so sicher, dass sie nicht einfach weg ist?«
»Weil sie nicht blöd ist. Der neue Film ist ihr auf den Leib geschrieben. Vom Blitz getroffen, ihr erster abendfüllender Sprechfilm, das wird ihr Durchbruch. Da haut man nicht einfach ab! Das haben Ihre Kollegen schon nicht verstanden, ich hätte gedacht, dass Sie mehr Verständnis aufbringen.«
Rath konnte die Kollegen verstehen. Er sah einen alten Knacker vor sich, der nicht wahrhaben wollte, dass ihm eine blutjunge Schönheit weggelaufen war. Aber warum sollte er Oppenberg nicht den Gefallen tun und ein bisschen herumschnüffeln? Vielleicht könnte er über den Produzenten an Krempin herankommen.
»Seit Montag drehen Sie also schon?«, fragte er, und Oppenberg lächelte.
»Richtig. Dienstag wäre ihr erster Drehtag gewesen, und sie ist
nicht erschienen.«
»Haben Sie denn schon selbst nach ihr gesucht?« »Natürlich. Ich lauf doch nicht gleich zur Polizei!« »Und?«
»Wir haben alles abgeklappert, sämtliche Verwandte und Bekannte, sämtliche Bars
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