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Der Sturm aus dem Nichts

Der Sturm aus dem Nichts

Titel: Der Sturm aus dem Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James G. Ballard
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Zweideckerbusses, das über die Trümmer kollerte, quer über die Ruinen des Außenministeriums und von Downing Street. Es prallte ab an den Überresten des Innenministeriums und wurde auf den St. James Park zugetragen. Am Horizont waren die niedrigen, zerklüfteten Umrisse der National Gallery und des Pall Mall Klubs zu sehen, und zwischendurch hier und da die Silhouette eines Hotel- oder Bürogebäudes.
    Marshall sah das Piccadilly Hotel zusammenstürzen. Auch Haymarket und die Gegend südlich des Piccadilly Circus waren plattgewalzt, und als die Kamera ganz nach links schwenkte, zum Parlament hinüber, entdeckte Marshall, daß riesige Wogen in die Ruinen des Oberhauses einbrachen. Der Sturm trieb schwere Seen die Themse herauf bis nach Windsor, die die Schleusen fortschwemmten, die Ufer überfluteten und die vom Wind begonnene Zerstörung vollendeten. Die einst so bekannte Flußseite von Westminster war verschwunden. Die Wellen überspülten die Fundamente, brachen sich an den Trümmern von Big Ben und wuschen die Zifferblätter der Uhr blank, die zwischen dem Schutt im Innenhof lagen.
    Plötzlich sprang der Korporal auf und zeigte auf das Bild von Hammersmith.
    »Sir! Schnell! Die kommen 'raus!«
    Alle drängten sich um den Monitor, um mitanzusehen, was jetzt geschah. Die Kamera befand sich hoch über dem Hammersmith Broadway. Direkt unter ihr, auf der Straße, nur hundert Fuß von ihr entfernt, lag der Eingang zum U-Bahnhof Hammersmith. Von den hohen Bürogebäuden an der Straße standen nur noch die ersten Stockwerke, doch der Eingang zum Bahnhof war mit schweren Betonwällen befestigt worden, die weit in die Straße hineinragten. Drei gewölbte Türen führten hinein.
    Diese standen jetzt offen, und heraus drängte eine stoßende, schiebende Masse, jeder einzelne wild entschlossen, so rasch wie möglich aus der Station herauszukommen. Die Eingänge waren schwarz von Menschen; einige spähten vorsichtig hinaus, wurden vom Mob weitergestoßen, vom Wind erfaßt, hoch in die Luft geschleudert und davongewirbelt.
    Die Kamera schwenkte weiter, nun ostwärts, in den Wind hinein. Das Bild wurde dunkel, als Wolken von fliegenden Steinen vorübertrieben, die wie Leuchtspurmunition durch das Blickfeld der Kamera sausten.
    Symington hing erschöpft in seinem Stuhl und sah zu. Auf der anderen Tischseite saßen Crighton und die Stenotypistin, stumm, mit grauen, verzerrten Gesichtern. Über ihnen schaukelten die Glühbirnen und beleuchteten den Staub, der von der Decke fiel. Er trieb langsam durch den Raum auf den Ventilationsschacht zu, in dem er verschwand.
    Die Kamera kehrte zum U-Bahnhof zurück. Noch immer versuchten mehr Menschen herauszukommen, hatten aber wohl erkannt, daß es sinnlos war, direkt in den Sturm hinauszutreten, und schoben sich jetzt vorsichtig an den Schutzwällen entlang. Doch kaum waren sie zehn, fünfzehn Fuß weit gekommen, traf sie der volle Windstrom, und hilflos wurden sie losgerissen und in die Luft getragen.
    Marshall schlug die geballte Faust in die Hand. »Was wollen die nur?« schrie er verzweifelt. »Warum bleiben die nicht, wo sie sind?«
    Symington schüttelte langsam den Kopf. »Die Tunnels sind anscheinend überflutet. Die Themse ist nur eine halbe Meile entfernt, und das Wasser wird unter ungeheurem Druck hineingepreßt.« Er sah mit leerem Gesicht zu Marshall auf. »Oder sie sind einfach erledigt, so von Angst gepeinigt, daß sie Flucht für die einzige Lösung halten, und sei es eine Flucht in den Tod.«
    Marshall nickte. Er warf einen Blick auf die Uhr. Dann sah er sich im Raum um, nickte den drei anderen zu und schritt zur Tür, neben der an der Wand Reihen von Fernschreibern standen.
    »Kommt nicht mehr viel durch«, sagte er zu Symington. »Mir scheint, wir sollten uns davonmachen. Wer weiß, wie lange wir bis zum US-Depot in Brandon Hall brauchen. Hat keinen Sinn, den Helden zu spielen. Setzen Sie sich in Verbindung mit denen und fragen Sie, ob die Transportabteilung dort uns noch heute abholen kann. Ich bin in einer halben Stunde wieder da.«
    Rasch ging er durch den dunklen Korridor und eilte eine kleine Treppe hinauf in die nächste Etage. Sein Büro lag direkt neben Aufzugschacht und Notausgang.
    Er öffnete die Tür und trat ein. Deborah Mason, einen schweren Trenchcoat um die schmale Taille gegürtet, saß auf dem Sofa, ihren Koffer neben sich. Als er eintrat, stand sie auf und legte ihm die Arme um den Hals.
    »Bist du fertig, Simon?« fragte sie ängstlich. »Ich will

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