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Der Sturm aus dem Nichts

Der Sturm aus dem Nichts

Titel: Der Sturm aus dem Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James G. Ballard
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Glücklicherweise hatte die Innenwand zur Kaserne so lange gehalten, bis die Insassen sich und ihr Gepäck in Sicherheit gebracht hatten, doch gleich darauf war die ganze Kaserne in einer wirbelnden Wolke von Staub und herabsausenden Ziegeln zusammengestürzt.
    Der Captain auf dem Pult hob die Stimme, um den immer näher kommenden Lärm zu übertönen. »Ich will mich kurz fassen, damit wir hier herauskommen, bevor uns der Bau über den Köpfen zusammenfällt. Der Wind ist auf hundertachtzig, und die allgemeine Lage ist, offen gestanden, beunruhigend. Wir müssen jetzt sehen, daß wir so viele Menschen wie möglich in die unterirdischen Schutzräume bringen, dann verlassen wir London und errichten an den Umgehungsstraßen zehn Haupt-Kommandostationen. Wir werden uns im US-Airforce-Depot in Brandon Hall bei Kingston niederlassen. Die tiefen Bunker dort ermöglichen die Einrichtung einer Krankenstation mit dreihundert Betten. Eine Marineeinheit schafft alle Bewohner der unmittelbaren Umgebung in unterirdische Schutzräume wie Eisenbahntunnels, Fabrikkeller und ähnliches. Das wird nicht einfach sein. Ein paar von den großen, neuen Transportern, die aus Woolwich hereinkommen, sollen angeblich Böen bis zu fünfhundert mph aushalten können, trotzdem können wir jedoch nur einen kleinen Teil der Leute, die wir finden, fortschaffen und müssen die aussuchen, die Lebensmittel bei sich haben. Unsere Vorräte reichen nur noch für drei Wochen.«
    Er hielt inne und blickte in die ernsten Gesichter der Männer. »Es fällt mir schwer, dies zu sagen, aber es sieht aus, als müßten wir mit Verlusten bis zu fünfzig Prozent rechnen.«
    Maitland versuchte, sich diese Zahl vorzustellen. Unmöglich, dachte er. Fünfundzwanzig Millionen Menschen? Gewiß fanden die doch irgendwo Schutz. Zerstreut hörte er weiter zu und überlegte dabei, ob sich diese neuen Maßnahmen bald als ebenso ungenügend erweisen würden wie alle vorherigen.
    Sie gingen müde hinaus und schlossen sich der langen Menschenschlange an, die sich die Korridore bis zur Transportabteilung entlangzog. Stöße staubgeschwängerter Luft drangen herein. Der Himmel war schwarz von Staub.
    Aufgefangene Gesprächsfetzen vermittelten ihm in etwa ein Bild der Lage. Die Regierung hatte sich in ihre Bunker in Whitehall verkrochen und stand über Funk mit einem Ring von Kommandostationen rund um London und ähnlichen Posten in den Provinzen in Verbindung. Schätzungsweise eine Million Männer der Nationalgarde, der Zivilverteidigung und der Polizei standen unter dem direkten Befehl der Regierung, und ein Großteil von ihnen beschäftigte sich mit der Organisation und Erstellung tiefgelegener Schutzräume. Nur ein kleiner Teil, etwa zweihunderttausend, beteiligte sich an Rettungsarbeiten.
    Scharfsinnig folgerte Maitland, daß jetzt Vorbereitungen für einen endgültigen Rückzug der OZ-Spitzen – Regierungs- und Militärangehörige sowie einige Leute wie Marshall – zu einer geheimen Bastion getroffen wurden, wo die Überlebenschancen ein gut Teil größer waren. Er hatte versucht, den Offizieren im Depot von seiner Entdeckung in Marshalls Haus in Park Lane zu berichten, doch sie waren zu beschäftigt gewesen, um ihn anzuhören, und besaßen sowieso außerhalb ihrer Einheit keine Befehlsgewalt. Überdies mochte Hardoon mit seinem Heer von Bauarbeitern und seiner Flotte von Maschinen ja auch für die Regierung arbeiten.
    Als er endlich seine Koffer auf einen der Halbkettentransporter warf und selber hinterherkletterte, befanden sich noch etwa ein Dutzend Menschen im Depot.
     
    Der Transporter war an einen der Centurions gekoppelt. Beide Fahrzeuge trugen schwere, drei Fuß lange und achtzehn Zoll dicke Betonplatten, überkantet, um die Schräge der Panzerplatten zu verstärken und den Luftwiderstand zu verringern.
    Maitland machte es sich zwischen Seesäcken und Koffern bequem und spähte durch das schmale Fenster hinaus. Außer ihm befanden sich noch ein RAF-Sergeant und der Korporal einer Nachrichteneinheit im Wagen.
    Nach langem Warten begannen die Motoren endlich zu laufen, und sie fuhren los, eine Ausfahrtrampe hinauf. Oben glitt eine horizontale Tür zur Seite, und der Luftstrom, der über den Exerzierplatz fegte, hob den Transporter heraus und riß ihn unter einem Hagel faustgroßer Steine rechtwinklig herum. Der Fahrer gab Gas und drehte auf Kurs zurück, und mit dem Centurion voraus rollten sie durch das Tor in den Green Park. Maitland betrachtete die schwärzlichen

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